AnalogueLab schrieb:
Deswegen klingt vielleicht z.B. Arrangement eines Hardwaretracks -erwachsener- als das, das man in einer DAW hinbekommt. (...) Ein Musiker oder fortgeschrittener Musikhörer empfindet ein klassisches patternbasiertes Hardwarearrangement vermutlich als komplizierter und dementsprechend besser.
Steile These. Und durch je 50 Testhörer wird dann aus bloßem Rumbehaupten echte Wissenschaft?
Die Grundidee, dass patternorientierter Aufbau von Tracks oft einen höheren musikalischen Abstraktionsgrad erfordert, finde ich hingegen nicht abwegig. Auch kann ich mir vorstellen, dass die Fragestellung durchaus spannend ist zu gucken, inwieweit sich verschiedene Methoden zur Sequencierung auf das musikalische Ergebnis niederschlagen.
=> Nur hat das das halt eher wenig mit der Diskussion "Hardware vs Software" zu tun - und mehr mit dem konkreten Werkzeug. Echt jezz.
* Moderne Workstationsequencer ("Hardware") sind heutzutage kaum noch patternorientiert.
* Es gibt jede Menge patternorientierte Software-Sequencer, mit teils sehr bedeutenden Unterschieden in der Bedienung und grundsätzlichen Arbeitsweise
* Es gibt sogar ernsthafte Produzenten, die mit Trackern oder Fruity Loops (Software) komplette Produktionen fahren.
* Reine "Hardware-Sequencierung" ist in der Praxis echter Musikproduktionen, ähem: Sehr selten und tendenziell auch eher ein Vorgehen von Gestern...
* Vielleicht ist es sogar so, dass diejenigen Musiker, welche im Bereich Arrangement und Sequencierung Hard- und Software
mischen (ähem: das ist ziemlich normal, nicht nur bei Leuten, die mit Modularsynthesizern arbeiten), eventuell ein noch höheres musikalisches Abstraktionsniveau haben. Keine Ahnung, aber durchaus denkbar.
* Dann könnte auch behauptet werden, dass das musikalische Genre (z.B. Jazz vs Hands Up) noch
deutlich eher prägt, mit welchem musikalischen Abstraktionsniveau gearbeitet wird.
* Wer als Komponist tatsächlich komplette Jazz-Produktionen veranstaltet, der wird mit ziemlicher Sicherheit (aber: sicher ist hier garnichts!) keine Grooveboxen und MPCs einsetzen, wie sie dem Threadersteller vorschweben - sondern eher eine ganz herkömmliche DAW. Mit anderen Worten, zwischen einer patternorientierten Arbeitsweise und dem musikalischen Abstraktionsgrad besteht imho eine eher nur schwache Korellation.
Ich glaube, dem Thredersteller bzw. SAE-"Forscher" tut die kritische Diskussion hier durchaus gut - und er täte gut daran, seine für die SAE-Arbeit gewählte Fragestellung und von ihm gewählten Prüfverfahren (Testhörer)
gründlich zu überarbeiten. Jedenfalls halte ich es für einen erwägenswerten Vorschlag, dass er seine SAE-Arbeit um "Interviews mit Produzenten" erweitert. Das wird auch deutlich einfacher, als sich viele Dutzend Musikstücke mit imho sehr engen und realitätsfremden Anforderungen, einzuwerben. Außerdem lassen sich damit prima Seiten füllen, und ein halbwegs fitter SAE-Dozent findet das i.d.R. relativ spannend. Vielleicht sollte er auch eher
schon bestehende Musikstücke einwerben (für die Arbeit) und sich von deren Produzenten dann im Detail erklären lassen, wie hier sequenciert und arrangiert wurde. Die Unterschiede kann er dann hinterher in seiner Arbeit ausdeuten.
Mit 100 Testhörern hingegen, in Verbindung mit einigen Dutzend Produzenten, die extra für den SAE-"Forscher" je zwei völlig unterschiedlich produzierte Musikstücke komponieren/produzeren:
Damit wird es
sehr schwer, a) an irgendwelche belastbaren Aussagen zu gelangen. Schwer wird es auch, diese SAE-Arbeit überhaupt durchzuführen. Es werden sich da nämlich kaum Produzenten finden, die sich solche Mühe machen werden...- da bin ich mir ziemlich sicher. Wenn es dann doch geklappt hat (das wäre bereits eine Riesenleistung!), dann werden die vermeintlichen/tatsächlichen Untersuchungsergebnisse schwerlich auch nur ansatzweise valide sein. Um es ganz krass zu sagen: So blöde ist kein SAE-Dozent, dass ihm der gravierende konzeptionelle Mangel bei dieser "Forschungsarbeit" mit Testhörern verborgen bleiben wird.