Crumar Performer - Fragen zur Reparatur und zu Bauteilen...

siliconscientist

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Moin!

Mir ist Anfang des Jahres ein sehr gut erhaltener Performer unter die Finger gekommen. Bei der Vorführung hat er wunderbar funktioniert, aber man hörte schon ein verdächtiges Knistern vorne rechts unter der Tastatur. Ein kurzer Blick unter die Haube bestätigte dann auch, dass sich vorne rechts Kondensatoren befinden und dass an einem Bauteil braunes Zeugs klebt. Ich habe den Performer trotzdem gekauft (mit Preisnachlass) und mir vorgenommen, die Reparatur selbst vorzunehmen. Im Lauf des Jahres habe ich mir Lötkenntnisse angeeignet und wollte nun loslegen, Bauteile bestellen usw. Aber ich bin leider schon beim ersten Bauteil an meine Grenzen gestoßen... Ich weiß zwar ungefähr, was die Bauteile für sich genommen tun und wie sie auf dem Schaltplan aussehen, aber ich kann keine Schaltung "lesen" im Sinne von "verstehen". Daher schreibe ich hier und hoffe, dass mir vielleicht jemand ein paar Tipps geben kann, damit ich nichts Falsches einbaue. Ich würde mich erst einmal nur mit der Netzteilplatine vorne rechts befassen. Der Schaltplan für diese Platine ist hier zu finden.

Problem 1: Das Bauteil mit dem braunen Zeugs ist gar kein Kondensator, wie ich erst gedacht hatte, sondern ein Widerstand! Laufen Widerstände auch aus...? Lt. Schaltplan ist es R3 => 15 Ohm / 2 W - Messung am Bauteil ergab 15,1 Ohm. Es scheint also alles in Ordnung zu sein, aber warum klebt dann dieses Zeugs an dem Widerstand - was kann da passiert sein? Sollte ich das Teil lieber auswechseln, was für ein Widerstand ist das genau und wie wichtig ist die Toleranz? Von den Werten her würde dieses Teil von Reichelt z.B. passen:
2W DRAHT 15 Drahtwiderstand, axial, 2 W, 15 Ohm, 10%
... aber ist das Teil im Performer überhaupt ein Drahtwiderstand?
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Problem 2: Die Elkos sehen noch gut aus, ausgebeult oder ausgelaufen ist da nichts, aber sollte ich sie lieber trotzdem austauschen? Das gelbliche Zeugs auf dem Elko im Bild oben ist übrigens Klebstoff, mit dem ein abgewinkeltes Pappstück auf den Elkos befestigt war. Auch hier wieder die Frage zum Bauteilkauf, falls die Teile gewechselt werden sollten: Wie wichtig ist die Toleranz? Bei den meisten Elkos, die Reichelt anbietet, sind 20% angegeben und bei einem Hersteller zusätzlich noch ein "ripple current". Ist der wichtig?

Problem 3: In diesem Beitrag habe ich gelesen, dass die Tantal-Kondensatoren abgeknipst (oder wahrscheinlich besser ausgewechselt) werden sollten. Auf meiner Netzteilplatine finde ich nur zwei (allerdings grüne) Bauteile, die ansatzweise eine "Tropfenform" haben, dazu die Aufschrift 104K100V. Das dürften die beiden 100 nF-Kondensatoren C5 und C7 sein, aber im Schaltplan finde ich keine Angaben zur Polung. Also sind das doch Folienkondensatoren, oder? Die beiden weißen Kästchen mit der Aufschrift .33 J 250 müssten dann C4 und C6 sein (330 nF, lt. Schaltplan auch nicht gepolt => Folienkondensatoren?).
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Übrig bleiben nun noch die vier roten "WIMA"-Kästchen. Eigentlich müssten das auch Folienkondensatoren sein (gibt es sogar noch), nur sind sie im Schaltplan als gepolte Kondensatoren eingezeichnet (C2, C3, C10, C11), was ich nicht verstehe.
Aber müssen die Folienkondensatoren überhaupt ausgetauscht werden?

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Soviel erstmal für heute... Danke fürs Lesen - vielleicht hat ja jemand Lust, mir bei diesem kleinen Projekt zur Seite zu stehen... 😊
 
Der grüne Kondensator ist kein Tantal, den kannst Du beruhigt drin lassen. Ebenso die roten WIMA. Der Widerstand lt. Deiner Messung offenbar noch in Ordnung (zum Messen hattest Du aber ein Bein aus der Platine rausgelötet, oder? Falls nicht, kann die Messung fehlerhaft sein!).

