Wenn ich mich genauer damit beschäftige was es denn bedeutet die Spielanweisung "So xxx wie möglich" vorzuschreiben:
Diese Anweisung ist an den Organisten gerichtet und verweist auf die Grenzen des menschlich Machbaren. Riskant, bei einem Instrument, dessen Tonerzeugung (Luftstrom) heute elektrisch betrieben wird. Dass sich der Spieler dann nur mit dem Tonwechsel beschäftigt (Nur Taste drücken, nicht mal Register umstellen), ist damit ins Stück eingeschrieben. Eine außermusikhafte menschliche Emotion beim Spielen oder Hören wurde durch die erwünschte größtmögliche Langsamkeit ja rausgeschrieben – was auch Sinn ergibt: Es gibt kein Musikinstrument, das mehr auf dem Kerbholz hat, als die Orgel (Kirche, Glaube, Macht, Mißbrauch etc). Hätte er es für Flöte(n) geschrieben sähe die Sache anders aus. Alles, was diese Spielanweisung dem Interpreten als Spielraum übrig lässt, ist die Entscheidungsfindung für die relativen Tonlängen.
Bei so viel "Bevormundung" ist die Formulierung "So ... wie möglich" entweder ein Hohn, eine Herausfoderung oder ein Hinweis auf "Unspielbarkeit". Womit sich Cage (möglicherweise) ein Eigentor schießt: Hohn und Herausfoderung landen automatisch in außermusikalischem Terrain – genauso, wie das Einnehmen jeder anderen Geisteshaltung gegenüber der Formulierung "...wie möglich". Und eine Unspielbarkeit macht Musik als phsysikalisches Ereignis unmöglich. Man hat förmlich den Eindruck, er schließt es formal mit ein, dass seine Spielanweisung belächelt, absichtlich überhöht, missverstanden oder als "unspielbar" gelesen wird. Eine mögliche Übertreibung oder Belustigung bei der Interpretation ist also ebenfalls ins Stück eingeschrieben – weil er es nicht ausschließt. Cage braucht sich also nicht wundern, falls er sich 2000 im Grabe rumgedreht hat – sowohl, wenn man diese Spielanweisung ernst nimmt UND wenn man sie nicht ernst nimmt.
Hat er sich nicht umgedreht (im Grab) könnte er denken: "Diese 600 Jahre Spielzeit oszillieren so indifferent zwischen Gag, Provokation und Politisierung, dass sich nur Narren wie die Typen in Halberstadt oder kernelkid länger damit beschäftigen. Der Kluge lässt die Musik von ORGAN²/ASLSP einfach nur eine Komposition sein, die man besser nicht spielt - schon gar nicht in Kirchen." Ich war jetzt lange genug ein Narr in diesem Thread. Und bin dann raus.