Defekter? Kopfhörerverstärker

Ok, ich hatte sowas befürchtet... :sad:. Die Angaben zur Strombegrenzung sagen mir nichts, da bin ich viel zu wenig drin im Thema. Aber ich hoffe natürlich, dass es ohne allzuviel Aufwand noch reparabel ist... Danke schonmal für die erste Expertise!!
 
So, heute hatte ich etwas Zeit und konnte das Geräte erstmal öffnen. War ein ziemlicher Akt, da der Reglerknopf angeklebt war. Mit Heißluft und nem Plektron ging es dann aber doch runter. Tja, un dann hatte ich das Gehäuse offen und es gab erstmal eine Überraschung: Da ist nämlich gar kein TDA7492 drinnen. Bis auf den PIC und die Buchsen ist das eine vollkommen andere Schaltung als von dem Schaltplan. Ich habe mal die Webseite von Sure durchgewühlt. Es gibt dort zwei ähnliche Produkt:
So, und jetzt ratet mal, welcher Verstärker IC auf der Platine sitzt :) ... ein TA2024. Vergleicht man die Bilder, so sieht das Gehäuse aus wie beim TDA7492, drinnen ist aber nur der TA2024. Wenn man bei Sure in der großen Produkt-Liste schaut, dann fällt einem bei beiden Verstärkern ein kleines "Disc." Bapperl auf. Ich vermute mal das beide Produkte eingestellt sind und nur noch Restbestände verkauft werden. So, und die Sache mit TA2024 hat einen Haken. Dazu weiter unter jedoch mehr. Erstmal die Bilder:

sure_geoffnet.jpgsure_unten.jpgsure_platinen_a.jpgsure_platinen_b.jpg
Kommen wir nur mal zu den ersten Erkenntnissen:
  • Die Schaltung ist wie gesagt vollkommen anders aufgebaut als beim TDA7492. Anders als bei den Schaltplänen von oben gibt es schon mal keinen Entstörfilter im Eingangsbereich. Was direkt auffällt ist, dass alle Elkos vermutlich nur bis 16V (Das Marking ist etwas merkwürdig) Spannungsfest sind. D.h. Das Gerät darf nicht mit mehr als 16V versorgt werden. So steht es auch auf der Produktseite von Sure für das TA2024 Modell. Von daher könnte das Testen mit den verschiedenen Netzteilen schon zum Problem geworden sein, wenn ich mich recht erinnere waren da auch 19V bei.
  • Die Stromversorgung ist vollkommen anders aufgebaut: Vom Hohlstecker aus geht es über eine Diode auf die Positive Spannung. Daraus dann die Stromversorgung für den PIC mit 5V Regler, zu dem TA2024 und auf einen NCP3063 welcher eine negative Spannung erzeugt. Die Positive und negative Spannung werden dann per LM317/LM337 auf +-9V geregelt wird. Mit diesen +-9V werden dann die zwei Kopfhörerverstärker betrieben. Außerdem wird aus den +-9V per weiterem LM3317/337 die +-5V für die Lautstärkeregelung erzeugt.
  • Der Kopfhörerverstärker besteht aus identischen Kanälen für Links und rechtes. Jeder Kanal ist mit einer Kombination aus LME49710/LME49600 aufgebaut. Gar nicht schlecht, das sind richtig gute Kopfhörerverstärker ICs. Mich irritiert allerdings, das diese mit National Semiconductor Logos gelasert sind. National Semiconductor wurde 2011 von Texas-Instruments aufgekauft. Entweder Altbestände oder Fälschungen?
  • Lautstärkeregelung erfolgt mittels eines PGA2311. Auch dieser ist merkwürdigerweise noch mit Burr-Brown Label gelasert obwohl bereits Burr-Brown 2000 von TI aufgekauft wurde
  • Der TA2024 bedient dann die Lautsprecheranschlüsse. Zu der Firma Tripath ist auch nicht mehr viel herauszufinden, ich glaube aber, die gibt es eigentlich auch schon seit Jahren nicht mehr.
  • Zu guterletzt der PIC16F57 der alles steuert.
  • Die Schaltung hat wohl einen Fehler, der wurde professionell mit Draht und Cutter korrigiert ;-) (Sowas habe ich aber auch schon in Siemens Industriebaugruppen gesehen)
Grob zusammengefasst handelt es sich also nicht um das Gerät wie es im Angebot beworben wurde. Falls der Kopfhörerverstärker aber tatsächlich mit Original ICs bestückt wurde könnte er sogar besser ein als der in der TDA7492 Variante. Der Verstärker für normale Boxen ist jedoch gruselig. Der schafft maximal 15W an 4 Ohm, allerdings bei 10% Klirr. Lt Datenblatt schafft er 11W an 4Ohm bei 0.1% Klirr@1kHz. Schaut man genauer hin ist der Frequenzgang aber gruselig. Kein Wunder, der TA2024 ist einer der ersten Digitalverstärker ICs die Technik ist heute viel WeiterMein Fazit: Eventuell als Kopfhörerverstärker zu gebrauchen, für normale Boxen, naja...

