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Anonymous
Guest
intercorni schrieb:Nein aber wenn Du da etwas hast, dann gerne her damitTM schrieb:Ist hier eigentlich bekannt, dass Wolfgang Palm und Wolfgang Düren Synthesizer-Artikel fürs damalige Fachblatt geschrieben haben?
Diese Artikel ("Synthesizer-Special" hieß die Serie) sind aus heutiger Sicht eher langweilig, da sie keine neuen Erkenntisse mehr vermitteln. Interessanter finde ich da schon folgenden Leserbrief aus Heft 2/1978:
Liebe Fachblattredaktion!
Herzlichen Glückwunsch zur ersten Folge eures "Synthesizer Specials". Das ist ein Artikel, der vom angekündigten Inhalt und vom Umfang her schon lange fällig war; hoffentlich hilft er, die Vorbehalte vieler zu diesem Instrument zu zerstreuen.
Etwas hätte ich allerdings zu kritisieren, auf Seite 85 heißt es: "Das Instrument heißt Synthesizer - es erzeugt also synthetische Klänge oder Musik ..."
Wenn das Gerät synthetische Klänge erzeugt, dann müsste sich hier eigentlich die Frage anschließen, was denn nun natürliche Klänge erzeugt bzw. was ein natürlicher Klang ist. Wenn man dem Synthesizer synthetische Klänge zuordnet, dann müsste man die natürlichen Klänge den "herkömmlichen Klangerzeugern" zugesellen. Aber schon am Wort selbst sieht man, dass das nicht klappt: etwas, was gebaut ist, um einen Klang zu erzeugen, kann ja wohl kaum einen natürlichen produzieren. Donner wäre ein natürlicher Klang, oder wenn ich mit einem Ast an einen Baum schlüge, gäbe das einen natürlichen Klang, aber wenn ich ein Stück Baum nehme, es aushöhle und ein Fell darüberspanne, kann ich mit diesem Instrument keinen natürlichen Klang mehr erzeugen, sondern nur einen zusammengesetzten. Die Zusammensetzung hängt dabei von der Größe und der Qualität der verwendeten Einzelkomponenten des Instruments ab. Deshalb klingen Tablas anders als Bongos, anders als eine Snare. So ist das mit allen Instrumenten, und je höher entwickelt eines ist, d.h. je mehr Komponenten sein Klingen ausmachen, um so "zusammengesetzter" ist sein Klang: Flöte, Geige, Klavier, Orgel, Synthesizer. Immer schon in der Musik hat man versucht, die Klangmöglichkeiten der Instrumente auszuweiten, indem man sie neu gestaltete, d.h. nach dem alten Prinzip neue Modelle entwickelte, indem man verfeinerte Spieltechniken herausbildete, oder indem man mehrere Instrumente zusammenklingen ließ. Immer versuchte man dabei, die einzelnen Komponenten der Klangerzeugung verschiebbar zu gestalten, bzw. welche wegzulassen oder hinzuzufügen. Aus diesem Wunsch heraus ist auch der Synthesizer entwickelt worden, wie vor ihm schon andere, oft skurrile Apparate, die sich meistens nicht durchsetzten.
Das wirklich Revolutionäre am Synthesizer ist nun, daß er wirklich bis an die Wurzeln der Klänge, bis an die reinen Töne ohne Oberschwingungen vorstoßen kann und von da aus aufbaut. Bei jedem anderen Instrument ist das unmöglich, weil die Einzelkomponenten aufgrund ihrer Qualität aus Holz, Metall, Fell etc. einfach nicht formbar genug sind. Also ist der Synthesizer gar nicht das schwarze Schaf der Instrumentenfamilie, sondern eines ihrer begabtesten Mitglieder, und also trifft der zu Anfang zitierte Satz eigentlich auf alle Instrumente zu. Ich sage eigentlich, weil Synthesizer übersetzt "Synthetisierer" heißt, ein Gerät, das "synthetisierte" Klänge liefert, zusammengesetzte Klänge, und die möchten wir doch alle, denn wer will schon gerne immer nur reine Sinustöne hören?
Trotz aller Gemeinsamkeiten, die den Synthesizer mit allen anderen Instrumenten verbinden, gibt es natürlich einen gravierenden Unterschied, nämlich das Prinzip der Tonerzeugung: elektronische Erzeugung von Schwingungen hier und mechanische dort. Aber dieser Unterschied kann wohl kaum ein Kriterium sein, den Synthesizer zu verdammen. Wer aber trotzdem meint, sich diesen Puritanismus heute noch leisten zu können, soll denn auch die Konsequenz besitzen, Fernseher und Telefon abzuschaffen - die funktionieren nämlich auch so.
Ich hoffe, mit diesem Brief ein wenig helfen zu können, die vielen Vorurteile, die über Synthesizer kursieren zu zerstreuen und schließe mich ansonsten voll eurer Meinung an, dass ein Synthesizer immer nur so gut ist wie sein Aufbau und derjenige, der ihn spielt.
Alfred Torlach, 1 Berlin 30
FACHBLATT Ausgabe 2/1978