Polyphon als "Modularsystem" vs Polyphon als "Fertigprodukt"

naja, ich habe das auch beobachtet, wovon siebenachtel schreibt in den Foren. Da ist was dran, ich denke die Message war als Warnung gemeint und überspitzt.
Ich meine, dass da schon Einige mit viel Euphorie reingegangen sind. Und wo sind die vielen polyphonen patches? Livesets mit polyphonen modular-patches?
Polyphone MIDI CV gibts ja schon eine ganze Weile.

Am Ende siegt dann doch meist die Faulheit.

Daher auch die polyphonie-vereinfacher Module, ansonsten füllt man schnell mehrere Schränke.

Im Normalfall denke ich: entweder man patcht das und lässt es so oder man macht das nur ganz selten. Aufwand/Nutzen mäßig ist man mit einem Polysynth deutlich schneller beim Switchen von vielen verschiedenen sounds, da sind sehr viele Parameter abspeicherbar im Vergleich zu Modular (außer vielleicht Buchla) und auch gerne mal 6..16 Stimmen, und nicht nur 4.

Alle Parameter etwas anders einstellen? Dazu kommt es fast zwangsläufig beim modular. Es ist eher anders herum schwierig die Stimmen alle genau gleich einzustellen, zumal man das bei bestimmten Parametern im Klangverlauf schwer heraushören kann. Das ist recht viel Arbeit, wenn man das möchte. Gleiche Potistellung, da kann 0,1mm sehr viel Unterschied machen, je nach Parameter, das sieht man gar nicht optisch, oder man legt es extra auf ein Oszilloskop zum Vergleich.
Da gehts dann ggf. schon gar nicht mehr so sehr um den Sound sondern darum, dass man das mal ausprobiert / erforscht, mal was anderes ggf Neues macht. Denn genau dieses Patch wird höchtwahrscheinlich kein anderer so in der Form haben? Volle Kontrolle über die Strukur und Parameter jeder einzelnen Stimme.
 
Ich bin seit ein paar Jahren mit einem polyphonen Modulsystem live unterwegs, das hat für mich aber nur deshalb funktioniert, weil es speicherbar ist, und zwar nicht nur hinsichtlich der Parameterwerte, sondern auch der Signalflüsse – wenn auch in sehr engen Grenzen über speicherbares Matrix-Mischer-Modul.

Es hat gut anderthalb Jahre gedauert, bis ich eine Verkabelung entwickelt hatte, die es mir erlaubte, das gute Stück entweder als vier unabhängige einstimmige Synthesizer über vier Tastaturen oder als einen vierstimmig polyphonen Synthesizer über eine Tastatur zu spielen, wobei es auch im polyphonen Betrieb möglich war, dass die vier Stimmen unterschiedliche Klänge erzeugten.

Ohne Speicherbarkeit ist das live allerdings nicht zu stemmen, wenn man auch abrupte Klangänderungen als dramaturgisches Mittel nutzen möchte.

Es hat mir – interessanterweise nur hier im Forum – immer wieder mal Kritik eingetragen, dass ich auf einem Modulsystem einen unveränderlichen Patch aufliegen habe. Die Argumentation war stets die gleiche: Dies laufe doch dem Wesen eines Modulsystem zuwider! Meine Antwort war auch stets dieselbe: Das Wesen eines Modulsystems erschöpft sich eben nicht darin, jeden Tag einen neuen Patch zu stecken, vielmehr kann man sich damit auch sein ganz eigenes Instrument erschaffen und dieses über die Jahre spielen lernen.

Als Beleg hier ein Mitschnitt eines Auftritts von mir, den ich allerdings schon so häufig gepostet habe, dass er vielen wohl schon aus Ohren und Augen kommt. Den Anderen wünsche ich viel Vergnügen bei dieser 50 Minuten dauernden Reise.

https://www.youtube.com/watch?v=_MHjrOyjT70
 
Das wurde nicht nur musikalisch gut dargestellt, dass ein Patch auch länger als einen Song halten kann oder könnte. Es ist eine Frage des optimalen Zugangs auf den Klang und die Töne - beides zusammen in individueller Art ist meist der Grund genau diese Anstrengung zu tun. Es gibt natürlich auch Alternativen oder eine Denkweise, die sich etwas unabhängiger von "Gear" macht und brutal ehrlich zu sich ist - wie gut kann ich live auf meine Wünsche reagieren? Ist es ideal oder noch zu wenig? Da sehe ich Modulare schon - aber es kann auch ein FM Synth sein oder ein selbst gebautes Patch - vielleicht spiele ich das für ein ganzes Album und Tour, weil es so ausdrucksstark ist und nicht auf zu viele Grenzen beschränkt.

