intercorni schrieb:
CB schrieb:
Die Diagnose von Überschuss in der Kulturproduktion ist doch kein Kulturpessimismus. Vielmehr ein Grund zur Freude: Die Musik hat den Kapitalismus nahezu überwunden. Sie kann aus sich selbst heraus bestehen. Musik produzieren zu können und trotzdem nicht Musiker sein zu müssen: Das ist wahre Freiheit
Ok und wovon kann ein Musiker sein Gehalt im Kulturkommunismus beziehen wenn alle Erlöse weggebrochen sind?
Dann freut sich ja eh nur der Konsument. Wir hier sind aber Musikschaffende.
Och, gleich so viele Aspekte. Wer ist wir? Musikschaffende von mir aus ja. Aber mit dem Anspruch, damit den Lebensunterhalt zu verdienen? Tendenziell eher weniger. Gefühlt. Kann man aber auch mal per Umfrage lösen.
Gehalt. Gehälter beziehen in der Regel Angestellte. Oder Unternehmer mit Kapitalgesellschaften. Musiker mit Anstellung beim Orchester assoziiere ich beim Synthesizerforum weniger. Und wenn, dann überleben die den Kulturkommunismus am wahrscheinlichsten, weil der Kulturbetrieb in Deutschland sowieso nicht marktwirtschaftlich organisiert ist.
Ich hatte die Diskussion bislang so verstanden, dass die Einkünfte aus dem Tonträgerverkauf stark zurück gegangen sind (u. a. wg. Downloads und Streaming) und dass die Einkünfte aus dem Streaming keinen adäquaten Ersatz für die Rückgänge darstellt. Offensichtlich gibt es auch nicht viele Ideen und Alternativen. Eine, nämlich das seit Jahren propagierte Live-Spielen, ist nicht jedermanns Sache und auch hier gibt es ein Überangebot: Viel mehr Musiker die gerne live spielen wollen als Veranstaltungen. Das führt auch im Live-Betrieb mit der Zeit zum Druck auf die Gage und hilft auch den Veranstaltern nicht.
Man kann es drehen und wenden wie man möchte: Es findet eine Verschiebung hin zu wenigen "Superstars" mit hohen Einkünften und zu ganz vielen Musikern ohne nennenswerte Einkünfte statt. Wenn man nicht zu den "Superstars" gehört, wird man Musik als Hobby betreiben müssen und seinen Lebensunterhalt anderweitig verdienen müssen. Es gibt keinen Anspruch, von Musik leben zu können.
Im Grunde regelt der Markt über das Internet das, was vergleichsweise wenige A&R-Manager in der Vergangenheit geregelt haben: die Selektion.
Im Gegensatz zu vielen, die immer von der Demokratisierung durch das Internet sprechen, bin ich eher skeptisch. Anfangs war das Netz wirklich ein Hoffnungsträger, aber die wirtschaftlichen Prozesse und Interessen haben doch schnell zu einer Verschiebung geführt. Heute ist klar, dass es nichts bringt, Tracks bei iTunes und sonst wo zum Verkauf anzubieten. Damit verdient nur der Aggregator, noch nicht einmal Apple Geld. Man muss Mittel und Wege finden, um seine Musik an den Mann oder die Frau zu bringen und viele Musiker sind halt nicht Musiker, Produzenten, Marketing- und Vertriebsgenies zugleich. Daran und an der Notwendigkeit, anderweitig Geld verdienen zu müssen, scheiterte dann in der Praxis die Umsetzung.
Lange Rede, kurzer Sinn: Würde man die Frage, ob man als Musiker sein Glück versuchen sollte, wie ein Unternehmer als ebensolche Entscheidung treffen, wären die allermeisten gut beraten, in einem übersättigten Markt Abstand davon zu nehmen. Und wenn man's dann aus jugendlichem Leichtsinn doch versucht, ist man mit einer Zeitvorgabe sicher gut bedient. Es ist einfach Mist, mit 40 zu erkennen, dass das halbe Leben erfolglos vorbeigegangen und der zweite Part nicht besser werden wird. Und das dürfte die schlechte Botschaft für diejenigen unter den Musikern sein, die ihr Leben auf der Vergangenheit aufgebaut und den richtigen Zeitpunkt für eine Veränderung verpasst haben. Manchem wird da nur noch das Jammern bleiben. Manchem reicht aber auch die Kohle von damals als Substanz für die Zukunft. Scheitern und Erfolg gehen irgendwie Hand in Hand.