nachdem ich mich gestern ein paar Stunden mit dem Phi beschäftigt habe, ist mein Eindruck ambivalent ...
Der Editor funktioniert soweit recht gut, und wenn man sich halbwegs mit den gängigen Synthesemodulen/FX und der Bedienung einer Modmatrix auskennt, bekommt man schnell interessante Patches erstellt. Beim Rumspielen ist mir der Editor zweimal (meist nach dem Speichern) und das Gerät bisher noch nicht abgestürzt.
Eine Zeitlang dachte ich, bestimmte Oszillatoren hätten Notenhänger, aber das passiert, wenn man die Modulation Haupt-Envelope auf Expression, die im Initpatch voreingestellt ist, entfernt.
Soweit ich bis jetzt verstanden habe, besteht die Bedienung am Gerät allerdings hauptsächlich aus dem Tweaken von Makros (der "Matrix"-Mode), die natürlich vorher beim Patchbau mit Modulationsziel(en) werden müssen. Oszillatoren, Modulatoren oder FX an der Hardware direkt anzulegen, ist mir nicht gelunden (geht das überhaupt)? Ich habe die Anleitung bisher nur quergelesen, aber ganz eindeutig ist die da m.E. nicht.
Außerdem lässt sich die Modmatrix über die Hardware bearbeiten (aber natürlich nicht so elegant wie mit dem Editor). Daher fühlt sich das Gerät für mich bisher wie eine (relativ hochpreisige) Software mit Hardwaredongle an.
Die UI der App lässt sich sicher noch etwas optimieren (z.B. führt die horizontale Ausrichtung der Modulationen schnell zu Scrollorgien, außerdem ist der Kontrast teilweise etwas mau, da sich die Hauptfarbe der eingestellten Patchfarbe anpasst).
Kritikpunkte an der Hardware soweit:
- der Encoder zur Patchauswahl bzw. zum Durchsteppen der Tabs im Menü tastet nicht synchron mit der Rasterung ab: die Anzeige springt teilweise mitten zwischen zwei Einrastpunkten um (vermutlich kein generelles Problem).
- die Gehäuseoberseite hat an der Vorderkante etwas Spiel, so dass man beim Rumklopfen auf dem Piezo zuerst das Klappern des Gehäuses hört ...
- Es ist (zumindest bisher) nicht immer klar, wann der Hauptencoder welche Funktion hat: Ich habe mehrmals ungewollt einen anderen Patch ausgewählt, als ich dachte, ich würde mich mit dem Encoder in den Menüs bewegen. Hier wäre es vielleicht besser, den Patch (gerade nach Änderungen) erst nach Bestätigung umzuschalten.
- Das Beschleunigungsverhalten der Encoder zum Bedienen der Makros kann eingestellt werden - allerdings muss man dennoch oft viel oder schnell drehen; dafür empfinde ich die Rasterung der Encoder als etwas zu "hart" (ganz ohne Widerstand wie z.B. bei den Modal-Synths wäre aber auch nicht ideal - beim DSI Rev2 haben sie z.B. eine angenehme Rasterung).
- Die Anzeige der Einzel-LEDs verwirrt (noch) manchmal: Was es bedeutet, wen hier mehrere gleichzeitig in bestimmten Farben leuchte, erschließt sich ohne Anleitung nicht sofort. Auch die Shift-Funktionen sind eher ein Kandidat für die Anleitung auf dem Schoß.
Grundsätzlich ist das Gerät aber recht robust gebaut.
Im Auslieferungszustand sind nur wenige (mit Makros ausgestattete) Patches enthalten. Ich habe bisher nur das Firmwareupdate eingespielt, aber nicht die Patchbank, die zum Download angeboten wird; ob die mehr Patches enthält, kann ich daher noch nicht sagen.
Für mich als Keyboardspieler kann ich mit dem Editor zügig Klänge erstellen, die sich mit den üblichen Spielhilfen (und vielleicht noch ein paar CCs für die DAW-Automation) vielseitig spielen lassen. Die Motivation, mehr als 1-2 Makros zu bauen, damit das Tweaken am Gerät (und vor allem die Morph-Funktion zwischen zwei Matrixeinstellungen) Sinn macht, hat mir aber bisher gefehlt - zumal ich es mir relativ mühsam vorstelle, für alle Makros sinnvolle Parameter zu finden.
Hier würde man sich eine größere Anzahl an gut ausgestatteten Werkspatches wünschen, an denen an "herumschrauben" kann (die Ergebnisse können dann ja als Basis eigener Patches verwendet werden). Mit etwas Zeit kann man natürlich darauf hoffen, dass die Usercommunity hier entsprechend Content generiert. Ich bin eher jemand, der sich einen Patch (auch "from Scratch") zügig nach Bedarf hindreht - das schließt aber keine 16 Makroparameter mit teilweise mehreren Modulationszielen ein (auch am Hydrasynth lege ich wenn überhaupt höchstens 2-3 Makros pro Patch an).
Der Klang des Phi (und interessanterweise auch der Klang des Filters) ist allerdings wirklich gut und vielseitig - auch der (semi)modulare Aufbau mit der App lädt zum Experimentieren ein und geht gut von der Hand. Ich werde mich auf jeden Fall noch länger mit diesem Synth beschäftigen, aber ob er ein "Langzeitkandidat" für mich ist, weiß ich noch nicht, da ich sonst eher der haptische Schrauber bin (Mausschubsen kann ich beruflich und beim Arrangieren in der DAW schon genug).
Möglicherweise lohnt sich auch die Anschaffung eines Blaswandlers wieder - ich hatte vor Jahren mal einen Yamaha WX5 mit VL70-m, wobei ich das Modul aber nur als Presetschleuder verwendet habe. Mit dem Phi könnte das wieder spannender werden.