Die Geschichte einer TB 303

Vor einigen Jahren kam ich auf die Idee einen TB-303 Clone zu kaufen, nachdem ich mit der Audiorealism Bassline (Software Clone) schon einiges gemacht hatte. Einige von euch haben mir die Acidlab Bassline empfohlen, die jedoch erst einen Monat später lieferbar war. Also guckte ich von Zeit zu Zeit bei Ebäähh nach einer originalen TB-303 und wurde in UK fündig. Kurz entschlossen habe ich den Verkäufer angeschrieben und mich über den technischen sowie optischen Zustand informiert. Damals habe ich nachgefragt ob schon einmal Batteriesäure im Gerät ausgelaufen ist und ob alles funktioniert. Der Verkäufer bestätigte mir, dass das Batteriefach "clean" ist. Insgesamt sah die Kiste auf den Ebäähh Fotos gut aus und daher habe ich mit geboten. Letztendlich habe ich den Zuschlag erhalten. Danach habe ich das Geld überwiesen und gehofft, dass die kleine Silberkiste den Weg zu mir nach Hause findet. Nach ca. 2 Wochen war es soweit. Der Nachbar stand vor der Tür und drückte mir ein Paket mit einem englischen Post-Label in die Hand. Aufgeregt wie ein kleines Kind habe ich das Paket angenommen und gleich geöffnet. Die kleine Silberkiste war sehr gut verpackt und wurde nicht beschädigt. Alle vereinbarten Teile wurden vom Verkäufer geliefert. Als erstes nahm ich die kleine silberne Box und schloss sie an meine Anlage an, um mal zu hören was da so alles an "Presets" :) vorhanden ist. Noch vom geilen Sound völlig benebelt nahm ich dann die Batteriefachabdeckung heraus um mir das Batteriefach anzusehen. Dort befanden sich schon einige verdächtige braune Flecken, die Böses erahnen ließen. Eigentlich wollte ich diese teure Kiste nicht öffnen um sie nicht zu beschädigen, jedoch überwog meine Neugier. Also habe ich die Kiste aufgeschraubt und traute meinen Augen nicht. Das Batteriefach war voll mit Batteriesäure, die im Laufe der Jahre die Batteriespiralfeder stark angefressen hat. Außerdem lief die Batteriesäure am Gehäuserand entlang und hinterließ auch dort ihre Spuren. Doch seht selbst:

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Da beschloss ich die Kiste erstmal komplett zu zerlegen und die Gehäuseteile gründlich zu reinigen. Das ist mir auch sehr gut gelungen, wie man auf den Fotos sehen kann. Insgesamt hat mich das Reinigen 3-4 Stunden gekostet. Ich wollte einfach die komplette Säure entfernen und die war relativ schwer abzulösen. Nachdem ich dann eine saubere Kiste hatte, habe ich alles wieder zusammengesetzt. Die zerfressene Batteriespiralfeder habe ich erstmal nicht wieder eingebaut.

