Wie versprochen ein bisschen Senf zu ein paar mikrotonalen Kisten, die hier rumstehen:
TX802, V50 (& friends): muss man keine großen Worte drüber verlieren. Serious professional microtonalizm. Full-keyboard-tuning, d.h. jeder der 128 MIDI-Noten lässt sich ein komplett beliebiger Wert zuweisen. Es sind also auch Stimmungen möglich, die nicht bloß monoton-aufsteigend sind. Man kann so auch mehrere Stimmungen in einer Tuning Table unterbringen, wenn man sie auf verschiedene Bereiche des Notenspektrums verteilt. Natürlich: begrenzte Zahl von gleichzeitig speicherbaren User-Tunings. Aber man auch extern speichern auf, wenn vorhanden, Floppy oder RAM-Cartridge. Schön beim V50 (TX81Z oder DX11 werden ähnlich sein) ist, dass man neben den full-keyboard-Tunings auch ein-Oktav-Tunings machen kann, wenn's quick & dirty sein soll. Nimmt problemlos Scala-Files per MIDI-Import.
MSR2/ProSynth:
der vorletzte analoge Poly der klassischen Oberheim-Familie war gleichzeitig auch der erste mit Microtuning. Sehr schöne Implementation. Bei mir eigentlich der einzige Grund, warum ich ihn (gegen meinen Matrix 1000 eingetauscht) habe und behalte. Vier gleichzeitig speicherbare Tunings. Volles Keyboard fast à la Yamaha. Pro Note gibt es das etwas gewöhnungsbedürftige Format SSS.FFF, wobei SSS den "Semitone"-Anteil bedeutet und von 0 bis 127 reichen kann, wobei diese Werte dann einfach den Standard-MIDI-Werten entsprechen. FFF ist der "Fractional"-Anteil, eine Feinjustierung zwischen 0 und 511. Wir haben grob also eine Auflösung von 0,2 cent. Ein "A3", also Note #69, wäre standardmäßig "069.000" -- wollte man jetzt zu diesem A3 das G4 als Naturseptime (7/4) stimmen, also 969 cent drüber (oder 31 cent weniger als ein 12EDO-G4), würde Note #79 den Wert "78.356" bekommen müssen. Weil das aber kein Mensch, der bei Verstand bleiben will, sich geben sollte, nutzt man auch hier einfach Scala via MIDI.
JV1080
Die Arme-Leute-Version. Roland halt. Dass eine Oktave auch mehr oder weniger als 12 Töne umfassen könnte, oder gar sich in anderen Perioden wiederholt als nach einer Verdopplung der Ausgangstonhöhe (abgesehen von der Frage, ob sich hier überhaupt irgendwas wiederholen muss) -- das schien hier nicht in geistigen Horizont der Ingenierue zu passen. Hier im Fuhrpark die schwächste Implementation unter allen mikrotonalen Synths. Aber, klar, besser als nichts ist es allemal.
MicroMonsta
Zur Abwechslung mal was aktuelles. Versteht MTS. Import aus Scala heraus via MIDI war entsprechend auch kein Problem, als ich es mal getestet habe. Bei einem ersten Test blieb es denn aber auch. Denn Spaß macht die Arbeit nicht. Der Grund: Stimmungen lassen sich nicht speichern. Mit dem Ausschalten des Micromonsta geht die importierte Stimmung verloren. Man muss also vor jeder Nutzung wieder den Rechner anstöpseln und SysEx rüberschicken. SRSLY: WTF? Sehr schade, weil: sehr schöner Synth, ansonsten.
BassStation 2
Wurde sicher andernorts schon ausgiebig behandelt. Kommt super mit Scala klar. Eine Reihe von Tuning-Slots mit mäßig interessanten Presets, die sich aber mit sinnvollerem überschreiben lassen. Dass Mikrotonalität auf monophonen Synths erst interessant (oder gar: erst hörbar) wird, wenn man per Overdub Polyphonie erzeugt (Phils Beitrag oben) -- dem würde ich aus meiner Erfahrung durchaus widersprechen. Fast alle akustischen Instrumente mit freier Intonation, die wir kennen (Streicher, Bläser, menschliche Stimme...), werden, auch und gerade dann, wenn sie monophon gespielt werden, mikrotonal gespielt. Eine gute Geigerin weiß sehr gut, in welchen Situationen ein (auf dem Papier immer identischer) "Halbton" wie groß oder klein gespielt werden möchte. Der Nachbarsjunge hier auf der Etage, der seit Jahren einmal die Woche auf elterlichen Befehl an seiner Trompete herumstümpert, mag vielleicht auch schon von der Problematik der guten Intonation gehört haben, aber, nun ja, die Umsetzung... Von daher: Mikrotonalität ist keineswegs ein rein harmonisches Ding, sondern wird bereits im melodischen Einsatz interessant. Ich arbeite z.B. gerne mit einer 12Ton-Teilmenge aus 17EDO, auch auf monophonen Synths, und im direkten Vergleich ist (ohne dass es im Ganzen übertrieben "exotisch" klingt) sofort deutlich, wieviel würziger die Halbtöne hier, mit ihren nur 71 cent, innerhalb einer Melodielinie klingen.
ESQ1
AN1X
Z4
TX16W
Das sind so "krypto-mikrotonale" Synths. Gibt es eigentlich zuhauf, nur sind sie irgendwie ziemlich selten Thema. Sie haben keinen Menüpunkt für die Stimmungen (Ausnahme: Akai Z4), kein MTS, und keinen Scala-Import. Und dennoch lassen sie sich auf alle denkbaren EDOs zwischen, ich sag mal grob, 5 und 65 stimmen. Denn sie alle lassen dich das Keyboard-Tracking (z.B. beim ESQ1 heißt das "KBD2") als Modulator auf den Osc-Pitch draufschlagen. So lässt sich die Steilheit des Tonhöhenanstiegs mit jeder höheren Note vergrößern oder verkleinern: es müssen ja nicht immer 100 cent sein. Kann man sich schön eine Tabelle machen für die verschienen EDOs, die man so braucht.
Natürlich, alles in allem kein Ersatz für volles Microtuning, aber wenn man ohnehin vorhat, EDO-basiert zu arbeiten, allemal eine Alternative. Sogar u.U. mit Vorteilen: welcher Synth kann schon Tuning-Tables pro Patch speichern? Zumindest keiner, den ich hier habe. Mit dieser Methode aber geht das natürlich. Und beim Akai Z4/Z8, der eigentlich ein offizielles Microtuning hat (Roland-style, 12-Ton) erlaubt diese Methode sogar Dinge, die auf dem vorgesehene Weg nicht gehen (dürfte ähnlich beim 1080 sein, noch nicht probiert). Auch beim Micromonsta: der verliert sein Tuning beim Ausschalten. So ein EDO-Patch aber ist was, naja, für die Ewigkeit.
Zumal sowieso mit einem schlau gewählten EDO sich auch so manch andere Stimmung approximieren lässt. 1/4-Komma-MT auf dem AN1X? Klar, stimmt man ihn halt auf 31EDO und nutzt davon die richtige Teilmenge. Du hast eine Schwäche für 13er-JI? 17EDO bietet Annäherung an sieben reine 13er-Intervalle mit max. 12 Cent Abweichung. Usw.