@MDS: Ich kann vieles von dem, wa du schreibst, gut nachvollziehen, muss aber trotzdem mit einem beherzten "Ja, aber ..." antworten.
Zum Thema Reverb:
Findest du wirklich, dass es schwer ist, Plugins zu finden, die nicht mit dem SPX900 mithalten können? Es gibt so viele solide, gute bis hervorragende Hallplugins, dass mich dieses Argument einfach nicht überzeugt. "Die meisten sind minderwertiger", schreibst du. Das mag sein. Dann liegt es an mir, aus der Masse die für meine Zwecke am besten passenden Plugins herauszusuchen. Wenn es dann noch zwei Milliarden andere, schlechtere Plugins gibt, ist mir das doch wurscht. Oder findest du, dass die Qualität des SPX900 so unerreichbar ist, dass es schwer (oder wahnsinnig teuer) wird, diese Qualität per Software zu erreichen?
Vielleicht sind auch meine Ansprüche zu gering und ich bin zu unkritisch, aber ich arbeite oft und gerne mit Software-Reverbs. Zur Tiefenstaffelung im Mix ist es für mich unerlässlich, zwei oder drei Varianten eines Raumes zu basteln, die ich in der DAW über Sends ansteuere und die jedem Signal eine bestimmte Räumlichkeit verleihen. Deshalb würde ich die externen Reverbs unabhängig von ihrer Qualität meist ausschalten, denn sie machen mir die Signalortung im Raum eher kaputt oder fügen Informationen hinzu, die nur im zufälligen Ausnahmefall gut zu der von mir vorgesehenen Raumortung passen würden. Der interne SY99-Reverb hilft mir da also nichts. Und wenn in einem Mix etwas schief gelaufen ist, habe ich bisher immer den Eindruck gehabt, dass es mein Fehler war und nicht ein Problem der zu geringen mir zur Verfügung stehenden Hallqualität. Ohne Reverb-Plugins wäre ich eh aufgeschmissen. Wenn ich auf einem anderen meiner Klangerzeuger Hall benötige, dann kann ich den auch nicht aus dem Gerät selbst nehmen. Ich bin auf eine andere Quelle angewiesen.
Ich verstehe auch nicht, warum Reverb besonders gut zu FM passen soll. Das hängt meiner Ansicht nach zu sehr vom Einsatzzweck, von der beabsichtigten musikalisch-künsterlischen Aussage, von der individuellen Vorgehensweise und sonstigen Parametern ab, die eine solche Verallgemeinerung nicht zulassen. Besteht kreatives Arbeiten nicht gerade darin, Dinge neu zu kombinieren und Regeln wie diese zu hinterfragen? Die Aufstellung der Mikros vor der Bassdrum bei den Beatles ab ca. 1965 war z.B. nach EMI-Handbuch ausgeschlossen. Die Jungens haben es trotzdem gemacht und damit einen neuen Sound gefunden. Mir ist diese Arbeitsweise lieber als das einhalten von vermeintlichen Regeln oder Empfehlungen. Nicht dass ich mich für die Beatles halten würde, aber gerade für solche Klangforschung sind wir doch Synthesizerspieler geworden, oder?
Und klar: Ein unpassender Reverb macht das Ergebnis kaputt. Das gilt aber unabhängig von seiner "Herkunft".
Was ich mir allerdings witzig und spannend vorstelle, sind die Möglichkeiten zur FX-Beeinflussung mit Spielhilfen wie Aftertouch, Velocity, Mod-Wheel etc. Da kann ich mir kreative Ansätze vorstellen, die ich auch nutzen würde. Ich habe das noch nie vermisst, aber ich sehe den für mich nutzbaren kreativen Mehrwert.
Wo ich dir halb/halb widersprechen möchte, ist die Frage nach den passenden Effekten zum jeweiligen Patch. Ich glaube gerne, dass der SY99 jede Menge tolle, gut klingende und perfekt mit Effekten abgestimmte Presets enthält. Ich habe auch nichts gegen die Nutzung von Presets, ganz im Gegenteil: Ich nutze selbst immer wieder welche. Mein Ziel ist es aber schon, möglichst oft auf selbstkreierte Patches zurückzugreifen, und dann hat dein Preset-Argument keine Relevanz mehr. Natürlich: Wenn ich Sounds, Samples, Loops etc. nutze, die ein Sounddesigner in aufwändiger Arbeit zusammengeschraubt und mit teuerem Outboard-Equipment nachbearbeitet hat, dann kann ich das - wenn überhaupt - nur mit riesigem Aufwand so nachbasteln. Ich möchte aber meist gar nichts nachbasteln, sondern meinen eigenen Weg suchen. Ob das dann besser oder schlechter ist als das Material, das man bereits vorfindet, sei dahingestellt, und jeder hat das Recht, meinen musikalischen Output scheiße zu finden - z.B. weil ich seinen Ansprüchen an Effekteinsatz nicht genüge. Aber so macht es mir schlicht und einfach mehr Spaß. Und dass ein bisschen Lofi je nach Geschmack durchaus seinen Reiz haben kann, ist eine Binse, die ich argumentativ nicht ins Feld führen muss, oder? Und noch ein Gedanke: Mir sind immer wieder tolle (zumindest nach meinem Geschmack) Ergebnisse gelungen, als ich versucht habe, irgend etwas, dass ich woanders gehört habe, nachzubasteln. Am Ende hatte es meist wenig mit dem Original, dafür aber viel mit Originalität zu tun. Insofern lohnt sich aus meiner Sicht das Nachbasteln häufig mehr als das direkte Übernehmen per Sample oder per perfekt gemachtem Preset. Für mich ist das die Essenz des kreativen Arbeitens. Na klar: Wenn mich ein fertiger Sound überzeugt, dann nutze ich ihn auch gerne mit nur kleinen Anpassungen. Deine Argumentation würde aber nur dann passen, wenn ich vor allem auf diese Karte setzen würde. Was nicht der Fall ist.
Um das einmal ganz deutlich zu sagen: Ich würde meine Vorgehensweise beim Musikmachen nicht als ganz besonders nachahmenswert oder gar den einzig glücklich machenden Weg bezeichnen. Es ist halt zufällig meiner, mehr nicht. Er ist auch nicht besonders exklusiv oder neu, aber es ist der Weg, der sich für mich als der beste herausgestellt hat. Ich habe auch überhaupt nichts gegen den SY99. Ich finde es auch toll, mit welcher Vehemenz du ein von dir geschätztes Instrument "verteidigst". Deine Argumentation ändert aber aus den von mir genannten Gründen nichts daran, dass ich das Gefühl habe, dass ich die Vorteile des SY99 gegenüber seinem kleineren Bruder nicht genug nutzen würde, als dass sich der fast doppelt so hohe Gebrauchtpreis für mich lohnen würde. Selbst in dem aktuellen Gedankenspiel - denn wie schon geschrieben bin ich mit dem DX7, dem DS-8 und dem CZ-1000 für den Moment erst einemal mehr als ausgelastet.