Der Widerstand ist entweder mal heftig heiß geworden (= überlastet), oder es ist mal irgend 'ne 'Suppe' draufgetropft, die diesen Brandfleck auf dem heißen Widerstand ausgelöst hat. Daß ein solcher Widerstand ziemlich heiß werden kann, ist normal!

Elkos müssen nicht 'defekt aussehen' - sie können auch intern austrocknen und so ihre Kapazität verlieren. Ebenso können sie intern einen Kurzschluß haben.

Miss die drei Spannungen (+12v, +9.1 und +6.2 Volt). Evtl. liegt der Fehler auch 'hinter' dem Netzteil. Dann kann ein defektes Bauteil den Stromfluß soweit erhöhen, daß der entsprechende Netzteilzweig zu stark belastet wird und beschädigt wird.

Den beschädigten Widerstand auf alle Fälle austauschen!
 
Der grüne Kondensator ist kein Tantal, den kannst Du beruhigt drin lassen.
Die Tantals sind C2 und C3 im "-24V"-Zweig und C11 / C12. Von Deinen Bildern her nehme ich an, dass die schon mal jemand gegen die Wimas getauscht hat.

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Miss die drei Spannungen (+12v, +9.1 und +6.2 Volt). Evtl. liegt der Fehler auch 'hinter' dem Netzteil. Dann kann ein defektes Bauteil den Stromfluß soweit erhöhen, daß der entsprechende Netzteilzweig zu stark belastet wird und beschädigt wird.

R1 liegt nur im 6.2V Zweig. Möglicherweise hat(te) die Zenerdiode einen Kurzen, dann wird Widerstand sicher durchschmelzen.
 
@Miks und @fanwander : Super, vielen Dank an Euch für die Antworten! :) Ich habe den Performer gerade mal für ein paar Minuten eingeschaltet - er läuft und die Spannungen sehen m.E. unauffällig aus: 12 V => 11,99 V / 9,1 V => 8,93 V / 6,2 V => 6,46 V. Vielleicht ist das braune Zeugs auf dem Widerstand ja doch nur Klebstoff, der sich wegen der Hitze des Bauteils verfärbt hat. Wie gesagt, auf den Elkos befinden sich auch Klebstoffreste, mit denen dieser Pappstreifen befestigt war. Möglicherweise ist damals bei der Endmontage ein Tropfen Klebstoff danebengegangen - Kontakt mit dem Pappstreifen hatte der Widerstand nicht, dafür sitzt er zu tief. Ich werde ihn trotzdem lieber austauschen. Könntet Ihr mir vielleicht noch einen Tipp geben, was für einen Widerstand ich da genau nehmen muss? Es gibt so viele verschiedene Bauarten (Kohleschicht-, Metallschicht-, Dünnschicht-, Dickschicht-, Metalloxid-, Drahtschicht-Widerstände usw. ...). Die Elkos werde ich dann auch mit austauschen - was sollte ich da idealerweise nehmen (Stichworte "Toleranz" und "ripple current")?
Die Tantals sind C2 und C3 im "-24V"-Zweig und C11 / C12. Von Deinen Bildern her nehme ich an, dass die schon mal jemand gegen die Wimas getauscht hat.
Das kann gut sein - der Vorbesitzer sagte mir, dass der Performer schon einmal professionell überarbeitet worden ist.
 
Die Tantals sind C2 und C3 im "-24V"-Zweig und C11 / C12. Von Deinen Bildern her nehme ich an, dass die schon mal jemand gegen die Wimas getauscht hat.

R1 liegt nur im 6.2V Zweig. Möglicherweise hat(te) die Zenerdiode einen Kurzen, dann wird Widerstand sicher durchschmelzen.
Das mit den Tantals könnte sein.

Der TO schrieb jedoch: R3 => 15 Ohm / 2 W - war evtl. ein Versehen. Denn dieser liegt ja in Reihe zu beiden, den 9.1V & 6.2V Zweigen. Mit dem R1 hast Du natürlich recht.
 
