iconnect MIO4 im Test und Vergleich mit dem iconnect MIDI 4+
Mehr oder weniger unbemerkt hat der kanadische Hersteller iConnectivity gleich 3 neue MIDI Interfaces auf den Markt gebracht, die, anders als bisher, direkt auch schon lieferbar waren.
Es handelt sich dabei um die Modelle MIO2, MIO4 und MIO10.
Schaut man sich die Teile genauer an, so kommen einem zumindest die beiden kleinen Interfaces doch sehr bekannt vor - kein Wunder, sehen sie den Modellen MIDI2+ und MIDI4+ zum Verwechseln ähnlich.
Ich habe mir mal das MIO4 vorgenommen und werde es im Verlauf mit dem bereits hier vorhandenen MIDI4+ vergleichen, ab und zu auch das kleinere MIO2 mit dem MIDI2+.
Die Daten des MIO4 sind mit dem MIDI4+ fast identisch:
- 4x DIN MIDI Paare
- 2x USB Device Anschlüsse für Computer mit je 16 Ports (das MIDI4+ hat hier 3)
- 1x USB Host Port für 8 class compliant USB Geräte
- 1x Netzwerkanschluß
An den USB Host Port kann man einen Hub hängen, um mehrere Geräte anzuschließen, dort geht auch ein classcompliant MIDI Interface dran, somit könnte man auch mehrere Geräte kaskadieren. Am MIDI4+ hatte ich da schon das hier vorhandene MIO (USB-Kabelinterface) Zwecks Erweiterung angeschlossen.
Hier nochmal die Eckdaten von MIDI4+ und MIO4:
Multiport MIDI Interfaces mit USB-Hostport
mehrere Rechneranschlüsse (MIDI 4+: 3, MIDI2+, MIO4, MIO2 und MIO10:2)
Standalone-Betrieb
Routing (mit nur 1 Speicher)
Merging
Filter pro Port, getrennt für Eingang und Ausgang
Channel Remapping pro Port
Controller Remapping pro Port
Netzwerkanschluß (nur MIDI4+, MIO4 und MIO10) für RTP MIDI, nur Client
Auspacken
Das MIO4 kommt im gleichen Karton wie das hier bereits vorhandene MIDI4+, mit dem Unterschied, daß das Netzteil nicht zum Lieferumfang gehört. Auf dem Fach, in dem sich das Netzteil normal befinden würde, steht auch ein entsprechender Hinweis zur Spannungsversorgung über USB. Im Fach findet sich daher auch nur das USB-Kabel.
Wie schon vom MIDI2+/4+ gewohnt, ist im Karton keinerlei Handbuch oder Software drin - was durchaus konsequent erscheint, denn so bekommt man nichts veraltetes mitgeliefert. Handbuch und Software läd man sich auf der Webseite herunter.
In meinem Fall war die Software ja schon auf meinen Rechnern und dem iPad installiert, dazu aber später.
Äußerlichkeiten
Von außen sieht man dem MIO4 die Verwandtschaft zum MIDI4+ direkt an. Nicht nur das Gehäuse ist bis auf die halbe Schwarzfärbung identisch, sondern auch die komplette Rückseite mitsamt den Anschlüssen (6x MIDI DIN, ein USB A und ein USB B). Lediglich fehlt vorne eine USB-Buchse für den Anschluß eines Rechners, das MIO4 kann also "nur" an zwei statt 3 Rechnern betrieben werden.
Der USB Typ B auf der Rückseite trägt die Zusatzaufschrift "Power". Das MIO4 kann also über diesen Port über USB mit Spannung versorgt werden, denn dort ist, wie beim MIDI4+, der Anschluß des Hauptrechners vorgesehen.
Auf der Unterseite findet man, wie beim MIDI4+ auch, ein Gewinde für die Befestigung auf einem Stativ oder in einer Rackwanne. Beim MIO2 und dem MIDI2+ ist das ebenfalls so. Es handelt sich dabei um den in der Fotografie üblichen Anschluß mit 1/4" Gewinde.
Beim MIO2 gibt es auf der Rückseite einen Unterschied zum MIDI2+: Es hat keine Buchse für ein Netzteil, kann also nur über USB gespeist werden.
Ich vermute mal, daß innen sogar bei Beiden die Hauptplatine der Modelle MIDI2+ und 4+ zum Einsatz kommt und nur entsprechend von der Bestückung her angepasst wurde - ebenso in der Firmware natürlich. Die Möglichkeit, das Interface über die hintere USB-Devicebuchse mit Spannung zu versorgen, dürfte aber eine Änderung der Platine nötig gemacht haben, außer, es wäre schon vorher geplant gewesen.
