Ich meine, ganz unrecht hat er ja nicht.
Um das ganze mal an Moog aufzuhängen:
Diese Firma hatte bis 2018(?) ein massives Problem mit ihrer kaufkräftigsten Zielgruppe. Man hat ihnen den Voyager hingestellt (den die Bühnenkeyboarder liebten), aber sie waren unglücklich, weil kein Model D, weil, wie von Kraken richtig festgestellt; die Leute überhaupt nichts neues wollen – aber das alte halt auch schon hundertmal da war, gerade für Robert und Rudolph. Selbst der Oldschool hat daran nix geändert, die Subs haben währenddessen, wie zuvor der Phatty und später die -sequents, diejenigen befriedigt, die sich vorher nie einen Moog leisten konnten.
Aber wirklich gut getan hat das dem Firmenimage alles nicht. Die Teile hatten allesamt Bums bis zum Umfallen, wurden über Bühnen geschleift, aber waren halt kein Model D. Dementsprechend hat das erste Model D - Reissue die Firma basically alleine mit den Wohnzimmerkäufen der Zahnwälte saniert, während der One, das grosse, universale, eigene Schlachtschiff, die Kulmination der Idee, gefordert von denjenigen, die sagten, Moog solle doch mal "etwas so richtig machen" nur mit dem Arsch angeschaut wurde, weil man ihn sich nicht mal eben mit dem 13. Monatslohn oder der für den Credit-Score notwendigen Überziehung leisten konnte, geschweige denn aus der Portokasse, und in den 70ern gabs ihn auch nicht.
Dann kam irgendwer auf diese lustige semimodulare Oma, die man in quietschebunt auf irgendein hauseigenes Event gestellt hat. Wenn ich mich nicht täusche, sogar limitiert geplant. Und heute ist das deren szeneintern eigentlich erfolgreichste Serie, einfach weil man sie mit dem typischen Moog-Aufpreis an Leute verkaufen konnte, denen die bühnenorientierten Moogs schon immer in den falschen Hals rutschten. Moog weiss das, und verkauft diesen Leuten auch noch die Vibes mit. Die Sound Studios als Ableger (M32/DFAM/Subharmonicon) sind vermutlich zahlenmässig noch deutlich stärker, nicht umsonst legt das Format dieses Jahr mit gleich zwei neuen (Labyrinth/Spectravox) nach. Und ich wage zu behaupten; hätte man sich nicht mit dem One verhoben, wäre die Firma heute deutlich profitabler.
Aber vielleicht tue ich Moog da auch unrecht und der Eigentümer der Hauptanteile war einfach menschlich ein Arsch und wollte in Rente, und InMusic war halt da und hat zugegriffen.
Übrigens bin ich nach wie vor der Ansicht, der Muse, oder wie das Teil am Ende auch heissen wird, steht, ganz im Gegensatz zum One, viel eher in der Tradition der "bunten" Serie, wenn er nicht gleich ein direkter Ableger davon ist. Paraphon konnten die ja schon ganz gut, jetzt gibts das ganze, quasi als Abschlussarbeit der bereits gefeuerten Moog-Mannschaft auch noch in Poly.
Was NI angeht; die hatten (und haben) m.E. n ganz anderes Problem; externe Kapitalgeber (der unangenehmeren Sorte) und der Drang, innovativ bleiben zu müssen, ohne gleichzeitig die Zielgruppe zu vergraulen, während man sich nicht mal sicher war, ob man überhaupt eine hatte. Stefan Schmitt hat da mal ziemlich vom Leder gezogen (und anschliesslich von dannen), weil das irgendwann einfach nur noch pures Chaos war. Und wenn die Idee erst mal in der Welt war, musste sie natürlich gepflegt werden – oder von einem Tag auf den anderen eingestellt, das konnten sie auch ganz gut, aber auch nur, wenn es darum ging, ein teures Hardwareprodukt mal eben nutzlos zu machen. Aber keiner hatte Bock, in dem Laden mal das grosse Reinemachen auszurufen, geschweige denn selbst den Besen zu schwingen.
Immerhin scheint mir da so ein halbes Licht am Horizont aufzutauchen, nachdem man im Mai die neue Subscription-Plattform angekündigt hat und sich in selbiger tatsächlich sowas wie eine halbwegs stringente Linie aufzeichnet, die sich komplett um Kontakt und ein paar externe Effekte herum aufbaut und vor allem endlich mal Ballast abwirft, den man die letzten Dekaden über immer mitgeschleift hat. Oder mitschleifen wollte – bei Absynth war der M1-Port wohl so schwierig, dass man es kurzerhand absägte, anderswo zogen Drittanbieter ihre Produkte zurück (Heavyocity bei Evolve, Scarbee bei Funk Guitarist).
Bei Reaktor hat es zwar noch zum Silicon-Update gereicht, soweit man liest hängt das Ding aber am Life-Support und hat noch genau einen Mitarbeiter vor Ort, der sich darum kümmert, dass beim nächsten MacOS-Update nicht alles sofort stirbt. Im neuen Subscription-Model taucht es nicht auf, noch irgendeiner der reaktorbasierten Synths – die man in einem gross angekündigten Hauruck vor ein paar Jahren mal zu Standalone-VSTs machen wollte, um nach dem ersten Flop mit dem Super 8 das ganze Projekt klammheimlich wieder einzustellen – vermutlich zumindest mMn, weil die einzigen Leute, welche diese Synthesizer überhaupt bedienen können und benutzen wollen, sowieso auf der Reaktor-Plattform unterwegs sein wollten.
Also, weg damit. Was natürlich wieder niemanden dran hinderte, im Summer Sale erst mal Blowout zu machen und die Teile für 19€ das Stück unters Volk zu bringen, obwohl da natürlich nirgends steht, dass man im Prinzip einen End-Of-Life - Synth kauft. Eine andere Firma hätte einfach den Code freigegeben, aber nicht NI, dazu ist man viel zu sehr vom Kapitalismus abhängig.
Spannend bleibt, wie es mit dem nächsten Komplete aussieht. Folgt ein radikaler Schritt, nimmt man, analog zu den Subscription-Tiers, grob ein Viertel der bisherigen Libraries raus? Was passiert mit Bestandskunden? Die Firma steckt im Dilemma, verheddert sich in ihren alten Zöpfen und weiss, abschneiden oder nicht, es wird immer ungemütlich enden.