ich geb mir echt Mühe, herauszuhören wo, wann und an welcher Stelle ein Virus '90er' klingt.. und ich habe nicht wenig Musik gehört, schon in den 70ern, 80ern und 90ern... vielleicht habe ich nicht die 'richtige' Musik gehört. Allerdings bin ich der Meinung dass ein Sägezahn oder Rechteck nun mal klingt wie Sägezahn und Rechteck. Vielleicht gibt es ja Menschen, die einen 70er, 80er und 90er Sägezahn unterscheiden können, ich kann es nicht. Aber ehrlich mal -rein von der Physik her- ist doch ein Sägezahn ein Sägezahn oder? Kleine, bauteil- oder berechnungs-bedingte Unterschiede, hier mal ne kleine Verrundung, dort mal eine kleine Verbiegung. Das führt zu geringen Unterschieden, die man sicher im Klang hört aber kann man echt und ernsthaft daraus auf den typischen Sound einer Dekade schließen? Man bekommt doch aus einem Virus wesentlich mehr heraus als 90er-Techno-Tröten...
Eigentlich ist es sogar notwendig, dass man das erläutert. In meiner Aussage der 90er in Bezug auf VA-Synths ist natürlich die Rechentiefe und Art der Algorithmen mit gewissen Zugeständnissen an damalige Rechenkerne der Grund - JP8000, Virus und Nord Lead sind ja grundsätzlich anders im Klang und dennoch sind sie alle irgendwie in einer ähnlichen Zeit entstanden und zudem im Fahrwasser von "was passiert nach Multisynthese mit Menüs wenn man das mit Knöpfen macht" - Das Ergebnis kennen wir ja - jahrelanger Stillstand bei Strukturen aber Fortschritt bei der eigentlichen Verbesserung der Engines. Die sind sehr sehr unterschiedlich und ich hab hier ja schon Sachen angestoßen wie Schwurbel und Eciter, Bandlimit und Rechentiefe, die jeweils Artefakte hervorbringen. Bei Clavia kostet es simpel gesagt den fetten Bass, beim Virus die analoge Natur und beim JP wohl Snappyness. Heutige Synths können das besser und dennoch wird man in 10-20 Jahren noch sagen - ja, da ist noch ein Rest von dem übrig, was wir jetzt subtil wahrnehmen und damals eben schwer zu überhören war. Das ist der 90er Sound, auch die Workstations klangen plötzlich so, ein Fantom der älteren Generation begann ebenso diese Ästhetik zu formen und und und..
Es ist also das, was ich damit meine.
Andersherum ist der Virus ein Überbleibsel der Multimode-Idee und der absoluten Alles-Maschine wollte er ja nicht dienen, denn er hat ja keine Samples oder sowas. Das ist heute ganz anders weiter gelaufen - Man hat heute Wavetables - aber Samples sind noch immer eher selten - Prophet X und Quantum rangieren auf verschiedenen Bahnhöfen und so weiter.
Das ist also ein sehr weiträumiges Feld. Und ja, diese Artefakte haben auch andere Synths, die in der Zeit geschaffen wurden, auch mein geliebter Microkorg.
Achja - die Form des 3-Oktaven Virus fand ich jedenfalls total attraktiv. Den Sound leider nicht so und vom MS2000 war ich auch nicht zuerst direkt Feuer und Flamme - eher gar nicht. Ich hab ihn gekauft, weil ich was für die Bühne haben wollte und dachte - schön, es gibt nichts anderes, der Rest klobiert mit vielen Kilos da umher. Das ist nicht was ich brauche.
Und und und.. Gibt da viel zu sagen, bin aber echt nicht so gewillt hier einem der den Virus Sound liebt das alles zu versauen, er liebt ihn und möchte ihn wegen des Sounds - deshalb gibt es da auch nur die Antwort - nimm ihn!
Das wird dann auch glücklich machen. Und so sollte es sein. Was soll ich da meine persönlichen Ziele mit meiner Musik oder Ästhetik aufdrängen?
Das ist quasi aus meiner Sicht schon gebongt. Man muss da auch einfach unterscheiden können und ich habe etliche tolle Acts mit den Teilen super Konzerte gehört. Die meisten sind flächig und mit Bass oder sowas. Das kann er nämlich.
Es gibt sogar eine Szene, die diesen Sound faktisch haben "muss". Mehrere sogar. Aber es ist eben auch eine Zeitsignatur.
Ich bin sicher, dass die Synths der nächsten Generation anders sind.
Und ich kann sogar nachvollziehen, was mit "klingt wie Plugin" gemeint ist. Stichwort NF1.
Das sind die, die eben keine Emulationen sind, die auch andere Rechentiefen haben aber eben nicht versuchen Moog und Roland zu sein.
Die kann man beurteilen anhand vieler Dinge zB wie die Resonanz und der Bass sich verhalten etc.
Das ist zB was, was Roland so schön mit dem SH101 oder Juno gemacht haben - oder in der 303, ..oder Oberheim zB..
Arp hingegen weniger. aber das sind halt analoge Vorbilder und Technik. Ich denke, Digital wird einen interessanten Weg gehen und mittelfristig interessanter und weitreichender sein können. Analog wird weiter seine Berechtung haben, achja - es gibt da auch schon sowas wie eine Zeitsignatur.. 70er Analog ist anders als 90er.
Aber das sind quasi Schubladen auf denen ich nie bestehen würde und schon gar nicht offiziell - aber man kann sie verwenden, um bestimmte Sounds zu sortieren. Ich selbst mache es in meinem Kopf nicht über Dekaden. Es ist schon anders - aber es gibt eine Reihe von Sounds die ich sehr mag und andere, die ich eher beiläufig sehe und nicht zu wichtig für meinen Sound und manchmal gibt es Überraschungen.
Egal - zu lange und zu OT..
TL;DR