Seit den Sechzigerjahren verwendete Peter Brötzmann das Saxofon alsmusikalisches Maschinengewehr und wehrte sich damit gegen Krieg, Rassismus und denZeitgeist. Er gehörte zu den Paten des Freejazz, blieb jedoch lange ZeitAußenseiter und Missverstandener. Vielleicht gab er auch deshalb kaum Interviews. Anfang Juni jedoch wollte sich der da bereits geschwächte Brötzmann noch einmal Gehör verschaffen und sprach mit uns. Wir wollten das Interview in diesen Tagen veröffentlichen, nun hat es eine traurige Aktualität erlangt: Peter Brötzmann ist am Donnerstag im Alter von 82 Jahren gestorben. Wir haben den Wortlaut und Verlauf des Gesprächs nicht verändert, Brötzmann hat die Abschrift vor wenigen Tagen in exakt dieser Form autorisiert.
ZEIT ONLINE: Eigentlich beginnt man so kein Interview, aber die Frage sei angesichts IhresGesundheitszustands erlaubt: Wie geht es Ihnen?
Peter Brötzmann: Ich plage mich seit etwa 20 Jahren mit COPDherum (einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, bei der sich die Atemwege entzünden und anhaltend verengen – Anm.d. Red.). Im Lauf der Covidjahreist es schlechter geworden, was dazu geführt hat, dass ich vor einigen Monaten nachKonzerten in Warschau und London einen Totalzusammenbruch mit Intensivstation undall dem Scheiß erlitten habe. Seither bin ich zu Hause und versuche, mich zuerholen. Bloß wie die Zukunft aussieht, das weiß der Teufel. Um realistisch zusein: Im Augenblick habe ich wohl keine.