Sommerferien 1984, olympische Sommerspiele in Los Angeles, "
Rhapsody in Blue" auf 84 Flügeln und ein
leibhaftiger Raketenmann bei der Eröffnungsfeier, ich war 15 und schaute mir ein paar Wettkämpfe live nachts im Fernsehen an – erinnert sich noch jemand an
Michael Groß, den "Albatros"? Zwischen den Wettkampfübertragungen weit nach Mitternacht wurde man mit eigenartigen Einspielern bei Laune gehalten: Zeitrafferaufnahmen der modernen Welt, unterlegt mit Chor und Orchester, die klangen, als wären sie von Sequencern gespielt – eine überraschende Abwechselung zu TD & KS.
https://www.youtube.com/watch?v=rmsTZAF1F-o
Ich fand's fantastisch, verspürte aber keinen Drang, mehr von Glass zu hören: Ich konnte mir schlicht nicht vorstellen, wie man diese – in meinen Augen & Ohren höchst gelungene – Synthese aus Film und Musik noch übertreffen könnte.
Zehn Jahre später versuchte mich ein Kommilitone auf die Opern von Glass anzutörnen. Furchtbar. Gelungen dagegen ein paar seiner Stücke für Klavier, unter anderem die von
@klangumsetzer bereits gepostete Étude No. 2. Zur Illustration, welchen Unterschied die Interpretation macht, gespielt von Víkingur Ólafsson (ruhig mal vergleichend hören). Habe ich im Konzertsaal gesehen, war wunderbar:
https://www.youtube.com/watch?v=8_zrVTTCaxo
Ende der 90er entdeckte ich dann Steve Reich für mich: "Three Movements for Orchestra" – als Hintergrundmusik für eine Fernsehdoku über Künstliche Intelligenz (war's "Die Zukunftsmacher"?).
https://www.youtube.com/watch?v=MYPAILdwS5k
Reich habe ich die Treue gehalten, bei Glass bin ich letztlich nicht über
Koyaanisqatsi, einige seine Klavierstücke und die Interpretation von Bowies "Heroes" hinaus gekommen:
https://www.youtube.com/watch?v=AweAiOwzPKA
Woran es liegt? Jedenfalls nicht an mangelnden Versuchen, seiner Musik näher zu kommen. Ich habe etliche CDs und Konzertbesuche (inklusive von Glass' 12. Symphonie) gebraucht, um dahinter zu kommen: Glass' Musik ist mir zu selbstähnlich geblieben, zu schablonenartig – zuviel Selbstzitat (jaja, an sich selbst begeht man kein Plagiat, ich weiß, ich weiß). Sicher, auch Reich kann man sofort erkennen, aber Reichs Werk finde ich ungleich facettenreicher und spannender als das von Glass.
Aber zu "The Grid" von Glass über die Autobahn zu brausen oder aus dem Zugfenster zu schauen, hat immer noch was.