Zwischenzeitlich habe ich mich auf die Suche gemacht eine neue Batteriespiralfeder zu bekommen. Ich habe wirklich alle Möglichkeiten bezüglich der Beschaffung überprüft. Keiner konnte diese verdammte Spiralfeder liefern. Als letzte Option habe ich mich dann an den Roland Service gewandt, der mir doch noch eine Spiralfeder beschaffen konnte, damit hatte ich nicht gerechnet. Die nachfolgenden Tage habe ich dann versucht mich in die Kiste einzuarbeiten, was soweit auch kein Problem war. Die einzige Schwierigkeit war das Programmieren der Notenlängen im "Time Mode". Die Kiste wollte das Pattern schon nach der Eingabe von 14 oder 15 von 16 Noten beenden. Außerdem blinkten die LED's der oberen Reihe unkontrolliert, was mich schon in Panik versetzte. Ich dachte: "Die Kiste ist defekt und der Verkäufer hat Dich richtig beschissen ! Jetzt sitzt der auch noch in England und Du kannst nicht mal vorbei fahren um Deinen Zorn freien lauf zu lassen :)". Ich habe dann im I-Net nach entsprechenden Seiten gesucht, auf denen über ähnliche Probleme berichtet wurde. Leider habe ich nicht viel gefunden. Am Ende hatte ich eine EMail Adresse von jemanden, der MIDI Interfaces in die Silberkisten einbaut. Den habe ich gefragt, was es mit dem unkontrollierten Flashen auf sich hat. Er meinte nur "Ja, das ist normal bei den alten Kisten.....". Also gab ich mich erstmal damit zufrieden und versuchte einige Tage später weitere Pattern einzuprogrammieren. Dabei merkte ich, dass die Taster das Problem sein müssen. Wenn ich die Taster nur ganz kurz betätigte, dann konnte ich tatsächlich ein vollständiges Pattern programmieren. Drückte ich den Taster jedoch etwas zu lange, dann hat die Kiste immer gleich mehrere Steps hintereinander bedient. Insgesamt habe ich manchmal 5-6 Anläufe gebraucht um ein Pattern zu definieren. Danach konnte ich beim Abspielen nicht in Echtzeit transponieren, weil auch der Pitch Taster nicht richtig funktionierte. Insgesamt waren bestimmt 50% der Taster nicht mehr in Ordnung. Das ganze hat mich so genervt, dass ich mich entschlossen habe die Taster auszuwechseln. Dazu habe ich mir dann erstmal einen kompletten Tastersatz beschafft.
Auf den nachfolgenden Bildern habe ich versucht die einzelnen Schritte der Restauration der TB-303 einzufangen. Für erfahrene Bastler ist das sicherlich eine triviale Geschichte, aber ich denke für den unbedarften Musiker ist es schon mal interessant zu sehen, wie man mit einfachen Mitteln seine Geräte wieder in Ordnung bringen kann.

Als erstes benötigt man das Werkzeug um die Reparaturen durchführen zu können:

a) Lötkolben mit Lötzinn (hier 16 Watt)
b) Lötabsaugpumpe
c) Kreuzschlitzschraubendreher
d) Zange
e) Pinzette

00_tools.jpg


Das Reinigen des Gehäuses habe ich hier nicht dargestellt. Ich habe dafür eine alte Zahnbürste, feines Schleifpapier sowie verschiedene Haushaltsreiniger verwendet.

Zu Vorbereitung der ganzen Aktion gehört dann selbstverständlich noch das Prüfen des einzubauenden Materials. In meinem Fall ist es mit einer einfachen Durchgangsprüfung der Taster getan. Ich habe alle Taster vor dem Einbau überprüft, damit ich hinterher keine unangenehme Überraschung erlebe.

08_24_switches.jpg


09_check_switches.jpg


Der erste Arbeitsschritt ist also das Öffnen der Box, das mit insgesamt 6 Schrauben relativ einfach ist. Nachdem alle Schrauben gelöst wurden, kann man beide Gehäuseteile auseinander klappen. Aus dem Batteriefach muss dann noch die Klemme für den Pluspol (rechts) und die Spiralfeder (links) entfernt werden. Beide Teile können nach oben herausgezogen werden. Danach kann man das komplette Platinen-Sandwitch entnehmen.

07_open_case.jpg


Um nun das Switchboard bearbeiten zu können, muss man das Switchboard vom Mainboard abheben. Dabei ist zu beachten, dass man beim Abheben des Switchboards die drei weißen Klemmstifte zusammendrückt. Danach kann man das Switchboard etwas schräg nach oben klappen. So ist es möglich die Taster auszuwechseln, ohne weitere Kabel entfernen zu müssen. Ich habe mir dann einen Sortierbox als Auflage für das Switchboard hinzugeholt, damit ich das Switchboard vernünftig bearbeiten konnte.

11_remove_old_switches.jpg


Als nächster Schritt kommt dann das Herauslöten der alten Taster. Dazu benötigt man die Lötabsaugpumpe, die für das Absaugen des flüssigen Lötzinns an der Lötstelle zuständig ist. Da ich das vorher noch nicht gemacht hatte, habe ich erstmal an einer alten Platine geübt. An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass man beim Absaugen evtl. nicht das gesamte Lötzinn erwischt. Dann muss man in mehreren Anläufen versuchen so viel wie möglich abzusaugen. Nach dem Absaugen des Lötzinns muss man nun die Taster aus der Platine entfernen, was nicht so einfach ist, da die Pins der Taster am Ende nach innen gebogen sind.

