Stellt euch vor, ich stell mich vor.
Ja, jetzt hat's mich auch mal hierher verschlagen – mit einem Nickname, den mir dieses Jahr die Bandkollegen verpaßt haben. Aber der Reihe nach.
Ich bin geboren in dem Jahr, als Tom Oberheim *auf das SEM in Bernies Moogwand zeig* da vier Stück von zusammenzurrte, miteinander verdrahtete und obendrein mit einer Klaviatur verheiratete und das Ganze Four-Voice nannte, und in dem ein schwedisches Quartett (da ist die magische 4 wieder) mit einem anderen weißen Polysynth die Popmusik revolutionierte.
Mein musikalischer Werdegang ist geprägt von Tasten und Elektronik. Im Jahre 0 nach DX7 leckte ich erstmals das Blut der elektronisch erzeugten Musik. Aber nicht in Form einer Kraftwerk-LP, sondern in Form eines Entertainers, der vor sich ein Instrument von japanischer Provenienz und gar mächtigen Ausmaßen aufgebaut hatte und damit auch mächtig umgehen konnte. Wollte ich auch. Andere Kids in meinem Alter fingen mit Blötflocken an, in höheren Kreisen bevorzugte man Klavier oder Geige, aber ich mußte ja unbedingt Orgel lernen. Wozu man sagen muß: Damals war 1. die Gemeine Tischhupe™ noch nicht wirklich leistungsfähig, 2. Orgeln noch cool (und zwar nicht nur deutsche und japanische, sondern auch italienische ab einer gewissen Preisklasse, und als opulenter Wohnzimmerschmuck machten sich mächtige Amiorgeln auch immer gut), 3. Leute wie Franz Lambert und Ady Zehnpfennig noch Prominenz, 4. Mambo Kurt noch gar nicht erfunden und 5. die Zuhörerohren noch nicht romplerverwöhnt. Noch in dem Jahr ging's zum Unterricht, und im darauffolgenden Jahr nannte ich das Modernste mein eigen, das die Orgelschmieden im Dunstkreis von Ancona zu produzieren vermochten. Nicht die größte Italo-Orgel, aber wohl die erste programmierbare, was die Fricklerseele in mir erwachen ließ. Und das Ding hatte Schlagzeugsamples, wie man sie sonst eher von deutschen Luxusorgeln erwartet hätte. Trotzdem war sie ganz Italienerin, also oft kaputt, und wurde etwa zweieinhalb Jahre später gegen ein Zweizentnerungetüm aus dem Lande des Lächelns ersetzt, zu dessen Preis man kaum einen elektronischen Klangerzeuger nicht gekriegt hätte. Ja, das Vieh war teurer als ein Emulator II. Auch nur halb digital, aber mit noch geileren Drums, einem Songsequencer, Floppy-Schnittstelle (und Laufwerk) und fünf (5) String-Ensembles. Und aus heutiger Sicht betrachtet konnten die analogen Teile richtig elektronisch. Ich hab sie heute noch.
Der gerade in der Provinz, in der ich aufwuchs, drohenden Karriere als Alleinunterhalter bin ich schon deshalb von der Schippe gesprungen, weil mich mein Lehrer seinerzeit immer mit dem Genialsten an Instrumenten versorgt hat, das sein Laden hergab, und somit die Fricklerei eher noch begünstigte. Das legendäre KB-800 von JVC hatte ich ebenso unter den Händen wie eigentlich alle größeren Technics-Arranger einschließlich AX7. Nicht nur züchtete das Haus Matsushita die Dinger mehr und mehr zu veritablen Workstations hoch, sondern zu allem Überfluß kam um 1990 die längst fällige vollelektronische Inspiration in Form des eigentlich schon wieder völlig aus der Mode geratenen französischen Großmeisters Jean Michel Jarre. Ich will es mal so sagen: Während andere Jarre auf ihren Hupen auf YouTube nachspielen, bin ich damit sogar zu Schulzeiten vor Livepublikum getreten und hab es in die Lokalpresse geschafft. Na ja, wenn sie sonst nix zu schreiben haben... Und wenn Lanze wüßte, was ich mit gerade erreichter Volljährigkeit aus einem KN2000 geholt hab...