Könntet Ihr mir vielleicht noch einen Tipp geben, was für einen Widerstand ich da genau nehmen muss?
Wär's meiner würde ich zu diesem Widerstand greifen (hat dann etwas 'Reserve'):
 
@Miks / @fanwander : Darf ich Euch noch einmal kurz wegen des Performer nerven? ;-) Die Bauteile sind jetzt da und ich möchte am Wochenende den Austausch in Angriff nehmen. Mir ist nun aufgefallen, dass die alten Bauteile quasi "schwebend" eingelötet sind, da ist also zwischen Bauteil und Platine etwas Platz. Das sollte ich bei den neuen Bauteilen lieber auch wieder so machen, oder? Ich könnte mir vorstellen, dass damit eine bessere Belüftung erreicht werden soll... Der betroffene Widerstand scheint sogar in eine Art "Abstandhalter" eingelötet zu sein, das sieht man auf diesem Bild sehr gut:

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So etwas habe habe ich nun nicht da und ich weiß nicht, ob man den Widerstand aus dieser Hülse herauslöten kann. Würde es zur Not auch reichen, wenn ich den Widerstand ohne Hülse mit etwas Abstand zur Platine einlöte oder sollte ich lieber mal schauen, ob ich solche "Abstandhalter" im Fachhandel finde? Wisst Ihr ggf. auch, wie die Dinger heißen? Ich habe bei Reichelt schon alle möglichen Begriffe eingegeben, aber ich finde nichts Passendes...

Danke schon mal für Eure Hilfe!!! 🤗
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sollte ich bei den neuen Bauteilen lieber auch wieder so machen, oder?
Ja, korrekt.

So etwas habe habe ich nun nicht da und ich weiß nicht, ob man den Widerstand aus dieser Hülse herauslöten kann. Würde es zur Not auch reichen, wenn ich den Widerstand ohne Hülse mit etwas Abstand zur Platine einlöte oder sollte ich lieber mal schauen, ob ich solche "Abstandhalter" im Fachhandel finde?
Entweder Du machst in beide Anschlussbeinchen einen V-Knick in der richtigen Höhe, damit das Bauteil beim Durchführen den vorgegebenen Abstand zur Platine beibehält. Das Bauteil muss beim Löten korrekt ausgerichtet werden.

Oder Du verwendest sogenannte Aderendhülsen für. Aderendhülsen Sortiment bei Conrad
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@satchy / @fanwander : 1000 Dank für Eure Hilfe! Und ich habe mit 52 noch ein neues Wort gelernt - auf "Aderendhülse" wäre ich von selbst nicht gekommen... 😅 Aber die Dinger werde ich erstmal nicht bestellen - das mit den Abständen müsste ich eigentlich hinbekommen. 🙂
 
So, es hat (hoffentlich) alles geklappt - die neuen Bauteile sind drin und der Performer läuft! 😊

Eine Herausforderung gab es noch beim Ausbau der alten Teile: Ich hatte ja gestern noch gedacht, dass die alten Kondensatoren mit Abstand zur Platine eingelötet waren, aber das sah nur so aus - tatsächlich waren sie mit irgendeinem Kleber an der Platine befestigt und hatten dadurch etwas Abstand. Ich habe sie zum Glück entfernt bekommen, ohne die Platine zu beschädigen, aber die Kleberreste sind so steinhart, dass ich sie nicht weg bekommen habe. Ich habe die Kondensatoren jetzt tatsächlich mit etwas Abstand eingelötet, damit sie nicht direkt auf den Kleberresten aufliegen. Den ursprünglich aufgeklebten Pappstreifen, der die Kondensatoren wohl von der darüber liegenden Kontaktleiste unter der Tastatur isolieren soll, habe ich erstmal nur lose aufgelegt, da ich keinen nicht brennbaren Kleister da habe. Uhu will ich da lieber nicht draufschmieren... 🦉 Der Performer bleibt sowieso bei mir im Studio und wird nicht bewegt, von daher sollte das vorläufig auch so funktionieren.

Das war jetzt natürlich erstmal nur die Netzteilplatine - den Rest werde ich bei Bedarf auch mal angehen, aber da gibt es im Moment keinerlei Probleme. Ich vermute, dass auch schon mal Kondensatoren ausgetauscht worden sind, einige sehen recht neu aus und das Audiosignal ist genau so, wie es sein soll.

Also, vielen Dank nochmal für Eure Hilfsbereitschaft, das war wirklich eine sehr lehrreiche Sache für mich! 😊
 


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