Ich versuche demnächst dann mal den Fehler zu finden, also wo der Kurzschluss herkommt.
 
Wow! Bin sprachlos angesichts der Fachkenntnisse. Also das 19V Netzteil hatte ich höchstens mal für 10 Sekunden dran. Aber auch nur, weil ja in den Specs stand, dass alles zwischen 9 und 20 Volt (angeblich) funktioniert....
 
Es sind sowohl der TA2024 Verstärker ICs als auch der NCP3063 durchgebrannt Bei ersterem hat der Kanal 1 einen Kurzschluss, bei letzterem gibts Durchgang von VCC nach GND. Man kann nur vermuten wie es dazu kam. Überspannung auf der 12V Schiene kann ich mir nicht vorstellen, der NCP3063 hält bis zu 40V aus, da wären die Kondensatoren längst durch gewesen. Außerdem sind die LM317, die ebenfalls an den 12V hängen in Ordnung. Möglicherweise hat jemand an die Lautsprecherbuchsen von Kanal 1/Links eine Spannung angelegt. Das hätte dem NCP3063 aber eigentlich nicht weh tun sollen.
Ich habe die defekten ICs mal ausgelötet und den Rest manuell mit Labornetzteil bestromt. Der Kopfhörerverstärkerteil scheint noch in Ordnung zu sein. Allerdings ist die Lautstärke scheinbar für Schwerhörige ausgelegt. In der leisesten Stellung waren meine DT660 schon deutlich über normaler Hörlautstärke. Die LME sind auf Verstärkung 11 eingestellt, das erscheint mir viel zu hoch für einen Kopfhörerverstärker, die Beispielschaltungen arbeiten alle mit Faktor 1.
Man könnte zumindest die Kopfhörerfunktion wieder reparieren indem man den NCP3063 tauscht. Ersatzteil wäre für ca. 1,50 bei Mouser bestellbar. Ich denke nicht, dass es sich lohnt den TA2024 zu beschaffen. Das ist nach heutigen Maßstäben ein ziemlich schlechter IC
 
Ich möchte mich gerne abschließend nochmals zu Wort melden. Erstmal vielen Dank an alle, die hier Input geliefert haben. Besonders jedoch an Andreas, der sich den Amp angeschaut hat. Mehr noch: Demontiert, durchgemessen, analysiert…. usw.. Toller Job, auch wenn das Ergebnis letztlich desaströs war.

Nebenbei als Warnung: So kann es einem also ergehen, wenn man bei einem Gebrauchtkauf auf Kleinanzeigen ins Klo greift. Der Verkäufer hatte in der Anzeige blumig vom tollen Klang des Amps geschwärmt. Im Verlauf der Geschichte stellte sich dann heraus, dass er den Amp selbst gebraucht gekauft hatte (was grundsätzlich ja sein kann und darf), aber er ihn nicht einmal ausprobiert hatte, sondern irgendwann (an mich) weiterverkauft hat. Von wegen toller Klang und so….

Sein letzter Kommentar war, ich solle mich doch gefälligst an den Vorverkäufer wenden, er könne ja auch nichts dafür. Okay, schluss jetzt, ich hab den Kaufbetrag als Lehrgeld verbucht.

Es war übrigens das erste Mal, dass mir sowas in vielen Jahren auf KLZ passiert ist. Also einfach Pech.

Danke Leute!
 
So gestern kam das Mouser-Päckchen. Den NCP3063 flugs ersetzt und Strom drauf :cry:! Geht immer noch nicht bzw nur sporadisch. Hab dann nochmal genauer nachgeschaut, tja und dann ... der NCP3063 kann dort original gar nicht drin gewesen sein. Keine Ahnung wa se da gemacht haben jedenfalls hab ich noch ne Leiterbahn durchgekratzt und einen Widerstand umgelötet und siehe da... nun tuts. Zum Klang, naja also das Teil scheint für 600 Ohm Kopfhörer gemacht zu sein, das Lautstärkethema hatte ich ja schon. Leider ist es so, das die PWM-Dimmung der Leds massiv Störgeräusche produziert. Das haben die Chinesen dann wohl selbst auch gemerkt, deswegen gehen die Leds nur an während man am Regeler dreht. Und jetzt wirds lustig: Schaltet man den Verstärker durch Drücken des Reglers aus, dann geht die Leds dauerhaft an. Führt dazu, das der Verstärker im Standby mehr Strom braucht als im Betrieb :D Klanglich fehlen mir persönlich irgendwie die Bässe.
 


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