10_single_switch.jpg


Ich habe mir damit beholfen, die Pins mit dem Lötkolben von hinten aus der Platine zu drücken.

12_press_out_switches.jpg


Dabei muss man aufpassen, dass man mit dem Lötkolben nicht abrutscht und die Platine beschädigt. Wenn man nun alle Pins durchgedrückt hat, kann man die Platine umdrehen und den Taster mit einer Zange vorsichtig heraus ziehen.

13_pull_out_switch.jpg


Nach dem Ausbau des vierten Tasters, hat sich bereits eine gewisse Routine eingestellt, so dass die restlichen Taster dann auch zügig entfernt werden konnten.

14_switch_board_01.jpg


15_bass_line_is_watching_me.jpg


16_switch_board_02.jpg


17_switch_board_03.jpg


18_switch_board_04.jpg


Nach dem sauberen Entfernen der alten Taster werden die neuen Taster auf die Platine gesteckt. Das geht relativ einfach. Die Pins der Taster werden einfach durch die entsprechenden Löcher der Platine geschoben. Die Taster werden dann einfach gegen die Platine gedrückt bis sie einrasten. Ein falsches Einbauen der Taster ist nicht möglich, da sie mit Arretierstiften ausgestattet sind:

19_new_switches.jpg


Nach dem Einstecken der Taster müssen diese auf der anderen Platinenseite sorgfältig verlötet werden. Dabei sollte man darauf achten, keine "kalten" Lötstellen zu erzeugen. Nach dem Einlöten werden die Silberkappen der Taster einfach wieder auf die Taster gesteckt. Danach sollte man noch mal die Ausrichtung der Taster-Kappen überprüfen.

20_check_the_switches.jpg


21_check_the_switches_02.jpg


Als letztes Element habe ich nun noch die neue Spiralfeder in das Gehäuse eingesetzt und das schwarze Kabel an diese angelötet.

22_new_battery_spiral.jpg


23_new_battery_spiral_02.jpg


Nachdem nun alle Arbeiten ausgeführt wurden, muss das Gehäuse wieder vorsichtig zusammengebaut werden.

24_close_the_case.jpg


Nach der ganzen Aktion kam dann noch der finale Check. Schnell noch ein Pattern programmiert und los ging es:

28_final_check.jpg


Nun strahlt die TB-303 wieder in alter Frische und ich habe auch wieder Spaß am Programmieren und Experimentieren mit diesem wundervollen Instrument !

25_after_repair_01.jpg


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27_after_repair_03.jpg


Ich hoffe meine kurze Dokumentation hat euch auch etwas Freude gemacht.

Gruß
Orange Hand
 
:supi: schön das die bilder bzw der tread wiede roben ist. hast du den nicht schonmal gepostet vor jahren? kann mich erinnern das ich vor ne weile den tread gesucht und gefunden habe..leider waren die pics nicht mehr sichtbar.
schön.
hab hier auch frische taster liegen..
aber naja. das soll einer machen mit geduld. feinmotorik trau ich mir zu aber eben keine geduld für so fummelkram.
ich sag nur md, gell tom? :mrgreen:
 
Hi,

ja, den Bericht hatte ich mal vor Jahren im DIY geschrieben. Ich musste vor einigen Jahren nach einem Hackerangriff auf meinen Webspace alles löschen, dabei sind auch diese Bilder gelöscht worden. Ich hatte neulich den Kommentar gelesen, dass "es schade ist, dass die Bilder verloren gegangen sind". Ich dachte mir, da ich den Original-Thread nun nicht mehr editieren kann, könnte ich wenigstens einen neuen aufmachen damit auch andere etwas davon haben. Ich hatte damals selbst Bedenken die Reparaturen durchzuführen, da die 303 sehr teuer war und ich kein Elektroniker bin. Aber vielleicht macht es dem ein oder anderen ja auch etwas Mut sich dieser Sache einmal anzunehmen. Für andere ist es vielleicht ein ganz unterhaltsamer Thread, der auch ein paar Einblicke in die gute alte 303 zulässt.

