RIP, Mr Emerson, mein Beileid allen Freunden und Angehörigen, und meinen Respekt seinen Leistungen für diejenigen, denen sein Werk so viel bedeutet hat.
Da wir hier angefangen haben, auch unsere persönliche Eindrücke von und Bezüge zu diesem Werk zu schildern -- hier nun meine, auch oder gerade weil sie sich vielleicht nicht so harmonisch in die anderen einfügen. Versteht es als Erweiterung des Stimmungsbildes.
In meiner Diskobiografie sind ELP eines der großen Paradebeispiele für die Musik, gegen die diejenige Musik gerichtet war, mit der ich sozialisiert wurde. Punk, Hardcore, Grind, Crust, und wie sie alle hießen, haben ihre Wurzeln ja nicht zuletzt in einer abgrundtiefen Verachtung für das, was in den 70ern unter ›Prog Rock‹, ›Art Rock‹ o.ä. lief. Zwar haben sich meine musikalischen Vorlieben massiv erweitert in den letzten 20 Jahren, auch auf Bereiche, mit denen ein ›echter‹ Punkrocker (einer, der den Punk auch als seine persönliche Daseinsweise begreift), nichts zu tun haben will (Free Jazz, moderne Klassik, Gamelan, und natürlich fast alle Spielarten synthetischer Musik). Aber ELP, gemeinsam mit z.B. Pink Floyd, Yes, Genesis, Uriah Heep, King Crimson, Jethro Tull, Parsons, und fangt mir erst recht nicht mit Jaco Pastorius an -- das ist so der Inbegriff für Musik, die mir persönlich nichts, aber auch gar nichts kommuniziert. Ihr gelingt es nicht, Kontakt zu mir als Hörer aufzunehmen. Und dieses Scheitern schreibe ich -- als extrem breit aufgestellter und offener Rezipient -- eben nicht nur mir, sondern maßgeblich eben auch dieser Musik zu.
Mehr noch, ich bin überzeugt und zuversichtlich, dass die unbefangeneren Musikhistoriker in zwei, drei Generationen, wie ich zu dem Urteil kommen werden, dass diese Musik über ein vergleichsweise schlechtes Signal-Rausch-Verhältnis verfügt. Mit extrem vielen Daten werden extrem wenig Informationen rübergebracht. Stundenlanges, selbstverliebtes Gegniedlliedlgniedl in (zweiffellos!) höchster technischer Perfektion, aber ohne jeden Bezug zu einer Außenwelt mit tatsächlichen Rezipienten (und übrigens auch ohne den Versuch zur Provokation, Verstörung, Grenzüberschreitung, was für mich ebenfalls wertvolle Kunst ausmacht). Man vergleiche das mit dem fantastischen Wirkungsgrad z.B. eines Ramones-Songs oder früh-90er-Basic-Channel-Tracks (viel mit wenig) oder der unerreichten Informationsdichte z.B. einer Ornette-Coleman-Platte (viel mit viel), auf der quasi jede Note die komplette Geschichte des schwarzen Amerika enthält, und Adorno/Horkheimers ›Dialektik der Aufklärung‹ gleich mit.
Ich wiederhole sicherheitshalber nochmal: das sind bloß €0.02 über meinen persönlichen Bezug zu der von Emerson repräsentierten Musik, und zur Einschätzung ihres m.E. fragwürdigen ästhetischen Werts. Das alles also völlig unabhängig von seiner Person, über die ich an dieser selbst dann kein schlechtes Wort über die Lippen brächte, wenn ich dazu befähigt wäre, denn das gehört sich selbstverständlich nicht.
take care
Nils