Erste Inbetriebnahme
Nachdem ich keine Lust hatte, das Netzteil meines MIDI4+ aus dem Rack rauszufrickeln, habe ich daher USB genutzt, aber erstmal ohne Rechner. Natürlich war ich neugierig und wollte wissen, ob sich das MIO4 ohne Netzteil am iPad betreiben läßt - Fehlanzeige, braucht also mehr als 300mA Strom. War zu erwarten, aber ich wollte es halt auch mal wissen. Ob das mit dem MIO2 geht, konnte ich mangels dessen bisher nicht testen.
Also über den hinteren Port ran ans USB-Netzteil und das iPad via CCK und einem USB-Kabel an den vorderen Anschluß gesteckt, das schon vorhandene iConfig gestartet, welches das Interface auch sofort erkennt. Das MIO4 ist also eindeutig aus dem MIDI4+ abgeleitet und nutzt offenbar auch das gleiche Sysex-Datenformat (was ja sinnvoll ist). Scheint auch so, daß diese neuen Interfaces schon länger in Planung sind, und im für alle aktuellen Interfaces gültigen MIDI Sysex Datenformat werden interessanterweise die Product IDs nicht im Detail gelistet.
Da ich die App von der Bedienung her ziemlich bescheiden finde, nehme ich mir einen meiner Rechner, auf dem ebenfalls iConfig installiert ist, aber nicht in der aktuellen Version 4.20, sondern in der vorigen 4.13. Auch diese erkennt das MIO4 sofort und kann auch alle Parameter einstellen.
Ich habe dann aber auch mal die aktuelle Version aufgespielt, und die zeigt dann auch ein Bild der Front des Interfaces im Infodialog an. Der Rest der Software hat sich (leider) nicht geändert und auch die Namen der MIDI-Ports, besonders die der über USB, ist wieder so seltsam wie beim MIDI4+ im Auslieferungszustand. Im Handbuch wird gesagt, das ist Absicht, damit man bei den USB Ports gleich sehen kann, wo sie hingeroutet sind. Die Idee hat durchaus was für sich, ich hab aber die Ports lieber eindeutig bezeichnet. Für alle, denen es genauso geht, habe ich mal eine Datei mit sinnvolleren Default Names erstellt und diese hier angehängt. Fürs MIDI4+ habe ich sowas auch, stelle ich hier ebenfalls bereit.
Bei dieser Gelegenheit mußte ich feststellen, daß die Datenformate der beiden Interface nicht miteinander kompatibel sind - eigentlich bei so nahezu identischen Geräten unverständlich. Zumindest hätte man das MIO4 die Daten des MIDI2+ einlesen und den Rest ignorieren lassen können - das MIDI Sysex Format ist ja auch identisch. Noch seltsamer ist, daß beim MIO4 immer zwei Dateien pro Preset gespeichert werden, wo das MIDI4+ nur eine Datei speichert (und mehr kann als das MIO4). Eigentlich verstehen die Jungs bei iconnectivity ihr Handwerk, aber offenbar können die besser embedded Hardware entwickeln als Desktopsoftware.
Was übrigens noch seltsamer ist: das extra von iconnectivity für die MIDI2+, 4+ und Audio 4+ entwickelte Lightning Kabel für iOS-Geräte funktioniert nicht am MIO4, während die Kombi aus CCK und USB-Kabel geht. Ich halte das für einen Bug und werde ich mal nachfragen, denn eigentlich kann man solche Kombikabel ja schon im Detail einstellen, was sie dann dürfen und was nicht. Da wird's wohl um die Ladefunktion gehen. Bin mal gespannt, was ich von denen als Antwort bekomme. Liegt vielleicht einfach nur an der Firmwareanpassung, daß man das schlicht rausgenommen hat, statt es anzupassen.
Ich bin ja normal auf dem Mac unterwegs, habe aber auch zwei Windowsmaschinen hier, und da eine davon mit Win7Pro läuft, habe ich dort mal iConfig 4.20 installiert - um damit eine Bauchlandung hinzulegen. Vom Programm wird nämlich Visual C 2013 Runtime installiert, aber da hakt es noch etwas, denn bei Programmstart bekam ich die Meldung, daß eine msvp100.dll fehlen würde. Nach etlichen Probieren mit erneutem Installieren und DLLs manuell runterladen, ohne daß es half, habe ich schließlich All in One Runtimes von sereby.org installiert und siehe da, jetzt lief die Software. Irgendwas stimmt aber noch nicht, den die Menüpunkte für Laden und Speichern von Presets sind ausgegraut. Ok, noch ein Ticket bei iconnectivity öffnen.