Ich habe auch selbst live und sonst erfahren dürfen, wie Serge so klingt und arbeitet mit einer hohen Disziplin - ich selbst bin eher ein Impulstyp und dennoch lieben wir wohl beide den Ausdruck - und so kommt man da zu unterschiedlichen Lösungen. Ich würde nur bei dem Wort polyphon bei den Modulars doch eher in Richtung Soft gelagert, weil ich dann die Vorteile der Speicher und der Umsetzung und der schlichten Transportierbarkeit nutzen kann.

Wir müssten hier aber sicher noch prüfen, wie denn die Musik ist und das was wir da erreichen wollen - wie kann man das erreichen?
Und da sind die Resourcen der Leute sehr unterschiedlich verteilt.

Ich füge jetzt mit dem Post nicht superviel hinzu, aber wenn ich jemanden spielen höre, der sehr dunkle bis sehr krasse Dynamik hat und diese auch ausspielt, dann sehe ich da auch andere Synths als bei etwas, was auf einem Level recht gut.. Und wie man das umsetzt - programmieren oder doch eher spielen oder kombiniert und wenn ja, wie? so Sachen würden mich dazu führen eine Auswahl zu treffen und bekanntlich im Studio ist Größe und Viel Zeug oder sowas keine große Sache, auf der Bühne schon.
Daher .. Ist etwas allgemein, aber nicht weniger wahr.
 
Als Beleg hier ein Mitschnitt eines Auftritts von mir, den ich allerdings schon so häufig gepostet habe, dass er vielen wohl schon aus Ohren und Augen kommt. Den Anderen wünsche ich viel Vergnügen bei dieser 50 Minuten dauernden Reise.

https://www.youtube.com/watch?v=_MHjrOyjT70


Sehr schön und ausgereift!
Gibt es einen part den du als polyphon bezeichnen würdest?
Ist ja schwer rauszuhören, weil es mehrere akustische ereignisse gleichzeitig gibt...
 
Sehr schön und ausgereift!
Danke!

Gibt es einen part den du als polyphon bezeichnen würdest?
Ist ja schwer rauszuhören, weil es mehrere akustische ereignisse gleichzeitig gibt...
Ein paar Beispiele:

Dieser metallische Klang, der über den Blaswandler gespielt wird, ist eigentlich ein vierstimmiger Akkord, der durch einen Ringmodulator läuft, dessen Modulationsfrequenz so ab 20:00 ganz allmählich abgesenkt wird, so dass die gespielten Akkord mit Tremolo gut hörbar werden.

Ab 38:00 werden gespielte Akkorde über die einzelnen Bänder der Filterbank eingeblendet.

Ab 46:00 hört man dagegen bis zu drei live gespielte Klänge, also diesen pulsierenden Bass, eine leise Fläche und darüber die Melodie.
 
@serge - Ich finde Deinen Ansatz sehr spannend und habe auch damals sehr gespannt die Diskussion verfolgt, die Du, glaube ich, unter anderem mit @Bernie geführt hast. Du hast vertreten, man könne mit einem Modularsystem einen Traum-Synthesizer konfigurieren, der genau den eigenen Vorstellungen entspricht, @Bernie hat eher vertreten, man solle einfach jedesmal alle Kabel wieder rausholen und von Neuem beginnen. Erinnere ich mich da richtig?

