Talent <-> Technik (aus Thread zu Elektron Analog Rytm)

øsic schrieb:
Talent ist mitunter Ansichtssache.

Ist es nicht, sondern sehr leicht belegbar, indem die besonderen Begabungen einfach gelistet werden. Im Falle Musik ist das zum Beispiel die Fähigkeit, sich lange Melodiebögen ausdenken zu können. Oder komplette Arrangements im Kopf zu haben und dann in der Lage zu sein, die mit den Instrumenten direkt umzusetzen. Auch ist es ein Talent, ein Musikstück auf Anhieb in beliebiger Tonart spielen zu können. Ebenso ein gutes Timing zu haben, oder auch grooven können. Ausdruck ist ebenfalls Talentsache, also das Dynamikspektrum beherrschen.

Und im Falle Elektronik ist es durchaus als Talent zu betrachten, schnell die Funktionen eines Gerätes zu durchschauen und dann zielgerichtet und effizient für seine Musik einzusetzen.

Die Liste lässt sich noch nahezu beliebig verlängern.

Ein Irrtum hält sich gerne schon seit Jahren gerade in der Elektroszene: Dass studierte Musiker zwanghaft an Regeln festhalten und nicht frei musizieren könnten. Das mag es geben, gilt aber never ever generell. Die Fähigkeit zu improvisieren ist ein anderes Talent, das vielleicht manchen beim Studium etwas abhanden kommt. Das mag durchaus sein. Allerdings ist das eine Begabung, die eben auch auch ein nicht-studierter Musiker überhaupt nicht haben muss. Wer musikalische Regelwerke kennt, weiß auch, wo er sie begründet brechen will. Wer nichts gelernt hat, weiß das aber nicht zu unterscheiden.
 
Ich wollte nie Musik klassisch als Handwerk lernen. Sicherlich hätte das oftmals das Zusammenspiel durch Blattformen erleichtert, jedoch hatte ich die Befürchtung, es könne die Kreativität eindämmen, weil alles in eine Norm und Form gepresst würde. Da ist auch was dran, finde ich. Die erste CD, die ich machte, galt bei einigen Musikfreunden zumindest als innovativ. Danach habe ich dann einen Begleiter zur Harmonielehre gelesen. Durch das neue Wissen hatte sich dann meine Musik sehr verändert. In manchen Aspekten vielleicht zum Vorteil, aber in allen? Das ist die Frage.
 
Hab jetzt nicht alles gelesen. Im Bereich Musik fällt mir die Definition Talent recht schwer. Aber ich bin sicher, meine Tochter hat im reiten Talent. Sie reitet seit 3 Jahren und ist besser als fast alle die schon 6-8 Jahre reiten hier im Umkreis und ihrer Altersklasse.
Das gute, gutes reiten ist messbar durch Prüfungen, Abzeichen, Tuniere. Es ist die Mischung aus Ehrgeiz an sich zu arbeiten, Fleiß, und auf die richtigen Worte der Lehrer zu höhren. So, und nun kommt der wichtigste Teil der einen talentierten vom untalentierten unterscheidet. Der eine gibt sich alle Mühe wie der andere auch. Aber der eine sitzt wie ein Sack Reis auf dem Pferd und der andere mit Gefühl, Rhythmus und Geschmeidigkeit und versteht im Kopf wie das alles eingesetzt wird.
Im Fußball ist es doch ähnlich. Die Kinder fangen mit 6-7 an. Mit 10-13 sieht man doch schon genau wer Talent hat und wer nicht.
Ich bin leider mit sehr wenig Talent ausgestattet. Hab viel geübt. War aber immer zu langsam, zu unbeweglich, zu schwach. Und auch vom Kopf konnte ich meinen inneren Schweinehund nicht in letzter Konsequenz überwinden an gewissen Stellen zu arbeiten.
 