Die Unterschiede
An dieser Stelle mal etwas zu den Unterschieden. Weiter oben hatte ich bereits geschrieben, daß die neuen MIO2 und MIO4 aus den MIDI2+ und MIDI4+ abgeleitet sind, aber hier mal konkret zu den Unterschieden:
-Kein Audiopassthru
-2 statt 3 Deviceports beim MIO4
-kein Netzteilanschluß beim MIO2
-Netzteil beim MIO4 optional
-keine Ladefunktion für iOS Geräte an den Deviceports (das Lightning-Kabel aus dem eigenen Hause funktioniert komplett nicht mit den MIOs, was ich für einen Bug halte)
-MIO4 kann per USB mit Spannung versorgt werden (nur hinterer Port)
Im Betrieb
Eigentlich muß ich das Ding nicht wirklich auf Herz und Nieren testen, habe ich doch das MIDI4+ bei mir im Betrieb, seit es auf dem Markt ist, aber ich will das trotzdem mal tun, einfach aus Neugierde, zumal ich das MIDI4+ nicht komplett ausnutze.
Daher habe ich mir mal mit den lose rumstehenden Geräten ein Setup gebaut:
Yamaha RX120 an DIN1 (nur Ausgang)
Ensoniq SQ2 an DIN2
Yamaha TQ5 an DIN3
Microwave XT an DIN4
BeatStep Pro am USB Host Port
Ein Rechner oder iPad hängt am vorderen Deviceport, um das Gerät zu konfigurieren.
Im MIDI Infofenster werden bei den Hostports alle angeschlossenen Geräte namentlich angezeigt, zudem kann man pro Hostport auch die Geräte fest reservieren, damit sie immer auf dem gleichen Port landen (wichtig fürs Routing).
Im Auslieferungszustand werden ja alle Ports auf alles geroutet, sodaß man beim Anschließen erstmal direkt loslegen kann. Außerdem ist das ein guter Test, ob bei dieser Art Verteilung das Timing in die Knie geht. Eine Schaltfläche, mit der man alle Routings für den jeweiligen Port einfach löschen oder auf Default setzen kann, fehlt hier leider.
Der Beatstep Pro sendet ja MIDI Clock, die RX120 kann diese ebenso empfangen wie auch der Ensoniq SQ2 und auch der Microwave XT. Die Clock geht aber an alle 4 MIDI Ports und ebenso an alle USB Devices (16 Ports) und die 8 Host Ports.
Bei einem ersten Testaufbau hatte ich den BSP an meinen Novation KS-5 dran, und beim Stoppen haut der BSP jedesmal einen Controller raus, der mir den Sound beim KS verstellt. Also per MIDI Monitor den Übeltäter gefunden und gleich mal einen Filter im MIO4 gesetzt. Den kann man entweder am Ausgang des BSP oder am Eingang des KS setzen. Ich habe mich für den Ausgang des BSP entschieden, dann kann dieser Controller auch beim nächsten Testaufbau keinen Schaden anrichten.
Wie bei einer MIDI Patchbay auch, muß man bei solchen Sachen wie Filtern und Routings immer vom Interface ausgehen, also sind die Ein/Ausgänge umgekehrt, denn zB der BSP hängt ja mit seinem Ausgang an einem Eingang des MIO4. Demzufolge muß ich auch den Filter am Eingang des ersten Host-Ports setzen, der hier normal HST1 heißt, ich aber auf BSP umbenannt habe.
Ich wähle also den Reiter "MIDI Controller Filters", den Filter Type "Input", gehe auf den Hostport "BSP" und stelle im Klappmenü den General Purpose Controller 4 ein, den der BSP beim Stoppen auswirft. Dies geht im laufenden Betrieb, passiert aber etwas verzögert, da die Software die Befehle nicht sofort sendet - was durchaus sinnvoll ist, gerade wenn man mehrere Sachen ändert.
Das oben beschriebene Testsetup habe ich nun mit einer Sequenz aus dem BSP befeuert, welches alle Instrumente gleichzeitig abspielten - was natürlich ein heilloser Krach war, aber ohne irgendwelche Effekte, die auf Verzögerungen hindeuten würden.
Jetzt wollte ich, daß die RX120 nicht mit startet, also setze ich bei den Port Filtern am Ausgang zur RX120 den Klick bei System Realtime und schon bleibt sie stehen.