Grüße
orange
 
Echt gute Fotos und Bericht, ist mir auch schon passiert.
Schade aber das es immer wieder Verkäufer gibt die dummen Quark erzählen müssen um ihr zeug los zu werden.
Aber deine Geschichte endet ja gut. ;-)
 
...und wenn sie nicht gestorben ist...

Danke für die Gute-Nacht Geschichte :nihao: Hab zwar keine 303 aber war so gut geschrieben das ich komplett lesen musste irgendwie. Jetzt geh ich schlafen :supi:

...zzzzZZZolo
 
:supi: und Danke.

Wegen solcher Rettungs-Geschichten habe ich mir früher immer Oldtimer-Zeitschriften gekauft. Ist irgendwie herzerwärmend so ein Bericht.
 
Auch wenn ich absolut kein Fan der TB 303 bin, mag ich solche DIY Beschreibungen sehr. Mich würde mal interessieren, ob du viel Erfahrung im DIY Bereich hast, oder die Aktion schon ein Sprung ins kalte Wasser war ?
Jedenfalls Respekt, das Ding sieht aus wie neu. :supi:
 
als TB Nerd kann ich mich nur anschließen, schöner treat...schöne Fotos.
Schönes case und noch keine weißen ränder um die pots. Um das so bei zu behalten gebe ich dir ein tip.
Es gibt durchsichtige Folie für Window Collor mallerein, die nimmt mann normal um auf Fenster zu kleben, ich habe meine TB´s damit überzogen und die Löcher ausgestanzt so beibt die farbe noch gut und die Folie läst sich super abnehemen ohne die Farbe zu zerstören :)

auch für live ist das ne tolle sache denn mann Transpiriert ja auch ordentlich beim Drehen :)

lg,
CIT
 
nette story, auf jedenfall und schöne 303, von aussen sowie jetzt auch von innen...
so eine 303 hatte ich vor 5 jahren auch mal und weil ich so "geldgeil" war bzw. geräte mit mehr funktionalitäten wollte, hatte ich das teil verkauft.
würde ich wahrscheinlich nicht mehr machen
 
Danke für das nette Feedback, das motiviert mich mein nächstes Vorhaben wieder zu dokumentieren :)

Das zusammentreffen der 303's ist ja der Hammer. Hat die mal jemand gezählt, da stehen ja 303's im Wert eines Kleinwagen :shock:

Der System 100 vs 303 Thread ist auch interessant.... was es alles gibt :mrgreen:

Greetz
orange
 
Generell könnte man ja auch selbst eins initiieren. Erlaubt 303,606,System 100 Model 101 und div Clones und dann ein Monsterphutureremix draus machen. Jeder spielt nur eine verdammte Note!

This beat is compuphonic.
 
den gedanken hatte ich auch. das jeder nur eine 16tel note spielt.. und dreht. :D
 
Wieso, man kann doch einen Rekord aufstellen, und zwar die längste TB 303 Reihe der Welt :mrgreen:
Da mache ich doch mit meinen dreien den Anfang :twisted:
 
orange_hand schrieb:
Wieso, man kann doch einen Rekord aufstellen, und zwar die längste TB 303 Reihe der Welt :mrgreen:
Da mache ich doch mit meinen dreien den Anfang :twisted:
du hast 3, verkauf mir eine
:mrgreen:
 
Meine Überlegung war, alle guten Dinge sind drei. Da dachte ich mir ich muss unbedingt 3 mal das Dynamische Duo haben. Also 3 mal 303 mit 606 :twisted:
Man muss eben auch ein paar Backup und Modifikationsobjekte haben :lol:

Greetz
orange
 
hübsche doku, orange hand!

freut mich, dass es deiner originalen TB wieder wesentlich besser geht!

hab vor dem bau von ML clones auch mal ne TB gehabt und taster gewechselt... :)

prima bilder dazu, hat spaß gemacht, zu lesen!

gruß aus d'dorf
guido
 


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