Hallo zusammen,
da ich seit einigen Monaten endlich einen Joué Controller habe, möchte ich zu den Fragen, die ich hier ursprünglich gestellt hatte, für eventuelle andere Interessierte jetzt meine Erfahrungen festhalten.
Das Joué-Modul, das ich am meisten nutze, ist das Grand Clavier. Es bietet nicht nur mehr Tasten als das Synth-Modul, sondern die einzelnen Tasten sind auch etwas breiter als beim Synth-Modul.
Für meine Hand-/Fingergröße ist das Grand Clavier damit deutlich besser zu bedienen.
Über den 3D-Bubble-Controller und den Ribbon-Streifen (zusammen mit Y-Position, Poly-Aftertouch, Vibrato/Glisando und MPE) bietet es auch mehr als genug Modulationsmöglichkeiten.
(Beim Synth-Modul könnte man z.B. noch ein XY-Pad oder eine Drumpad-Matrix daneben legen.)
Das Grand Clavier lässt sich sehr gefühlvoll spielen und bietet für die klingenden Töne sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten (relative Änderung der Y-Position, Vibrato/Glissando, Poly-AT).
Bekannte Sounds hören sich damit plötzlich ganz anders (viel organischer) an.
Ich fand das erstaunlich, welchen Unterschied der Controller macht.
Virtuous spielen kann ich damit nicht, das könnte ich auch auf einem normalen Keyboard nicht. Das Grand Clavier-Modul funktioniert aber zuverlässig und ich habe eine gute Kontrolle über das Klangergebnis.
Einziges Manko am Grand Clavier ist, dass es hier (anders als beim Scaler-Modul z.B.) keinen absoluten Y-Modus gibt. D.h. der Controller für die Y-Werte beginnt mit einem einstellbaren festen Startwert (per Default 64) und man kann diesen erst nachträglich für die klingende Note nach oben oder unten verändern.
Man kann also nicht die Anschlagsposition nutzen, um einen gespielten Ton von Anfang an anders klingen zu lassen (z.B. unteres Tastenende = dumpf, oberes Tastenende = hell).
Ich habe dazu mit Arnaud von Joué gesprochen und man hatte sich dort wohl bewußt gegen den absoluten Modus entschieden, weil der nutzbare Y-Bereich ja bei den Klavier-artigen Tasten recht kurz ist. Ich finde das aber sehr schade, weil der absolute Y-Modus (den der Scaler bietet) sehr nützlich ist und oft noch natürlicher klingt.
Das Scaler-Modul ist einem Glockenspiel oder Xylophon nachempfunden, d.h. alle Tasten sind gleich lang / breit und liegen parallel nebeneinander.
Die durch die Tasten angesprochene Skala kann man frei konfigurieren. Das geht allerdings nicht "on the Fly". Man benötigt dazu den Joué Editor und muss die Skala per Upload auf den RFID-Chip des Scaler-Moduls ändern.
Am besten legt man sich daher eine feste Standard-Skala (wie C-Dur) auf die Tasten und verbiegt die Skala nicht im Scaler-Modul, sondern stattdessen in der DAW (bei Studio One z.B. über Note FX Chorder, bei Ableton über den Scaler MIDI-Effekt).
Es gibt zusätzlich noch 2 frei belegbare Schalter. Denen einen habe ich ähnlich wie beim Grand Clavier als Glissando/Vibrato-Toggle konfiguriert.
Der andere dient bei mir für entweder als Sustain-"Pedal" oder als Ein-/Ausschalter fürs Senden der Y-Information.
Vom Scaler habe ich mir viel erhofft, aber die Verwendung hat sich doch als etwas schwieriger erwiesen als beim Grand Clavier.
Zum einen war die Vorbelegung der Schalter für mich nicht so gut- das habe ich jetzt ja angepasst und bin damit jetzt zufrieden.
Dann sehen alle Tasten exakt gleich aus. Das erschwert die Orientierung doch sehr. Da ich eh immer nur siebentönige Skalen verwende, denke ich schon darüber nach, die Tasten für den ersten, zweiten... usw. Ton jeder Oktave jeweils irgendwie auf der Tastatur zu markieren, damit ich besser zurecht komme.
Wenn man den Scaler nur sporadisch benutzt, dann ist die Ununterscheidbarkeit der Tasten schon ein Problem.
Außerdem sind die Tasten schmaler als beim Grand Clavier und für meine breiten Gitarristen- und Bassisten-Fingerkuppen einfach ein Stück zu schmal. Ich treffe oft nicht die richtige Taste oder treffe sie nicht ausreichend mittig und habe dadurch Probleme mit verschluckten oder nachträglich zum falschen Zeitpunkt "ausgespuckten" Noten, wenn ich eigentlich schon die nächste Taste anspiele. (Ich glaube nicht, dass das an einem fehlerhaften Controller-Code liegt, denn beim Grand Clavier mit seinen breiteren Tasten habe ich ja das Problem nicht.) Eine Scaler mit weniger und dafür breiteren Tasten wäre für mich definitiv besser. Trotzdem ist das Modul für mich nutzbar, aber es braucht viel Konzentration beim Spielen und läuft nicht so mühelos wie beim Grand Clavier.
Das große Plus ist dafür der schon genannte absolute Y-Kontrollmodus.
Soviel zu meine Erfahrungen nach ein paar Monaten Joué-Nutzung.
Den Controller möchte ich nicht mehr missen.
Auf der "normalen" Keyboard-Tastatur zu spielen, fühlt und hört sich jetzt irritierend an, als würde plötzlich etwas fehlen.
Ich hoffe, dass Arnaud (der mein Feedback sehr aufmerksam gelesen und kommentiert hat, ich fand das sehr ungewöhnlich ?) vielleicht die künstliche Beschränkung beim Grand Clavier herausnimmt, so dass man dort auch einen absoluten Y-Modus bekommt. Damit wäre ich dann mit der Kombi aus Joué-Controller und Grand Clavier-Modul perfekt zufrieden.
Gruß Turing
PS:
Was auch noch etwas stört: Wenn der Controller beim Booten des Rechners schon per USB-Kabel angeschlossen ist, wird er bei mir in der DAW nicht gefunden.
Einen Ein-/Ausschalter hat er auch nicht.
Man muss also jedes mal kurz das USB-Kabel abziehen und wieder einstecken.
Weil ich die USB-Buchsen am Computer und am Jouè-Controller aber nicht durch dauerndes Ein-/Ausstecken abnutzen möchte, habe ich eine USB-Verlängerung dazwischen geschaltet und stecke jetzt immr an der Verlängerung ein und aus.
So können der PC und der Controller immer angeschlossen bleiben.