Damals war ich noch nicht soweit, dazu wirklich etwas sagen zu können. Heute liegt mein Ansatz irgendwo dazwischen, jedoch näher bei dem Konzept von Dir, @serge. Mein eigenes System gliedert sich in folgende "Abschnitte":

- 4stimmig polyphoner Synth bestehend aus polyphonen Doepfer-Modulen, der über ein Waldorf kb37 von Hand gespielt wird, wobei demnächst noch eine Zufallssteuerung als zweite mögliche Option hinzukommen wird. (Mir kommt es dabei nicht auf individuelle Behandlung der einzelnen Stimmen an, sondern diese Stimmen werden ähnlich einem fest verdrahteten Poly-Synth behandelt.)
- Drum- und Bass-Synth, der mit Hilfe eines Erica Drum Sequencers, ein paar Sampler Modulen für die Drums und der Doepfer A-111-6 Synth-Voice für den Bass aufgebaut ist.
- Melodiestimme 1 - experimentell mit einem Feedback Modules OSC und einem Doepfer A-110-4, die entweder über einen Analog-Sequenzer dudeln oder mit einem A-173-1 notdürftig von Hand gespielt werden kann - oder beides.
- Melodie-/Akkordstimme 2 - Trautonium - basierend auf den Trautonium-Modulen von Doepfer und steuerbar wahlweise über ein zweites Waldorf kb37, den Doepfer Ribbon Controller oder einen Analog-Sequenzer.
- Mix- und Effekt-Sektion.

Für die einzelnen "Abschnitte" habe ich jeweils eine Art Standard-Verdrahtung gesteckt, aber das kann natürlich jederzeit auch variiert werden und die unterschiedlichen "Abschnitte" des Systems lassen sich natürlich nach Belieben auch durcheinander würfeln und das mache ich auch manchmal. Die zentrale Clock kommt von dem Erica Synths Drum Sequencer.

Das Ganze ist noch im Aufbau und an den musikalischen Ergebnissen übe ich noch. Bald wird es aber auch mal etwas zu hören geben. Das System kann also insgesamt 7-stimmig polyphon plus Drums erklingen (wobei die Trautonium-Stimme noch einmal paraphone Akkorde liefern kann statt nur jeweils einem Ton) und von ein bis zwei Spielern bedient werden.

Live-Einsatz ist bei mir nicht geplant, obwohl es theoretisch ginge, wenn ich nur den Koffer mit den polyphonen Modulen und das kb37 mit den Bass-/Drum-Modulen mitnehmen würde. Das ganze System live einzusetzen, wäre mir aber definitv zu viel Aufwand.

---

Ich fände noch einen Aspekt wichtig, den @Moogulator erwähnt hat und auch immer wieder erwähnt: Die musikalischen Ziele, Vorlieben und Ergebnisse sind bei uns allen sehr unterschiedlich. Das sollte man niemals vergessen. Etwas, das für den einen gar keinen Sinn ergibt, kann für den anderen durchaus ein kreativ fruchtbarer Weg sein. Soviel auch noch einmal zu der Pauschalkritik von Dir, @siebenachtel. Immer vorsichtig sein, jeder Jeck is anders. Und nicht alle Wege führen nach Rom, aber manch einer will vielleicht auch gar nicht nach Rom, sondern lieber nach Paris, Moskau oder Stockholm.

---

Aufgefallen ist mir noch, dass wir in der Diskussion an einigen Stellen insofern aneinander vorbei reden, als dass es noch einmal einen sehr großen Unterschied macht, ob man von der Verwendung polyphoner Module spricht, bei denen alles für alle Stimmen gemeinsam eingestellt werden kann, wie den entsprechenden Doepfer-VCFs, -ADSRs und -VCAs, oder ob man wirklich alles mit Einzelmodulen pro Stimme aufbauen will.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man kein Masochist ist und (4 fache) Polyphonie haben will und alles per Stimme einstellen möchte ist der Analog Four sehr zu empfehlen.
 
Wenn man kein Masochist ist und (4 fache) Polyphonie haben will und alles per Stimme einstellen möchte ist der Analog Four sehr zu empfehlen.
Ja, klar. Wieviel Regler hat der? 10?

Man muss ein Masochist sein, wenn man so etwas bedienen möchte, wenn Du mich fragst ;-)

Nee, im Ernst, ich verstehe natürlich, was Du meinst. Aber es ist wirklich nicht unbedingt so, dass ein Modularsystem komplizierter wäre oder umständlicher in der Bedienung.
 