Als nächstes bringe ich einen weiteren Hardwaresequenzer ins Spiel, einen meiner beiden Kawai Q-80. Da ich aber keinen Anschuß am MIO4 mehr frei habe, schnappe ich mir das MIO und schließe es ans MIO4 an - in diesem Fall über einen USB Hub, da der Hostport ja bisher mit dem BeatStep Pro belegt war. Vorher noch in der MIDI Info das Häkchen bei "Enable routing between ports on multi-port USB devices" setzen, damit das auch so funktioniert, wie ich das vorgesehen hatte. Damit das frisch angesteckte MIO auch bei den Hostports angezeigt wird, mache ich 1x "reread settings" und schon ist es da. Nebenbei: Das am MIO4 angeschlossene MIO wurde durch die Software erkannt und sogar ein Firmwareupdate durchgeführt!
Q-80 starten, Sequenz laden und abfahren - läuft.
Q-80 auf externe Clock stellen, BSP starten - läuft auch.
Ich könnte ja noch die eingebauten Sequenzer von SQ-2 und TQ5 an die Clock hängen, aber das wäre gerade zuviel des Guten. Geht ja vor allem auch darum, daß bei Clockausgabe auf allen Ports gleichzeitig keine Verzögerungen auftreten.
Im Rahmen meines Drumcomputer Kreuz-und Quer-Tests (der noch nicht veröffentlicht ist) habe ich auch das MIO4 mal drangehängt, und zwar folgendermaßen:
TD-8: DIN1
RY20: DIN2
DR-770: DIN3
SR-16: DIN4
SR-18: MIO an HST
Hier habe ich ebenfalls, wie beim Setup mit dem Q-80 beschrieben, das einfache MIO als Erweiterung am USB Host Port eingesetzt. Hier könnte ich auch mein MIDI4+ oder jedes andere, x-beliebige classcompliant MIDI Interface einsetzen und es auch im Routing integrieren.
Es gab bei diesem Aufbau keinerlei Verzögerungen durch MIDI selbst.
Zu MIO2 und MIO10:
Das hier Gesagte gilt auch für das größere MIO10, welches einem erweiterten MIO4 entspricht, nur daß es statt der 4 DIN-MIDI Ports 10 davon hat. 7 davon befinden sich auf der Rückseite, 3 davon vorne. Die USB-und Netzwerkanschlüsse sind die Gleichen wie beim MIO4. Das MIO10 ist 19" 1HE, während MIO4/MIDI4+ Halfrack sind und die beiden 2er nochmal die Hälfte. Das MIO10 wird aber trotzdem mit einem externen Netzteil betrieben. Das MIO2 ist mit dem MIDI2+ bis auf den Netzteilanschluß identisch, muß also immer über USB versorgt werden, während man beim MIDI2+ die Wahl hat.
Genereller Hinweis zu Arturtia-Geräten:
Arturia hat leider bei seinen Geräten zwar USB classcompliant ausgelegt, aber so seltsam, daß es, wenns am Hostport des Interfaces hängt, nicht erkannt wird. Der BeatStep Pro zB meldet sich mit 2 Ports an, einer davon nennt sich BeatStep Pro Editor. Der macht eigentlich nichts, außer daß er der Software anzeigt, daß das Gerät am Rechner angeschlossen ist. Erst wenn dieser Port erkannt wird, spricht die Software MCC das Gerät an, mit ganz normalen MIDI Sysex Befehlen.
Was ich noch nicht probiert habe ist, ob man zB bei OSX im MIDI-Setup einen virtuellen Port des gleichen Namens anlegen kann und den normalen Port entsprechend routet, sodaß man nicht umstecken muß.
Fazit:
Sowohl das MIO4 als auch das MIDI4+ (und auch die anderen Modelle wie MIO10, MIO2 und MIDI2+) sind sehr gute MIDI-Interfaces mit Qualitäten einer MIDITemp Patchbay, was Timing, Filterung und Routing angeht, gehen also über normale MIDI Interfaces hinaus, da auch standalone verwendbar. Leider kann man im Gegensatz zu einer richtigen MIDI Patchbay wie einer MIDITemp nur ein Setup im Gerät speichern.
Welches soll man nun nehmen?
Ganz einfach: Wer die ganzen iPad-Zusatzfeatures wie Audiopassthru nicht braucht, ist mit MIO2, 4 und 10 bestens bedient.
Wer ein iPad im Setup hat und das auch entsprechend nutzen möchte, für den sind MIDI2+ und MIDI4+ die passende Wahl.
Ich hatte mir, wie ja hier zu Anfang zu lesen war, das MIDI4+ gekauft und das immer noch im Einsatz, ebenso das MIO4 neu dazubekommen, würde mir aber heute, wo ich das iPad nicht mehr so nutze, wie mal angedacht, würde ich das MIO4 nehmen, mir reichen 2 Computeranschlüsse völlig aus.