Hier mal ein persönliches Review zum M8 mit etwas Vorgeplänkel…
Um es vorwegzunehmen: der dirtywave M8 ist nicht mein erster Tracker.
Vor Urzeiten fing es mit einem Trackerprogramm auf dem Atari 1040St an. Wenn man an alte Tracker denkt, fällt einem wahrscheinlich eher der Amiga ein.
Als Polyend den Polyend-Tracker herausbrachte, kamen sehr wage, aber tolle Erinnerungen an die Trackerzeit zurück. Ich musste ihn unbedingt haben - und sei es,
dass ich mir nur romantisierte Erinnerungen kaufte.
Ich hatte viel Spass damit, auch wenn ich schnell an Grenzen stieß. Der Polyend Tracker macht vieles Richtig, dass muss man sagen. Aber er ging nicht so sehr in die Tiefe,
wie ich mir das wünschte.
Das grundsätzliche Interesse für Tracker war wieder geweckt und ich schaute, was es noch so auf dem Markt gab.
Ich entdeckte den dirtywave m8.
Es hatte fast 2 Jahre gedauert bis ich ihn eeeeeeeeeeeeeeendlich am Dienstag der letzten Woche in der Hand hatte. Ich hatte die wirklich sehr kurzen Zeitfenster der
Möglichkeit ihn zu bestellen immer verpasst und auf dem Gebrauchtmarkt war er auch fast nie zu haben (Außer zu Preisen jenseits der 1000€).
Zur Hardware:
Im M8 werkelt ein Teensy 4.0 (micro computer), auf dem mittels einer schnellen micro-sd Karte alles läuft.
Der M8 besitzt ein kleines Display, das trotz der geringen Größe relativ gut zu lesen ist.
Über den USB Anschluss des M8 und
dieser Webadresse kann man den Tracker auch auf dem Bildschirm eines PC/Mac spiegeln.
Es gibt einen micro-sd Kartenslot, TRS-Midi in/out, Audio in/out, Akku (ca. 4-6 h) und 8 Taster.
Der M8 fungiert auch als Audiointerface, Inklusive Midi in/out.
Das Gehäuse ist wirklich schön, aus Metal und rock solid. Der M8 ist wertiger, als die meisten Synths,
Grooveboxen, etc. die ich besitze.
Das Innenleben:
Trackertypisch gibt es hier 8 Tracks, die mit einem Macrosynth (Braids), Wavsynth, 4op FM-Synth,
einen Sampler und bald in der Version 3.0 mit einem Hypersynth, gefüllt werden möchten.
Natürlich bin ich gleich in die Discordgruppe gegangen, in der Timothy Lamb - der Vater des M8 mit seiner Community täglich schreibt.
Hier konnte ich auch die neueste Beta ausprobieren mit dem Hypersynth.
Der Hypersynth kann bis zu 8 Stimmen - ja, ihr habt richtig gelesen. Warum ich das erwähne?
Meist muss man in anderen Trackern für Pads, Keys, etc. verschiedene Tracks nutzen oder alle Stimmen zu einem Track rendern.
Der Sound - von warmen Pads über satte Bässe, Keys, Synthsounds kann der Hypersynth sehr vieles und klingt dabei traumhaft.
Bedienung & Struktur:
Tracker sind nicht dafür bekannt, die am einfachsten zu bedienenden Geräte zu sein.
Auch wenn man schon etwas Erfahrungen mit Trackern hat ist hier eine gewisse Einarbeitungszeit von Nöten,
da das Muskelgedächtnis erst einmal die Tasten & Tastenkombinationen lernen und verinnerlichen muss.
Doch wenn das geschafft ist bewegt man sich sehr schnell und flüssig auf dem M8.
Es gibt verschiedene Pages durch die man navigiert, wie z.B. Song Page, Chain Page, Phrase Page, Instrument Page usw.
Die Song page beinhaltet 8 Tracks, wobei jeder Track 255 Chains/patterns haben kann. Eine Chain kann 16 Phrasen beinhalten,
die wiederum 16 steps beinhalten. Also bei 4 Takten ist noch lange nicht Schluss.
In den Phrasen werden die Noten, Lautstärke, Instrumentenzuordnung und die fx gesetzt. FX steht dabei nicht unbedingt für
ein Delay oder Reverb - es kann so ziemlich alles beeinflusst werden: Von Ratcheting, Slide, Cutoff, einzelne Parameter des Instruments,
Mixersteuerung, Sequencersteuerung und vieles mehr. Es gibt etwas über 100 fx Befehle, die jeder Zeile in einer der 3 fx spalten
zugeordnet werden können. Das ist noch nicht alles…
Extras:
Im M8 werkelt überdies etwas das sich Table nennt. Wenn man versucht herauszubekommen, was das sein soll bekommt man
bestimmt 100 verschiedene Antworten.
Für meine Begriffe könnte man eine Table am ehesten mit einem Minisequencer (der mit Faktor-x schneller läuft als der normale sequencer) beschreiben,
der dem jeweiligen Instrument (FMsynth, Wavsysnth, macrosynth, etc. zugeordnet ist. Hier kann man zusätzlich 3 fx vergeben.
Es ist also unheimlich viel möglich und ich bin erst am Anfang meiner M8 Reise.
Eines wird deutlich: Er ist gekommen, um zu bleiben…
Hier noch ein kleines Soundbeispiel, bei dem ich unter anderem den Hypersynth für pads und Bass testen wollte.
Direkt aus dem Gerät, keine Samples nur interne Synths:
https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=y5cQ4p_kYsE
EDIT: Ganz vergessen - Für Leute, die den M8 mal ausprobieren möchten... es gibt einen sogenannten Headless M8. Das heißt, man besorgt sich ein Teensy 4.1 (ca. 35€) eine schnelle micro sd (sandisc ultra 32 gb) lädt 1-2 Sachen und
verbindet den Teensy per usb mit dem PC/Mac - öffnet den link (siehe oben) im Chrome Browser.
Den Headless M8 hatte ich auch vor dem "richtigen M8" - man bekommt einen Eindruck von dem Tracker, aber es fehlt irgendwie die Haptik, der Augenschmaus und die Schnelligkeit des "echten m8"
Anleitung auf english: https://github.com/DirtyWave/M8Docs/blob/main/docs/M8HeadlessSetup.md. (den letzten Schritt - das mit dem installieren von Touch designer kann man sich sparen, wenn man die Webversion nutzt).