Die Wavestation ist immer noch ein tolles Gerät. Hochkomplexe Klangfarben, allerdings m. E. immer etwas am "eisigen" Ende des Klangspektrums angesiedelt. Sie kann zwar auch ein paar wärmere, analogere Streicher und Flächen, aber sie ist immer "durchhaucht von Winterkälte"
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Display und Tastatur sind bekannte Schwachstellen der Keyboardversion, aber nicht zwangsläufig. Meine gebraucht gekaufte WS EX funktioniert einwandfrei (klopft auf Holz).
Nachteile der WS sind der z. T. doch recht unsinnige ROM-Vorrat an Wellenformen: Da gibt es perkussive Schnipsel im Dutzend, die vielleicht ganz interessant für rhythmische Wave Sequences sind, aber vom Klangforschungsaspekt her ziemlich unnütz. Die analogen Wellenformen klingen durch die Bank überzeugend, haben allerdings den Nachteil, daß man z. B. Filtersweeps als Wavesequence zusammenstellen muß, weil der WS ein echtes, modulierbares Filter mit Resonanz völlig fehlt. Das ist natürlich nichts für Echtzeitschrauber, die spontan in den Klang eingreifen wollen. Nachträglich die Klangfarbe durch einfache Justage des Filters zu verändern ist somit nicht möglich; es muß immer in die Wavesequence als solche eingegriffen werden.
Die Speicherverwaltung ist ebenfalls ein wenig, hm, gewöhnungsbedürftig, da man Klangprogramme und Patches, in denen mehrere Klangprogramme zusammengeführt werden, getrennt voneinander abspeichern muß (und manchmal ein bißchen mehr RAM-Platz ein Segen wäre). Wenn man auf der einen Ebene das Speichern vergißt, hat man sich u. U. eine Menge Mühe für nichts und wieder nichts gemacht. Den Fehler macht man zwei-, dreimal, dann hat man es aber unter´m Knie. Wenn man sich Mühe gibt, heißt das. Ich kenne ausgewiesene
Klanggestalter, die mir weismachen wollten, die WS sei nichts für mich, weil selbst Überflieger wie sie mit diesem Gerät nicht zurechtkamen.
Blöde ist auch, daß die Polyphonie abhängig von der Komplexität des Patches ist und bei entsprechend aufwendigen Waveseqences und vier Oszillatoren pro Patch die Polyphonie ruckzuck bei nur noch vier Stimmen ankommt. Da muß man seine Spieltechnik entsprechend anpassen, weil sich der Stimmenklau, gerade bei Klängen mit langem Release, sehr drastisch bemerkbar macht.
Interessant ist, wie eigenständig der Charakter dieses ROMplers ist: Er hat zwar denselben Vorrat an Wellenformen wie der Prophet VS, klingt aber völlig anders, selbst bei einigermaßen identischer Programmierung. Der VS klingt etwas fleischiger, organischer, während die WS härter und eisiger klingt. Beide in Kombination ist natürlich toll
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Eine WS-AD hätte ich noch gerne als Ergänzung bzw. für den Liveeinsatz, wo man nicht unbedingt ein weiteres Keyboard mitschleppen will.
Bei den Preisen, die die Dinger derzeit kosten, kann man eigentlich nichts verkehrt machen. Das Software-Plug-In sollte aber genauso gute Dienste leisten, da der WS so spezielle, klang- und charakterformende Bausteine wie Filter sowieso fehlen. Beim Plug-In braucht man sich dann wenigstens keine Gedanken um die potentiellen Schwachstellen des Gerätes zu machen
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Wenn mir meine WS kaputtginge, ich würde mir sofort wieder eine kaufen! Aber nur die EX-Version, da die zusätzlichen Wellenformen (vor allem die aus dem VS) durchaus sinnstiftend sind.
Stephen