ich finde es toll, dass heute fast jeder elektronische Musik machen und produzieren kann. Das hat man früher, vielleicht heute immer noch, die Demokratisierung der Kunst genannt. Es war früher nur wenigen Menschen in akademischen Zirkeln vorbehalten, Zugang zu komplexen Modularsystemen zu haben. Heute ist dieser Zugang jedem möglich mit PureData, VCV, und früher SynthEdit, etc., sowie auch mit Analoghardware für wenig Geld. Anfügend nur ein kleines Detail, das man oft aus dem Auge verliert: ein Mischpult kostete vor nicht langer Zeit mehrere Tausend; heute nur ein Zehntel. Was für ein Segen.
Auch wenn nicht jedes Werk, das mit den neuen Möglichkeiten veröffentlicht wird, als Kunstwerk zu werten ist, ist es dennoch eine Form des persönlichen Ausdrucks. Gemäss dem Gedanken von Joseph Beuys der Sozialen Skulptur oder Sozialen Kunst.
https://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Plastik
Schön und gut, was fangen wir jetzt an mit dieser Flut von Kunstwerken, die oftmals gar nicht den Anspruch erheben Kunst zu sein? Es sind ja oft auch einfach Experimente, ausgeführt auf einem Hausdach, in einem Wald, in einem verlassenen Industriegebiet, jedoch nicht selten mit mehreren Kameraperspektiven und aufwendiger Nachbearbeitung im Videoeditor. Ich finde das alleine schon gut. Dass Menschen kreativ sind. Sich nicht passiv in einer Arbeit die ihnen nicht gefällt und im Medienkonsum aufbrauchen. Dass Menschen die Zeit nutzen für etwas, was keine tiefe Spuren hinterlassen wird, aber dennoch wert ist, in die Welt zu bringen. Solche simple kreative Akte in dieser Form, mit bewegtem Bild und Ton, waren früher fast unmöglich.
In diesem Feld hinkt natürlich der künstlerische Wert stets etwas hintendrein. Es ist jedem klar, dass im Vergleich zu früherem Kunstschaffen der reale Wert der heutigen Kunst generell tief gesunken ist. Allerdings kann man in diesem Zusammenhang neben dem rein künstlerischen Wert einen
generell kreativen Wert erkennen, und je nach dem auch würdigen. Vergleichbar mit einer Zeichnung oder Idee eines Kindes. Wer will einem Kind, das seine Welt mit Sonne, Wolken, Haus, Papa und Mama, Vogel, Baum, einfach verachten, weil es keine echte Kunst ist?
Auch wenn der Vergleich mit der Imagination des Kindes hinkt, so in etwa ist die Welt, der Zeitgeist heute. Die Menschen sind oft wie Kinder. Unreif, der technologischen Umwälzung die in kurzer Zeit stattfindet nicht gewachsen. Die Menschheit ist momentan einfach nur am Lernen. Das ist alles in Ordnung und verständlich. Man muss sich da keine Sorgen machen. Zudem ist es interessant, Veränderungen in relativ kurzen Zeiträumen zu beobachten. Was vor 3 Jahren noch ziemlich hip war, ist heute schon veraltet. Ein Beispiel, war vor einigen Jahren der Ambient-Hip noch recht verbreitet, löst es heute nur noch gemässigte und sogar herablassende Reaktionen aus; schliesslich ist jeder in der Lage, beliebige Klangquellen durch ein state-of-the-art Hallgerät zu schicken, jeder hat mittlerweile ein Mikrophon oder Smartphone für Geräuschaufnahmen. Tutorials dazu gibt es, wie deren Kunsterzeugnisse, zuhauf.
Selbstüberschätzung findet statt, aber ich betrachte das einfach nur als logische Folge. Wer wirklich was zu sagen hat wird das schon äussern können, und den entsprechenden Applaus ernten.