Fairlight CMI
Grundsätzlich lässt sich dieser Gedanke auf jeden alten HW Sampler übertragen, aber lasst mich erklären:
Der Fairlight war damals (1979) das absolute Non-Plus-Ultra. 8fach polyphon, Preset Sounds, Sequencer, Tastatur, später MIDI und eine "benutzerfreundliche" Bedienung. Quasi das MacBook der späten 70er.
Die Möglichkeiten ware (insbesondere) für damalige Zeit wirklich revolutionär und neu, nie dagewesen. Heute sind die Möglichkeiten und Features eher lachhaft, von den technischen Merkmalen ganz zu schweigen (2x 2 MhZ CPUs, wenige Kb Ram, etc...) - Das Gerät ist technisch von vorgestern (lässt sich auch auf andere alte Sampler übertragen), macht aber durch seine Seltenheit und bombastische Erscheinung den Eindruck, immer noch der Platzhirsch zu sein.
Natürlich ist der CMI so beliebt weil er damals von Hinz und Kunz in Stücken verwendet wurde, die wir heute immer noch alle so gerne hören. Die technischen Eigenschaften des CMI haben einige Lieder überhaupt erst möglich gemacht. Fakt ist: Es gab damals nichts vergleichbares (ok, das Synclavier sei noch zu erwähnen), heute hat jede Wanduhr mehr Prozessorleistung und Speicher, aber das ist nun mal Fortschritt.
Bekannt wurde der Fairlight vorallem durch zwei! markante Sounds: Der Orchestra Hit und der typische ARR Chor. Von beiden Sounds gab es jeweils einige Variationen.
Und der Rest? Der Fairlight kam immerhin mit einer üppigen Library (auf 8" Disketten) und hatte unzählige Sounds ab Werk mitgeliefert, und genau hier liegt der Hund begraben!
Abgesehen von den zwei oben genannten Sounds sind die Presets unter aller Kanone. Schlecht aufgenommene und total wirre Samples mit grottigen Hüllkurven und Looppoints. 1979 mag das noch spannend und neuartig gewesen sein, Hundegebell tonal zu spielen, heute ist das eher lächerlich. Die Stärken des CMI und der daraus resultierende Klang liegt in den "dynamischen" Filtern, die je nach Tonhöhe nur rausfiltern was nicht zum Sound gehört. Das gibt diesen kratzigen Lo-Fi Sound (und entsprechend dünnen Bassbereich) - Das hat Charme und ist Teil des Kults. Die unzähligen Disketten mit Soundeffekten sind zwar lustig, erinnern aber eher an einen alten Hanna Barbera Cartoon und haben eine fragwürdige Usability.
Was also bleibt? Die berühmte Page R, die sich nur via eine speziellen Clock und via Tape synchronisieren lässt. Die überall und in jedem Video gezeigte Page D mit der 3D Darstellung der Wellenform oder der sehr eigenen Trans Fourier Synthese mit der man Wellenformen mit Obertönen malen und berechnen kann (was bei 2 Mhz Taktrate ein Momentchen dauert) und es am Ende trotzdem immer nach einer digitalen Orgel klingt.
Der CMI ist ein Kind seiner Zeit und technisch sowie klanglich überholt. So ein Gerät zu besitzen erfordert Boss Level Fanatismus. Das Teil zieht mehr Strom als das gesamte Studio im Idle Betrieb (die Diskettenlaufwerke, alle Lüfter und selbst die Tastatur sind mit 220 Volt betrieben!), die Servicekosten sind intensiv und sehr hoch, der Platzbedarf ist gigantisch und das Teil ist tonnenschwer.
Fazit: Maximaler Respekt an diese Maschine aus den späten 70ern, produktiv einsetzen (damit meine ich wirklich Musik machen, nicht nur rumfrickeln) wird heutzutage niemand mehr einen Fairlight. Die Presets sind richtig mies, und selber samplen ist bei knapp 1.5 Sekunden Samplingzeit auch sehr schnell langweilig. Hinzu kommt dass nur 300 Geräte gebaut wurden, wovon heute vielleicht noch 100 Stück existieren und teilweise laufen. Ein funktionierender Fairlight schlägt also auch ein ordentliches Loch ins Portmonnaie. Die Reparaturkosten dann sowieso. Daher: Absolut überbewertet
Ach nebenbei: Die Klaviatur vom Fairlight spielt sich beschissen und wie ein grosses Toys R' Us Keyboard.