Man sollte Talent in einem Bereich, musikalisch etc. nicht mit Kreativität verwechseln. Selbst der talentierteste Musiker brauch' Technik (Instrumente etc.) um seine Ideen umzusetzen, der kreative vielleicht nicht ganz so talentierte Musiker nimmt das was ihm unter die Finger kommt oder sich gerade so leisten kann, um damit seine Ideen so gut wie nur möglich umzusetzen.
Was das spielen eines Instruments betrifft, ist es - gerade im Bereich der elektronisch Musik - hilfreich aber nicht zwingend notwendig um div. Ideen umzusetzen.
Das schlimmste an Regeln ist, wenn man die Zusammenhänge nicht versteht und daher nicht weiß wann man sich brechen kann. Harmonielehre ist etwas was ein talentierter Musiker (ich meine jetzt kein Virtuose sondern jemand der Musik fühlt und denkt) imho an sich schon im Gefühl haben sollte, Regeln die er instinktiv einhält oder bei Bedarf bricht. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass man bei sehr komplexen mehrstimmigen Stücken ohne solche Hilfen nicht weiter kommt und zum verstehen (und nicht nur reiner Anwendung) der Regeln braucht es imho komplexe Kenntnisse aus dem Bereich der Akustik.
 
Die meisten Stellungnahmen hier klingen ziemlich konstruiert. Wenn auch einige Aspekte genannt wurden, hat sich meine Meinung dadurch in keiner Weise geändert.
 
Naja, wenn es einem bei einer Diskussion nur darum geht jemand zu überzeugen, macht man was falsch. Oft gibt es kein richtig oder falsch, ich denke den jeweiligen Standpunkt zu verstehen ist da viel wichtiger!
 
Klangreisender schrieb:
es könne die Kreativität eindämmen, weil alles in eine Norm und Form gepresst würde.

Na, Du bist ja der Anwender. Entweder presst Du alles in eine Form, oder nicht. Das passiert ja nicht wie von Geisterhand.
Was Du mit dem Erlernten umsetzt, bliebe ja Dir überlassen. Wahrscheinlich liegt dann hier einfach eine Überforderung Deinerseits vor, mit dem Wissen kreativ umzugehen, bzw. sich neues Wissen so zu eigen zu machen, dass man sich selbst erweitert und nicht darauf fixiert. Kann ich verstehen, ist ja auch schwierig.
 
Klangreisender schrieb:
es könne die Kreativität eindämmen, weil alles in eine Norm und Form gepresst würde.
freidimensional schrieb:
Was Du mit dem Erlernten umsetzt, bliebe ja Dir überlassen.
Wenn ich Klangreisender richtig verstanden habe, kann genau ein Zuviel an Wissen/Norm/Form eine Barriere sein.
D. h. wer sein Leben lang mit klassischem Unterricht verbracht hat, wird es u. U. schwer haben die eine
oder andere Hürde in "andere" Gefilde zu nehmen.

Von John Cage gabs mal die Aussage, das gerade unsere (gemeint war Europa und seine Musik) Vergangenheit uns daran hindern
kann, gewisse Dinge anders zu machen. Vorbelastetsein.
 
Es ging ja ganz konkret um ihn, und er schrub was von "einen Begleiter zur Harmonielehre gelesen", und anschliessender
diffuser Angst, "es" könne alles "in eine Form pressen".
Wozu ich mir nur die Frage stellte, was denn dieses ominöse "es" sei? Wenn ich etwas lerne dann ergreift "es" ja nicht Besitz
von mir und macht mit meinem Output was "es" will.
Ich bin derjenige der etwas damit macht, und wenn ich es nicht schaffe mein Wissen wirklich zu erweitern und auch über den
Tellerrand des Gelernten hinaus zu schauen, ja dann kann es sich so anfühlen als macht "es" etwas mit mir, bzw. mit meinem Output.
 
