Wie viele Klangereignisse nötig sind, um einen Rhythmus zu erkennen, diese Frage setzt zur Beantwortung voraus, dass man übereingekommen ist, ob und wie weit Erkennen Annehmen mit einschließt. Und der Mensch nimmt gerne an, dass die Dinge einfach sind, denn einfache Verhältnisse brauchen weniger Energie zum Verstehen bzw. zur Annahme.
Außerdem, um welchen Rhythmus handelt es sich eigentlich? Bei polyrhythmischen und -metrischen Stücken umfasst der Zyklus, nach dem alle Stimmen wieder auf der Eins landen, zunehmend mehr Grundpulsschläge (kleinste einheitliche Zeitabstände, die das Tempo gegenüber einem außermusikalischen Zeitmaß angeben). Erst wenn man diese Anzahl an Klangereignissen gehört hat, sicherer ein Mehrfaches davon, erkennt man den vorliegenden Rhythmus als ebendiesen. Je kleiner der Teil, den man hört, umso wahrscheinlicher nimmt man fälschlicherweise entweder einen zu einfachen Rhythmus oder fehlende Rhythmik an, je nach dem, wo dieses Fragment im vollständigen Zyklus verortet ist.
Zur Vorwegnahme von Offtopic-Diskussion: Polyrhythmik liegt vor, wenn der Zyklus einen Takt umfasst. Enthält ein Takt unterschiedliche Notenwerte, liegt womöglich schon Polyrhythmik vor, wo der Grundpulsschlag Produkt zweier, evtl. sogar dreier(?) Grundpulse mit kleineren Nennern sind. Polymetrik liegt vor, wenn mehrere Stimmen zu unterschiedlichen Pulsschlägen ab Zyklusbeginn auf der Eins landen (Hauptbetonung). Polyrhythmik ist also eine Polymetrik der Unterschiedsbandbreite zwischen Nebenbetonungen und unbetonten Pulsschägen. Polymetrik ist wiederum eine Polyrhythmik aus Takt-Einsen, eine P. höherer Ordnung sozusagen.