Hallo und kleiner Nachtrag dazu, dass meine Beiträge abstrakt und wirr wirken (um das ein wenig zu "lösen"),
um es vorwegzunehmen, mein Projekt ist abstrakt, alternativ und relativ komplex. Wer Interesse daran hat, eine Benutzeroberfläche für einen Synthesizer von Grund auf komplett neu zu erdenken, darf gerne weiter lesen. Wem die technischen Möglichkeiten von Musikproduktion am Rechner "ausreichen" und wem zu meinem Projekt vergleichbare Klangerzeuger (ich orientiere mein Vorhaben an der Funktion eines Elektron Octatracks sowie an den prinzipiellen Machbarkeiten mit einer Electribe 2) generell nicht zusagen, der sollte vielleicht besser nicht weiter lesen.
Warum sollte man überhaupt noch an Klangerzeugung "entwickeln", welche nicht Rechner-basiert ist?
Nun, jeder, der in diesem Forum gerne unterwegs ist, stimmt mir vielleicht tendenziell dahingehend zu, dass solche elektronischen Musikinstrumente mehr Spaß machen können, als eine DAW- / Standalone- / Plugin- basierte Lösung in Verbindung mit einem Rechner und einem modernen Farbmonitor in HD-Auflösung. Es erfordert zum Teil ein gewisses Können an Kabel- und Signalmanagement. Aber vielen Musikern und (ich taufe sie mal frech) "Klangforschern" ist das in ihrem Musikstudio ein liebevolles Hobby.
Abgrenzen muss ich mich an dieser Stelle zu einem großen Teil von denjenigen, die solche Möglichkeiten und Ambitionen idealisieren. Ganz ehrlich, es ist alles eine Frage des Geldes und des Platzes. Und auch der Mobilität. Aber muss die einzige Antwort lauten "Besorg dir einen anständigen Laptop und einen multifunktionalen Controller wie z.B. den Akai MPC40 und mach dir doch deine eigene Belegung!" ? Oder könnte ein in sich geschlossenes System mit einer sehr kurzen Ladezeit, einer hohen Systemstabilität, einer in sich durchstruktierten Regler-Zuordnung mit verschiedenen Menü-Ebenen zu einem ähnlichen Preis sich am Markt der Instrumente doch noch durchsetzen? Der Markt ist dem hier geneigten Leser natürlich bekannt. Ohne mich zu sehr auf die Miniatur-Varianten der aus den vergangenen Dekaden bekannten Modelle beziehen zu wollen: Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass uns die moderne Technik doch noch eine Entwicklung bieten kann, die sich absetzt vom derzeitig üblichen entwicklerischen Standart.
Kann man DSP-Chiptechnik so verbauen und ansteuern, dass eine qualitativ durchsetzungsfähige Klangerzeugung entsteht, die in ihrer Kompaktheit und Struktur hochpreisig Sinn macht?
Die letzte Entwicklung, welche ich am Rande vernommen habe, ist ein Modularsystem, welches komplett open source ist. Wir reden hier von Modulen mit analogen Signalpfaden, welche seriell bzw. parallel genutzt werden können. Sie haben den üblichen Eurorack-Platzbedarf und verfügen über die übliche Menge und wahrscheinlich auch die übliche Qualität an Tastern und Drehreglern.
Ein Modul kostet dabei zwischen 250 und 300 €.
Mir ist unbekannt, welche DSP-Chiptechnik in welcher Quantität im Elektron Octatrack verbaut ist. Aber dieses kompakte Gerät bietet ähnlich wie der Roland Sampler SP 404 mk2 sehr viel Spielraum auf geringer Fläche (bzw. auf geringem Volumen). Wir reden von mehreren parallelen Signalbearbeitungsprozessen sowie einem Mix. Der Octatrack von Elektron kostete mich damals 1200 €. Für 1200 € bekommt man ein Laptop, wenn man sehr sparsam und findig ist, bekommt man einen Controller dazu, der mindestens 16 Encoder mit Kranzbeleuchtung sowie einiges an bunten Buttons bereitstellt. Packen wir noch eine Vollversion einer beliebigen DAW sowie ein paar VST's drauf, sind wir schnell bei 2000 €. Was für elektronische Musikinstrumente gibt es überhaupt, die in dem Preissegment als eierlegende Wollmilchsau abliefern wollen?
-Ich glaube, gar keine. Und ich glaube, weil weil zu wenige Menschen darüber nachdenken.-
Ich stelle mir bei meinem Projekt einen Octatrack vor (welchen man mit einiger Finesse auch als Synthesizer nutzen bzw. bezeichnen darf). Diesen jedoch um einiges erweitert, verfeinert und darüber hinaus mit einem intuitiverem Zugang.
Es geht mir nicht darum, ein Laptop mit einem Controller und einem Interface in einer Kiste zu kombinieren. Sondern es geht mir darum, ein Konzept für einen Klangerzeuger zu erstellen, welches so am Markt faktisch noch nicht vorhanden ist. Und es soll einen gewissen Charme und eine bestimmte Exklusivität in dem Bereich bieten. Es soll für sich stehen, relativ viel können, es gut können und stabil sein. Es soll in einen Rucksack passen. Es soll sich wertig anfühlen. Es soll Konnektivität bieten. Es soll in seinem Design einzigartig sein und sich vom Rest der Machart vollkommen abheben.
Kommen wir zum leidigen Thema der sekundären Denkprozesse und der Steuerungs-Designs, welche sich allgemein bisher nicht durchgesetzt haben.
