in den 80ern gabs immer Kleinanzeigen in den Musikzeitschriften in denen der berühmte einzigartige superrealistische DX7 Flügel Patch beworben wurde den man da kaufen konnte.
Ich würde den Sound gerne mal hören und mich würde auch interessieren wie der aufgebaut ist.
Das geht nicht…
…schlichtweg deshalb nicht, weil man diesen "superrealistischen DX7-Flügelklang" nicht mehr so wahrnehmen kann, wie man ihn damals gehört hat: Damals hat man nicht nur glauben wollen, dass der DX7 einen Flügel halbwegs realistisch wiedergeben kann, nein, man hat das tatsächlich geglaubt – und wenn man den Klang dann gehört hat, hat dieser Glaube genügt, um die deutliche Distanz zwischen Vorstellung und Wahrnehmung zu überbrücken.
Diesen Glaubensakt kann heute niemand mehr vollbringen.
Damals jedoch – vor 35 Jahren – war dieser Glaubensakt aus mehreren Gründen ungleich einfacher:
Erstens erschienen etliche Werkssounds des DX7 für damalige Ohren (wir reden von 1983!) nahezu unheimlich realistisch – man denke an die E-Pianos, Glocken, Vibraphon, Clavinet, Bässe, Bläser – vor allem, wenn man sie mit dem verglich, was man unter entsprechenden Klangnamen von analogen Synthesizern, selbst den kostspieligsten, angeboten bekam.
Zweitens wusste man zwar, dass es Sampler gab – Fairlight, E-mu Systems Emulator (und zwar der alte!) –, doch war zum einen deren Klangqualität erbärmlich, weiterhin waren die Sample-Zeiten mit etwas mehr als einer Sekunde unfassbar kurz, und zum anderen waren sie nicht multisampling-fähig. Das führte dazu, dass mit diesen Instrumenten nicht versucht wurde, existierende Naturinstrumente möglichst perfekt wiederzugeben, sondern dass die von ihnen erzeugten Klänge zwar an natürliche Klänge erinnerten, aber eine ganz eigene ästhetische Qualität entwickelten, die etwas Drittes war, was ganz bewußt zwischen "Naturinstrument" und "Synthesizer" lag. Damals war es toll, eine Formantverschiebung zu hören, das war damals ebenso erregend wie vorher der Moog-Filter-Sound des Minimoog. Und davon abgesehen waren die Teile unvorstellbar teuer.
Drittens lag der erste erschwingliche multisample-fähige Sampler (Ensoniq Mirage für 5.800 DM) bei Erscheinen des DX7 noch zwei Jahre in der Zukunft.
Das führte viertens dazu, dass der vermeintliche Realismus etlicher DX7-Klänge sich eben nicht – wie heute! – mit dem der Multi-Sampler- und Rompler-Klängen messen musste, sondern schlichtweg den Gipfel dessen darstellte, was man an Authentizität mit Synthesizern nun einmal erreichen konnte.
Und schließlich war – fünftens – die FM-Synthese für den Großteil der DX7-Kundschaft ein Buch mit sieben Siegeln, eine Geheimwissenschaft, so unfassbar kompliziert, dass man ihr, wenn nicht schon alles, so doch zumindest sehr vieles zuzutrauen bereit war.
Zwar ahnte, ja wusste man wohl schon damals, dass es mit dem Realismus dieses DX7-Flügels nicht wirklich weit her sein kann, aber in Anbetracht der Tatsache, dass es nichts anders gab, was realistischer klingen konnte, war man nur zu gerne bereit, den zahllosen Werbeanzeigen für vermeintlich realistische DX7-Flügel Glauben zu schenken…denn wer weiß: Wenn der DX7 schon das E-Piano so perfekt emulieren konnte, warum dann nicht auch den Flügel?
Those were the days, und Himmel, was bin ich für ein alter Sack…