serge
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Zum 3D-Konzerterlebnis vielleicht dieser Erfahrungsbericht, habe ich im Januar 2013 im Kraftwerk-Forum gepostet: Als Kind saß ich staunend vor'm Fernseher und hörte Dieter "Thomas" Heck beklagen, dass der Titel "Die Roboter" zwar auf Platz soundso der ZDF-Hitparade sei, die Gruppe "Kraftwerk" aber nicht auftreten wolle. Da ich "Robbi, Tobbi und das Fliewatüt" schon immer besser fand als "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer", war mein Interesse geweckt und seitdem nicht mehr erloschen.
Warum's dennoch 35 Jahre gedauert hat, bis ich ein Kraftwerk-Konzert besucht habe? Von der "Computerwelt"-Tournee habe ich als Landei am Rand der Lüneburger Heide nichts mitbekommen – weder stand's im örtlichen Käseblatt, noch berichtete der Norddeutsche Rundfunk darüber –; und später hat mir die Klanggestalt von "The Mix" nicht so gefallen, dass ich dafür ein Konzert hätte aufsuchen mögen. Und als schließlich Herr Schneider das Schiff verliess, schien mir selbiges so sehr im Sinken begriffen, dass ich dabei nicht zuschauen, geschweige denn auch noch nach München reisen mochte.
Hingegen versprach die Konzertreihe in Düsseldorf, die "Klassiker" erstens der Reihe nach, zweitens vollständig und drittens vor allem in einem an das Original erinnernde Klanggewand zur Aufführung zu bringen. Ein langjähriger, lieber Freund, dem ich auch sonst das eine und auch andere verdanke, verschaffte mir eine Karte – und gestern war's dann so weit: "Die Mensch-Maschine".
Um es kurz zu machen: Es hat mich schlichtweg umgehauen. Im besonderen allerdings zwei Stücke, von denen ich es niemals erwartet hätte – dazu muss ich aber etwas ausholen.
Ich weiss nicht, wie's dem geneigten Leser geht, aber für mich ist die Wahrnehmung von Musik sehr stark mit visuellen Assoziationen verbunden. Und wenn ein Titel "Metropolis" heisst wird, fällt's mir schwer, nicht die Bilder aus Fritz Langs Werk vor'm geistigen Auge zu haben. Denn unter uns – das Stück und der Film haben für mich nie recht zusammengepasst. Ja, sicher, die Bauten zu Beginn, aber das war's auch schon – mit dem Rest des Films und vor allem seiner Geschichte hatte das Stück in meinen Augen und Ohren nicht wirklich etwas gemein.
Um wie vieles passender dagegen die 3D-Animationen zu "Metropolis" gestern abend! Langsame, bedächtige, fast zögernde Fahrten durch abgründige, labyrinthische Häuserschluchten, die in ihrer Reduktion auf die Elemente einer erbarmungslosen Massenarchitektur – Quader und Rechtecke, letztlich weiße Linien auf schwarzem Grund – mir so trostlos erschienen und in 3D so unausweichlich nahe kamen, dass mich die Musik in einem vorher nicht verspürten Maße berührte.
Der Hammer war allerdings "Trans Europa Express", und dies absolut unvermutet: Denn ich habe diesem Stück allenfalls aus historischen Gründen etwas abgewinnen können (Afrika und so weiter). Den Rest der Platte fand ich wunderschön, allen voran "Europa Endlos", ein so "sonnendurchflutetes" Stück (schon wieder Kopfkino), zu dem der "T.E.E." nun überhaupt nicht passen wollte. Zudem erwähnte ich ja schon, dass ich es mit Lokomotivführern nicht so hatte.
Bis gestern abend. Zum einen war das Stück stilsicher in die Gegenwart befördert worden, zum anderen aber haben mir die Visuals schlicht und einfach gezeigt, wohin beim "Trans Europa Express" die Reise geht: durch die Nacht. Deswegen hat das Stück jahrzehntelang für mich nicht funktioniert.
Aber wie dieser Zug durch die Nacht brauste! Wieder weiße Linien auf schwarzem Grund, und alles war weg, was dieses rasende, gewaltige Wesen aus Stahl hätte aufhalten oder von ihm ablenken können. Sah man bei "Autobahn" noch Verkehr und Landschaft, gab es hier weder andere Züge, noch Signale, nur den Zug und die Geleise – diese befreit vom letzten, optisch im Weg liegenden Element: den Schwellen. Passagiere sah man nicht, nur die erleuchteten Fenster von außen, helle Rechtecke in schwarzer Nacht. Und dann der Blick der Maschine selbst auf das, was einzig und ausschließlich vor ihr liegt: sich windende Geleise, ab und an Wellen aus Weichen, schnell weiter, immer fort.
Dann bei "Metall auf Metall" plötzlich ein anderes Element: Eine Eisenbrücke, die Schienen und Zug trägt – eben Metall auf Metall, Tonnen davon. So offensichtlich, aber ich konnte oder wollte es vorher einfach nicht hören.
Fehlte mir bei all dem Florian Schneider?