Klangreisender schrieb:
Ich wollte nie Musik klassisch als Handwerk lernen. Sicherlich hätte das oftmals das Zusammenspiel durch Blattformen erleichtert, jedoch hatte ich die Befürchtung, es könne die Kreativität eindämmen, weil alles in eine Norm und Form gepresst würde. Da ist auch was dran, finde ich. Die erste CD, die ich machte, galt bei einigen Musikfreunden zumindest als innovativ. Danach habe ich dann einen Begleiter zur Harmonielehre gelesen. Durch das neue Wissen hatte sich dann meine Musik sehr verändert. In manchen Aspekten vielleicht zum Vorteil, aber in allen? Das ist die Frage.


Das kostet immer irgendeinen Preis.

Ich kenne Covermusiker, die das lange machen und nicht mehr in der Lage sind, eine eigene Idee zu formulieren. Es gibt Musiker in der Klassikabteilung, denen geht jeder Groove ab, deren Timing ist aber brillant. Leute in der Werbemusik machen das lange, vielleicht zu lange, und dann klingt alles nach Ferrero Milchschnitte. Ich selber bin der totale Individualist und habe es immer auf Personality in der Musik angelegt, bei Covermusik aber mache ich dadurch eine schlechte Figur und lasse das daher.

Kreativität und Talent sind nicht unbedingt identische Sachen. Mit Kreativität wird man geboren, das ist eine grundsätzliche Lebenshaltung und hat auch viel mit gerne spielen zu tun. Talente dagegen sind wie beschrieben, bestimmte Eigenschaften, die sich auch benennen lassen. Eine kreative Seele aber ist übergeordnet und wirkt sich überall aus. Ein Kreativer ist oft interdisziplinär und drückt sich zudem multipel aus, etwa Musikinstrument(e) spielen, fotografieren, Bücher schreiben, usw.
 
freidimensional schrieb:
Es ging ja ganz konkret um ihn, und er schrub was von "einen Begleiter zur Harmonielehre gelesen", und anschliessender
diffuser Angst, "es" könne alles "in eine Form pressen".
Wozu ich mir nur die Frage stellte, was denn dieses ominöse "es" sei? Wenn ich etwas lerne dann ergreift "es" ja nicht Besitz
von mir und macht mit meinem Output was "es" will.
Ich bin derjenige der etwas damit macht, und wenn ich es nicht schaffe mein Wissen wirklich zu erweitern und auch über den
Tellerrand des Gelernten hinaus zu schauen, ja dann kann es sich so anfühlen als macht "es" etwas mit mir, bzw. mit meinem Output.



"es" ist in diesem fall eine erkenntnis oder das "wissen über" und das lässt sich nicht so einfach rückgängig machen.
2 mal 3 macht 4 , aber nur bei pippi langtrumpf . als erwachsener denkt man jetzt natürlich , oh diese pippi , was für ein rebell und rechnet im stillen was da
wirklich rauskommt. pippi langstrumpf ist aber gar kein rebell , sie war nur einfach nicht auf der schule und ist dumm (und glücklich ? ) gestorben ...
nein das stimmt nicht ganz , später hat sie pornos gedreht .


"abstraktion von irgendwas" ist nicht das gleiche wie" naivität durch nicht wissen" . und das sieht und hört man auch.
man muss doch zugeben das erkenntnisse von gewissen dingen andere dinge geradezu unmöglich machen . ob eine harmonielehre jetzt so dramatische auswirkungen
haben muss wage ich zu bezweifeln ..........
 
Geht es hier noch um "Talent"?

Also irgendwie habe ich in diesem Forum regelmäßig das Gefühl, dass jemand ein beliebiges Stichwort fallen lässt und sofort eine unkontrollierte Assoziationslawine ungebremst den Berg hinabsaust, und zwar solange bis einer weint.
 
die frage wäre jetzt, sind synthesizerbesitzer musikalische nullen oder gar talentfrei?
;-)
 


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