...da ich nur von einem professionellen Studio 1. Hand Informationen habe, sind diese Aussagen anekdotisch und nicht zu verallgemeinern:
der Großteil der Arbeit fand ausschließlich im Rechner statt, wobei regelmäßig auch über ein vorhandenes analoges Pult "summiert" wurde.
Der Wert der Software auf dem Rechner war deutlich fünfstellig. Regelmäßig (so ca. alle zwei Jahre, je nach Apple Release-Zyklus) wurde Rechner und Backup-Rechner 1:1 ins Archiv gestellt und ein neuer Rechner installiert. Damit wird sichergestellt , dass "alte" Produktionen auch noch nach ein paar Jahren reproduziert werden können, wenn eventuell manche Plugins etc. auf neuen Betriebssystemen nicht mehr lauffähig wurden.
Der Großteil der Aufträge waren keine Musikbands im engeren Sinne, sondern kleinere und größere Produktionen für Funk und Fernsehen oder Werbung. Das war dann teilweise einschließlich Auftragskomposition und nicht nur die reine Produktion.
Dazwischen gibt es immer wieder Schmankerl, wie z.B. eine komplette Orchesteraufnahme (nicht im Studio, sondern in einem Orchestersaal) von Partituren, die im Rahmen einer prämierten Promotion in Musikwissenschaft entstanden ist. Durch irgendein Stipendium/Sponsorin gab es Gelder, um die Partitur mit einem professionellen Orchester aufzunehmen, abzumischen und als Werk herauszubringen. Die Gesamtkoordination hat auch das Tonstudio übernommen.
Wenn es die Zeit zuließ und das Projekt eine Herzensangelegenheit war, kam aber auch weiterhin Hardware zum Einsatz. Sei es Hall von 480l oder Rev-1, ein besonderer Bandfilter-Sound aus einem Xpander oder der Rauschgenerator mit Filterresonanz aus einem Wave (angeblich ein unübertroffenes Rauschen, was sich im Computer nicht erzeugen lässt). Das war aber nur möglich, wenn genügend Zeit war, am Stück zu arbeiten, bis ein Song fertig gemischt war. Wenn zwischendurch für das Fernsehen ein Vollplayback abgemischt werden musste, musste das Pult frei sein
Aufträge waren immer mehr als genug da. Kleiner Ort, kleines Studio, große Vernetzung. Von dieser Art professionelle Studios gibt es einige (oben stand mal mehr als 2.000).
Wie man sich durch die Bandbreite an Aufträgen vorstellen kann, kann so ein Produzent kein Hobby-Tüftler sein, sondern muss das Handwerk von der Pike auf gelernt haben. In meinem Beispiel kaman ein quasi absolutes Gehör plus mehr als 30 Jahre intensive Erfahrung dazu.
Die immensen Investitionen in das Studio (Anfang der 90er), wären heute bedeutend geringer. Alleine das Pult kostetet 150.000 DM. Das würde man heute ebensowenig kaufen wie ein 24-Spur Bandmaschine oder die Racks voller FX.
Nur mir einem Aldi-Laptop und irgendeinem Mikro wird man aber auch kein professionelles Studio aufmachen. Und die jahrelange Erfahrung mit den unterschiedlichsten Arten von Musik bzw. allgemein Audio gewinnt man auch nicht im Heimstudio so nebenbei.
Ob in Zukunft Werbung vermehrt auf KI-generierte Musik setzt, Funk und Fernsehen als Kundengruppe ebenfalls wegfallen und somit nur noch 1.000 Studios ausreichen, wird man sehen. Es geht aber nicht darum, dass jeder zu Hause in gleicher Qualität diese Dienste erbringen könnte, sondern eher darum, dass z.B. durch KI der Bedarf für hochwertige Produktionen insgesamt sinkt.