Zum einen ist da die Nutzung monochromer Displays. Diese wurde nie ausgeweitet. Man hat in den meisten Klangerzeugern ziemlich simple LCD-Displays verbaut, die ein paar Reihen Schrift abbilden und einem Werte zwischen meist 0 und 127 anzeigen. Jeder Laptop kann etliches mehr darstellen auf einem HD-Display, und das in Farbe. Aber, was ich mich frage, und ich hoffe vielleicht zu recht:
Warum finden Displays wie die E-Ink-Displays eines bspw. Amazon Kindle E-Book Readers keinerlei Beachtung im kreativen Musik-Bereich? Ich nutze so einen Reader sehr gerne zum Lesen. Diese Displays sind unglaublich gut ablesbar, egal aus welchem Winkel und bei welchen Beleuchtungsverhältnissen man drauf schaut. Ihre Anzeige ist statisch, okay, sie ist graustufig, okay, sie wirkt im Vergleich zu einem Full-HD-Farbdisplay belanglos. Aber diese Displays sind an sich relativ preiswert und darüber hinaus sparsamer im Energieverbrauch. Und es können verdammt viele Zeichen auf ziemlich geringer Fläche dargestellt werden, attraktiv und praktisch.
Zum anderen ist da die Nutzung von Push-Encodern. Wer weiss, was ein Push-Encoder ist, der weiss auch, dass sie nicht besonders langlebig sind. Das schreckt ab. Hier sind Federn verbaut. Hier wird Druck auf Material ausgeübt, welcher relativ ruckartig ist, es klickt. Anders ist es bei Velocity-sensitiven Pads. Warum werden diese haptisch unglaublich wertvollen Komponenten nicht anständig miteinander kombiniert weiterentwickelt? Pads halten ewig, weshalb sollten es Push-Encoder nicht können? Es gibt große Drehgeber, wie z.B. an einer Novation Mininova. Hierbei handelt es sich bspw. bei dem Cutoff-Regler um ein schönes, dickes Potentiometer. In der Mitte dieses Drehgebers ist eine Metallfläche verbaut, auf der man mit etwas Feingefühl klopfen könnte ohne den Drehregler zu verstellen. Wenn man sich vorstellt, dass bei einem so hübsch anmutendem Drehgeber die gut zu treffende innere runde Fläche mechanisch von der Drehfunktion aussen rum so entkoppelt ist. Sodass eben nicht aus Versehen die Drehfunktion anstatt der Push-(nun dann "Tap"-)Funktion genutzt wird. Weshalb beschäftigen wir uns mit haptisch ewig gleicher Plastik-Massenware im Controller-Bereich?
Dann haben wir die Kombination von Multicolour-LED-Technik und Pads sowie Encodern. Es gibt viele Pads, die in unterschiedlichen Farben leuchten können. Es gibt viele kleine Encoder, die leuchten können (Korg Miniaturkisten). Warum gibt es nicht eine Kombination aus Encoder und Pad, die sich wertig anfühlt und leuchtet? Es mag abwegig klingen, aber wir reden hier von technologischer Entwicklung im Bereich haptischer Befehlseingabe. Und meiner Meinung nach ist diese Entwicklung beschränkt. Jede Maus bietet mehr Genauigkeit und Funktionalität im Endeffekt, das ist klar. Aber man kann an einer Maus nicht so schön drehen wie an einem Drehgeber (darum gibt es Drehgeber). Die meisten Mäuse leuchten herzlich wenig. Und auf einer Maus kann man nicht klopfen. Sie ändert dann ihre Position, klickt komisch rum, und wenn man einen Parameter ändert, zieht man die Maus doch "irgendwie" durch die Gegend. Dieses Maus-Gehabe ist genau der Grund, warum Menschen Instrumente gerne bedienen, die Tast- und Dreh- Funktionen bieten. Ansonsten hätten Synthesizer (oder Controller) mit Tasten, Pads und Drehgebern an sich keinerlei Berechtigung mehr. So darf man das Prinzip doch mal betrachten, oder? Wenn man das so betrachtet, stellt man auch fest, dass diese ganzen Synthesizer und Controller mit tollen Layouts und tollen Knöpfen und Reglern "werben". Aber doch verglichen mit der Computer-Maus allesamt unterentwickelte, oft unflexible, im Endeffekt undurchdachte Einschränkungen darstellen. Hinzu kommt die ständige Nerverei mit Konnektivität, Zuweisung und Latenz. Ja klar, Latenz. Hat nicht jeder genug USB-Saft gerade überall frei. Oder?
Das BMW-i-drive Problem und das angebliche Problem mit den sekundären Denkprozessen:
Man sollte sich dieses Problem mal ganz genau vor Augen führen. Auf der Zunge zergehen lassen:
Da gibt es Menschen, die in ihrem BMW über eine Straße fahren. Und dann bewegen sie einen Drehgeber, der "auf" seiner (nicht drehenden) Fläche vier (!) verschiedene Druckfunktionen zusätzlich bietet, während sie auf ein Multicolour Display schauen. Und Menü-Diving mit nicht-statischen Anzeigen betreiben. Und Musikproduzenten und Instrumentenliebhaber knallen sich voll mit dedizierten Potentiometern, zu einem großen Teil mit Mehrfachbelegung. Und am Ende editieren sie fast alles mit der Maus nach. "Draggen" Start- und Endpunkte von Samples, Clips, Stretchbereichen und Automationskurven. Weil Drehgeber dafür fehlen, die ein bisschen intelligent sind.
Es reicht mir an dieser Stelle mit Output für heute.
Ich werde mich an einem anderen Tag weiter reinsteigern und hoffe doch schon mal den einen oder anderen zum Nachdenken usw. bewegt zu haben.