@serge - Ich finde Deinen Ansatz sehr spannend und habe auch damals sehr gespannt die Diskussion verfolgt, die Du, glaube ich, unter anderem mit @Bernie geführt hast. Du hast vertreten, man könne mit einem Modularsystem einen Traum-Synthesizer konfigurieren, der genau den eigenen Vorstellungen entspricht, @Bernie hat eher vertreten, man solle einfach jedesmal alle Kabel wieder rausholen und von Neuem beginnen. Erinnere ich mich da richtig?
Ja. Aber ich möchte betonen, dass ich beide Ansätze gleichermaßen sinnvoll finde, nur hängt es eben von der persönlichen Zielsetzung ab, welchen man wählt. Keiner der beiden Ansätze wird dem Wesen eines modularen Synthesizers mehr oder weniger gut gerecht.
 
Ja. Aber ich möchte betonen, dass ich beide Ansätze gleichermaßen sinnvoll finde, nur hängt es eben von der persönlichen Zielsetzung ab, welchen man wählt. Keiner der beiden Ansätze wird dem Wesen eines modularen Synthesizers mehr oder weniger gut gerecht.
Da sind wir uns absolut einig. Das ist ja gerade das Gute an dem modularen Prinzip. Es ist in jeder Beziehung und jeder Richtung offen. Modulare Synthesizer erlauben dem Musiker maximale Flexibilität, die eigenen musikalischen Ziele umzusetzen.
 
Wenn man kein Masochist ist und (4 fache) Polyphonie haben will und alles per Stimme einstellen möchte ist der Analog Four sehr zu empfehlen.
Ja, klar. Wieviel Regler hat der? 10?

Man muss ein Masochist sein, wenn man so etwas bedienen möchte, wenn Du mich fragst ;-)
Eine kleine Faderbox kann da Wunder wirken. Aber der A4 ist insofern hier erwähnenswert, als dass er es erlaubt, jeder der vier Stimmen einen anderen Klang zuzuweisen und dennoch diese Stimmen polyphon zu spielen – das ist schon eher modular, ebenso wie die Möglichkeit, nahezu beliebige Parameter, selbst die der drei Effekte durch Sequencer zu steuern.

150604 elektron A4 mit faderfox pc4.jpg

Nee, im Ernst, ich verstehe natürlich, was Du meinst. Aber es ist wirklich nicht unbedingt so, dass ein Modularsystem komplizierter wäre oder umständlicher in der Bedienung.
Für mich liegt die Umständlichkeit im Umgang mit Modulsystemen in der fehlenden Speicherbarkeit begründet, und diese Umständlichkeit potenziert sich meiner Erfahrung nach in dem Moment, in dem man versucht, sein System live polyphon zu spielen oder auch nur verschiedene Klänge gleichzeitig kontrolliert und schnell zu wechseln.

Ich finde es immer noch schade, dass der Gedanke der Speicherbarkeit in einem Modulsystem bisher nur von Buchla konsequent in die Tat umgesetzt worden ist. Im Eurorack-Bereich sind mir allenfalls ein paar Insellösungen für einzelne Module einzelner Hersteller bekannt.

Aber ebenso wie bei der weiter oben angesprochenen Frage, mit welcher Patch-Strategie man dem Wesen des Modulsystems denn nun besser gerecht wird, ist die Kundschaft meiner Erfahrung nach auch bei der Frage nach der Speicherbarkeit geteilt: Denn die meisten schätzen das Modulsystem gerade weil sich einmal gefundene Klänge nie wieder genau reproduzieren lassen, und wohl nur eine Handvoll Verstrahlter würden ihre Großmütter für ein speicherbares Modulsystem verkaufen wollen.
 
Denn die meisten schätzen das Modulsystem gerade weil sich einmal gefundene Klänge nie wieder genau reproduzieren lassen, und wohl nur eine Handvoll Verstrahlter würden ihre Großmütter für ein speicherbares Modulsystem verkaufen wollen.
Wenn das Modularsystem größtenteils analog aufgebaut ist, hast Du ja zumindest immer einen "Preset-Speicher", nämlich das zuletzt gesteckte und eingestellte Patch.

