Manischer Mikromanager
Seite 3/3: "Brutal, arrogant, gedankenreich, charismatisch"
1997 kehrte Jobs triumphierend zu Apple zurück, drei Jahre später war er Vorstandsvorsitzender. In den folgenden Jahren wurden all die Dinge entwickelt, für die die Firma heute berühmt ist und die Jobs 8,3 Milliarden Dollar reich machten: iPod, iTunes, das MacBook, das iPhone. Apples Aktienkurs stieg und stieg, genau wie das Barvermögen der Firma.
Jobs war kein Designer, kein Computertechniker, kein Informatiker, nicht einmal ein Showman – obwohl seine Auftritte im schwarzen Rollkragenpullover, das neueste Apple-Produkt in der Hand, legendär sind. Er war in erster Linie ein Perfektionist.
Bei Apple umgab ihn eine Aura der Angst, da er seine Vorstellungen drakonisch durchsetzte. Er war ungeduldig und oft herablassend. Joe Nocera von der New York Times schrieb im August nach seinem Rücktritt, Jobs sei niemand gewesen, der einen Konsens herstellen konnte. Vielmehr war er ein "Diktator", der vor allem auf seine eigene Intuition gehört habe. "Er war ein manischer Mikromanager. Er hatte einen erstaunlichen Sinn für Ästhetik, der Geschäftsleuten meist fehlt. Er konnte in Treffen absolut brutal sein, arrogant, sarkastisch, gedankenreich, erfahren, paranoid und krankhaft charismatisch."
2005, vor sechs Jahren, schien es, als sei Jobs dem Tod von der Schippe gesprungen. Er hielt damals eine legendäre Rede vor Studenten an der Stanford University. Er hatte von seinem Krebs erfahren, die Ärzte hatten ihm nur wenige Monate gegeben. Aber er hatte den Krebs überwunden. Niemand wolle sterben, sagte er damals, auch nicht die, die in den Himmel wollten (Jobs war Buddhist). "Eure Zeit ist begrenzt, also verschwendet sie nicht, das Leben eines anderen zu leben. Lasst euch nicht von Dogmen gefangen nehmen – davon, so zu leben, wie andere Menschen denken. Lasst den Lärm anderer Meinungen nicht eure eigene innere Stimme übertönen. Und, am wichtigsten, habt den Mut, eurem Herzen und eurer Intuition zu folgen. Die wissen, was ihr wirklich wollt, alles andere ist sekundär." Und er fügte hinzu: "Bleibt hungrig. Bleibt albern."
Er tat es und sein Erfolg gab ihm Recht. Es war das Jahr, in dem er auf dem Höhepunkt seines Erfolges war. Apple produzierte endlich Dinge, die die Menschen wirklich kaufen wollten. Sie mussten nicht durch Werbung und Propaganda überzeugt werden, sie rissen sich um die Produkte. Apple war eine Ikone und Jobs ihr Missionar.
Dieses Bild hat sich gewandelt. In letzter Zeit machte die Firma häufig andere Schlagzeilen. Als gierig gilt sie inzwischen, als Datensammler und paranoider Überwacher. Im App-Store werden 30 Prozent des Bruttopreises kassiert, das iPhone sammelte unbemerkt Ortungsdaten, die Zulieferfirmen beuten in China Menschen aus und im Gegensatz zu vielen anderen amerikanischen Reichen haben Jobs und Apple sich auch nie für Philanthropie interessiert. Dass die Polizei von San Francisco im Auftrag Apples eine Wohnung durchsuchte, nur um einen verloren gegangenen Prototypen des iPhone zu finden, passte ins Bild.
Apple, eines der Kinder der digitalen Revolution, fängt an auszusehen wie IBM, damals in der Werbung von Riddley Scott.
Jeffrey Young und William Simon schrieben in ihrer Jobs-Biografie: "Wir erwarten von unseren Helden, dass sie auch Fehler haben. Helden ohne Fehler hätten keinen Erfolg. Letzten Endes aber erinnert man sich nicht an ihre Fehler, sondern allein an das, was sie erreicht haben."
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