Jedenfalls war nach der Schule Ausbildung dran, nix Musikalisches, aber ich wollte auch zu der Zeit was mit Tasten und viel Elektronik haben. Ein Kumpel riet mir von Arrangern ab und eher zu Workstations. Somit war mein erster Synthesizer schon ein ziemliches Schlachtschiff, eine von einem anderen ehemaligen Schulkollegen übernommene Roland XP-80. Wohlgemerkt, das war nach vielleicht der Hälfte ihrer Bauzeit, und sie hat mich noch mehr als den halben Neupreis gekostet. Geiles Teil, ist sie immer noch (wenn man bedenkt, was Roland den Fantoms alles weggezüchtet hat), aber leider mußte ich bald feststellen, daß die Klangerzeugung mit dem extrem tighten Sequencer nicht mithalten mußte. Ich hatte meinen Job noch nicht mal lange, da mußten mehr Klangerzeuger her. 2001 mangels Liquidität einen b-Virus ausgeschlagen. 2002 räumte ich bei Hamburgs größtem Dealer den Vorführ-KS-Rack ab zu zwei Dritteln des Listenpreises. Bei der Gelegenheit kam gleich noch einer der dort aufgestapelten kleinen süßen Micro Modulars mit, weil ich schon immer was Modulares haben wollte. Wie kongenial der kleine rote Schwede ist, fand ich erst zu Hause beim Schmökern in der Anleitung raus. Als die SR-JV80-Boards für billig verhökert wurden, schlug ich 3× zu, und 2005 trug ich mein nächstes Expansion-Opfer, eine der ersten Kurzweil K2000 (also optisch identisch mit der, für die Jarre Werbung gemacht hat), nach Hause und hatte auch gleich meinen ersten Sampler.
Seit vorletztem Jahr hab ich eine Entschuldigung mehr, mein GAS auszuleben: eine Band, für die ich mein Zeugs doppeln muß. Bei der Gelegenheit fiel mir dann auch endlich ein Virus in die Hände. Und letztes Jahr hab ich dann den überfälligen microKorg-Kauf nachgeholt. Ich war wahnsinnig genug, sechs geladene Akkus (Ansmann 2850 mAh) für Körgchen gleich mitzunehmen. Den Tag hab ich sicherlich einige von euch getroffen, da war nämlich die Synthesizerwelt in Hamburg. Ja, ich war der, der mit dem Korg-Karton rumlief.
Was gibt's noch Wissenswertes über mich? Wie ihr seht, ist mein Synthesizergeschmack gnadenlos gegen den Strich gebürstet. Den Virus find ich gut, die Novation KS auch (obwohl das eigentlich Rompler mit Knöpfen sind, vielleicht auch gerade deswegen), mein einziger Clavia ist kleiner als ein Plugiator, und an meine beiden XP-80 laß ich auch nichts kommen. Umgekehrt spricht mich ein DSI Evolver oder Nord Lead irgendwie nicht an. Trotz Sequencerunterstützung spiel ich gern händisch und hab doch nie eine Klavierausbildung gehabt. Ich bin Jarre-Fan, kann aber deutscher EM wenig abgewinnen.
Mein Lieblingsanaloger: Zu allem Überfluß bin ich so von der Yamaha GX-1 besessen, daß ich mich auf der Synthesizerwelt spontan mal eben in den CS80 verliebt hab. Von einer Playlist auf dem iPod, die nur GX-1-Musik enthält, und einem in Arbeit befindlichen Musikerwiki-Artikel über die GX-1 ganz zu schweigen. Ich hab bis jetzt noch keine in natura gesehen, geschweige denn gespielt, aber fragt mich was, und die Chancen sind gut, daß ich es weiß. Zum Beispiel, daß es heute noch fast unmöglich ist, auch nur die Struktur der GX-1 mit anderen Instrumenten zu emulieren, einschließlich Arturia Origin. Und ich rede noch nicht von den 70 Presets, der Filtercharakteristik (die Dinger öffnen bis 25 kHz) oder den Hüllkurven (so massiv das Teil ist, es hat von allen klassischen Polysynths die schnellsten Envelopes).
Letztlich, warum ich hier bin: Um mal unter mehr Synthesizerverrückte zu kommen, in ein Umfeld, wo nicht jeder dritte N00b MIDI für eine Audioleitung hält. Ich bin zwar kein Schneidersbüro-Kunde, halte den Minimoog nicht fürs Maß der Dinge, und mein einziger modularer Hardwaresynth paßt in den Sequencer eines Moog-Modularsystems rein, generell hab ich einen verqueren Synthesizergeschmack, aber ich hoffe, ich bin hier nicht zu falsch.
motone schrieb:
Moins! Ein Linux-User
Eine noch immer sehr seltene Spezies. Willkommen!
Bin ich auch einer von, nur daß ich Linux (noch) nicht zum Musikmachen benutze.