Für mich ist das nicht so entscheidend, da es mir nicht um abgefahrene Sounds geht, bei denen es schwer wäre, den genauen Sweetspot zu finden, sondern um einfache Sounds, die gut klingen. Ich sehe den polyphonen Anteil meines Systems eher wie so einen Juno 6. Man kann nichts speichern, ist aber egal, weil sowieso alle Standard-Einstellungen immer irgendwie gut klingen. Mein Versuch ist, die einzelnen Teile meines Systems von vorn herein so zu konfigurieren, dass Parameter-Änderungen immer sweet-spottig sind.
 
Wenn das Modularsystem größtenteils analog aufgebaut ist, hast Du ja zumindest immer einen "Preset-Speicher", nämlich das zuletzt gesteckte und eingestellte Patch.
Bitte, was hat das mit Speicherbarkeit zu tun? Sobald ich in Deinem Beispiel eine Veränderung vornehme, ist der vorherige Zustand weg, und je nachdem, wie viele Veränderungen ich vornehme, kann es beliebig lange dauern, um den vorherigen Zustand (mit Glück) wieder zu erreichen. Das Wesen der Speicherbarkeit ist es doch gerade, einen abgespeicherten Zustand "auf Tastendruck mit Blitzesschnelle" wieder aufrufen zu können.

Für mich ist das nicht so entscheidend, da es mir nicht um abgefahrene Sounds geht, bei denen es schwer wäre, den genauen Sweetspot zu finden, sondern um einfache Sounds, die gut klingen. Ich sehe den polyphonen Anteil meines Systems eher wie so einen Juno 6.
Also nutzt Du den polyphonen Teil Deines Modulsystem, um einen sehr schlicht aufgebauten subtraktiven polyphonen Synthesizer nachzubauen, den Du Dir – wenn wir Geld, Platz und Wartungsaufwand beiseite lassen – auch einfach kaufen und neben Dein Modulsystem hättest stellen können?

Man kann nichts speichern, ist aber egal, weil sowieso alle Standard-Einstellungen immer irgendwie gut klingen. Mein Versuch ist, die einzelnen Teile meines Systems von vorn herein so zu konfigurieren, dass Parameter-Änderungen immer sweet-spottig sind.
Für mich wäre das nichts, denn ich möchte ja nicht Schritt für Schritt den Nationalpark Wattenmeer durchwandern, auf dem jeder Zwischenstopp eine herrliche Aussicht bietet, sondern mich gleichsam per Teleportation von der Nordsee auf die Zugspitze beamen.
 
Bitte, was hat das mit Speicherbarkeit zu tun? Sobald ich in Deinem Beispiel eine Veränderung vornehme, ist der vorherige Zustand weg, und je nachdem, wie viele Veränderungen ich vornehme, kann es beliebig lange dauern, um den vorherigen Zustand (mit Glück) wieder zu erreichen. Das Wesen der Speicherbarkeit ist es doch gerade, einen abgespeicherten Zustand "auf Tastendruck mit Blitzesschnelle" wieder aufrufen zu können.
Ja, aber den Zustand, den Du zuletzt hattest, hast Du nach dem Ausschalten und Wieder-Einschalten sofort wieder.

Also nutzt Du den polyphonen Teil Deines Modulsystem, um einen sehr schlicht aufgebauten subtraktiven polyphonen Synthesizer nachzubauen, den Du Dir – wenn wir Geld, Platz und Wartungsaufwand beiseite lassen – auch einfach kaufen und neben Dein Modulsystem hättest stellen können?
Jein. Einen entsprechenden Analogsynthesizer mit so vielen Modulationsverbindungen, LFOs, analogen Effekten usw. gibt es so nicht zu kaufen. Aber richtig ist, dass ich den polyphonen Teil des Systems nicht in der Weise nutze wie Du, dass die vier Stimmen wirklich jeweils unterschiedlich moduliert werden, sondern das geschieht schon für alle vier Stimmen gemeinsam. Es sind ja noch genug andere Stimmen vorhanden, um etwas anderes zu machen.

Für mich wäre das nichts, denn ich möchte ja nicht Schritt für Schritt den Nationalpark Wattenmeer durchwandern, auf dem jeder Zwischenstopp eine herrliche Aussicht bietet, sondern mich gleichsam per Teleportation von der Nordsee auf die Zugspitze beamen.
Schöner Vergleich ;-) ... ja, so gesehen genügt mir dann das Wattenmeer. Zur Zugspitze muss ich nicht unbedingt :) ...
 