Nicht einen Moment. Ebensowenig wie beispielsweise die Bilder der Band aus dem alten T.E.E.-Video, oder der Spielzeug-Schienenzeppelin mit all seinen Kindheitsassoziationen an Märklin und Trafoduft. Dieses Stück wie das ganze Programm, die Projektionen und die Band selbst waren von jeglichem Ballast frei, auf den Punkt gebracht und mit Freude auf eins fokussiert:
Bild, Ton und Wort.
Warum's dennoch 35 Jahre gedauert hat, bis ich ein Kraftwerk-Konzert besucht habe? Von der "Computerwelt"-Tournee habe ich als Landei am Rand der Lüneburger Heide nichts mitbekommen – weder stand's im örtlichen Käseblatt, noch berichtete der Norddeutsche Rundfunk darüber –; und später hat mir die Klanggestalt von "The Mix" nicht so gefallen, dass ich dafür ein Konzert hätte aufsuchen mögen. Und als schließlich Herr Schneider das Schiff verliess, schien mir selbiges so sehr im Sinken begriffen, dass ich dabei nicht zuschauen, geschweige denn auch noch nach München reisen mochte.
Hingegen versprach die Konzertreihe in Düsseldorf, die "Klassiker" erstens der Reihe nach, zweitens vollständig und drittens vor allem in einem an das Original erinnernde Klanggewand zur Aufführung zu bringen. Ein langjähriger, lieber Freund, dem ich auch sonst das eine und auch andere verdanke, verschaffte mir eine Karte – und gestern war's dann so weit: "Die Mensch-Maschine".
Um es kurz zu machen: Es hat mich schlichtweg umgehauen. Im besonderen allerdings zwei Stücke, von denen ich es niemals erwartet hätte – dazu muss ich aber etwas ausholen.
Ich weiss nicht, wie's dem geneigten Leser geht, aber für mich ist die Wahrnehmung von Musik sehr stark mit visuellen Assoziationen verbunden. Und wenn ein Titel "Metropolis" heisst wird, fällt's mir schwer, nicht die Bilder aus Fritz Langs Werk vor'm geistigen Auge zu haben. Denn unter uns – das Stück und der Film haben für mich nie recht zusammengepasst. Ja, sicher, die Bauten zu Beginn, aber das war's auch schon – mit dem Rest des Films und vor allem seiner Geschichte hatte das Stück in meinen Augen und Ohren nicht wirklich etwas gemein.
Um wie vieles passender dagegen die 3D-Animationen zu "Metropolis" gestern abend! Langsame, bedächtige, fast zögernde Fahrten durch abgründige, labyrinthische Häuserschluchten, die in ihrer Reduktion auf die Elemente einer erbarmungslosen Massenarchitektur – Quader und Rechtecke, letztlich weiße Linien auf schwarzem Grund – mir so trostlos erschienen und in 3D so unausweichlich nahe kamen, dass mich die Musik in einem vorher nicht verspürten Maße berührte.
Der Hammer war allerdings "Trans Europa Express", und dies absolut unvermutet: Denn ich habe diesem Stück allenfalls aus historischen Gründen etwas abgewinnen können (Afrika und so weiter). Den Rest der Platte fand ich wunderschön, allen voran "Europa Endlos", ein so "sonnendurchflutetes" Stück (schon wieder Kopfkino), zu dem der "T.E.E." nun überhaupt nicht passen wollte. Zudem erwähnte ich ja schon, dass ich es mit Lokomotivführern nicht so hatte.
Bis gestern abend. Zum einen war das Stück stilsicher in die Gegenwart befördert worden, zum anderen aber haben mir die Visuals schlicht und einfach gezeigt, wohin beim "Trans Europa Express" die Reise geht: durch die Nacht. Deswegen hat das Stück jahrzehntelang für mich nicht funktioniert.
Aber wie dieser Zug durch die Nacht brauste! Wieder weiße Linien auf schwarzem Grund, und alles war weg, was dieses rasende, gewaltige Wesen aus Stahl hätte aufhalten oder von ihm ablenken können. Sah man bei "Autobahn" noch Verkehr und Landschaft, gab es hier weder andere Züge, noch Signale, nur den Zug und die Geleise – diese befreit vom letzten, optisch im Weg liegenden Element: den Schwellen. Passagiere sah man nicht, nur die erleuchteten Fenster von außen, helle Rechtecke in schwarzer Nacht. Und dann der Blick der Maschine selbst auf das, was einzig und ausschließlich vor ihr liegt: sich windende Geleise, ab und an Wellen aus Weichen, schnell weiter, immer fort.
Dann bei "Metall auf Metall" plötzlich ein anderes Element: Eine Eisenbrücke, die Schienen und Zug trägt – eben Metall auf Metall, Tonnen davon. So offensichtlich, aber ich konnte oder wollte es vorher einfach nicht hören.
Fehlte mir bei all dem Florian Schneider?
Nicht einen Moment. Ebensowenig wie beispielsweise die Bilder der Band aus dem alten T.E.E.-Video, oder der Spielzeug-Schienenzeppelin mit all seinen Kindheitsassoziationen an Märklin und Trafoduft. Dieses Stück wie das ganze Programm, die Projektionen und die Band selbst waren von jeglichem Ballast frei, auf den Punkt gebracht und mit Freude auf eins fokussiert:
Bild, Ton und Wort.