Ja, aber den Zustand, den Du zuletzt hattest, hast Du nach dem Ausschalten und Wieder-Einschalten sofort wieder.
Richtig, nur ist das eben keine Speicherbarkeit im eigentlichen Sinne des Wortes. Ähnliches bieten mittlerweile aber auch einige digitale Module: Die Möglichkeit, die aktuellen Parameterwerte als die Startwerte abzuspeichern, die das Modul bei einem Neustart automatisch lädt.

Einen entsprechenden Analogsynthesizer mit so vielen Modulationsverbindungen, LFOs, analogen Effekten usw. gibt es so nicht zu kaufen.
Je mehr solcher Möglichkeiten hinzugefügt werden, desto "schwerfälliger" wird nach meiner Erfahrung ein Modulsystem, oder um in dem Bild von eben zu bleiben: Desto langsamer kommt man auf dem Weg von Klang A zu Klang B voran.

Der Großteil der Modulsystembenutzer sagt: Der Weg ist das Ziel. Eine kleine Minderheit träumt von Speicherbarkeit und sagt: Das Ziel ist das Ziel.

Aber richtig ist, dass ich den polyphonen Teil des Systems nicht in der Weise nutze wie Du, dass die vier Stimmen wirklich jeweils unterschiedlich moduliert werden, sondern das geschieht schon für alle vier Stimmen gemeinsam.
Gut, dass Du das ansprichst: Denn dass jede der vier Stimmen bei mir jeweils unterschiedlich klingt und unterschiedliche Modulationen hat, ist dem technischen Aufbau des Buchla 200e geschuldet – und keine bewußte Entscheidung meinerseits.

Als Erklärung ein paar Worte zur Speicherbarkeit im Buchla 200e:
- Jedes Modul hat lokal eine eigene CPU mit 30 Speicherplätzen etc. sowie A/D- und D/A-Wandler samt Multiplexern für Potis und Parameter.
- Die Verwaltung der Speicherplätze erfolgt aber global über den sogenannten Preset Manager, der in einem eigenen Modul beheimatet ist.
- Preset-Manager und Module kommunizieren über einen internen I2C-Bus.
- Der Preset Manager sagt allen Modulen zugleich, welchen ihrer 30 Speicherplätze sie laden oder beschreiben sollen.
- Er kann aber auch nur einem auswählbaren Modul sagen, welchen seiner 30 Speicherplätze es laden oder beschreiben soll
- So kann ich mir z.B. die Parameterwerte des dritten Waveform Generators aus Speicherplatz 11 in Speicherplatz 22 einladen: sehr praktisch, besonders bei aufwändigeren Modulen wie der Filterbank, dem quadrofonischen Panner oder dem Matrix-Mischer.
- Der Preset-Manager kann von allen Modulen alle Parameterwerte aller Speicherplätze anfordern und diese auf eine Speicherkarte schreiben (Backup) und von einer solchen Karte alle Werte aller Pätze an alle Module zurück laden.

Was also nicht geht: Ich kann nicht einen Parameter für alle Module, die diesen Parameter haben, zugleich einstellen. Will ich also die Attack-Zeit der Lautstärke-Hüllkurven aller vier Stimmen zugleich einstellen, so geht das auch beim Buchla 200e nicht – ich muss stattdessen die Attack-Zeit in jeder Lautstärke-Hüllkurve jeder Stimme einzeln gleich einstellen. Das nervt manchmal.

Das gelingt je nach Motorik, Gehör und Eifer des Gefechts mal mehr, mal weniger gut – und führt entsprechend ungewollt zu leicht unterschiedlich unterschiedlich klingenden Stimmen, was ich mir als "Lebendigkeit" schön zu reden versuche.

Schöner Vergleich ;-) ... ja, so gesehen genügt mir dann das Wattenmeer. Zur Zugspitze muss ich nicht unbedingt :) ...
Die Flut hat schon so manchen Wattwanderer überrascht, der sich dann sehnlichst rasch ans Festland zurück gewünscht hat…
 


Neueste Beiträge

Zurück
Oben