Damals, im März 1984, kostete der DX7 bei Session in Walldorf 3.850 Mark. Ich ging noch zur Schule und in meiner Schublade lagen 500 DM, die ich mir mit Ferienjobs und Geldgeschenken über Jahre zusammengespart hatte. Mein Plan: Die ganzen Sommerferien im Lager der Spielzeugfabrik im Nachbardorf zu arbeiten und am Ende mit 3.330 Mark rauszukommen.
Ab September fuhr meine Mutter dann den DX7 und mich einmal die Woche in den Proberaum.
Man konnte so nuanciert und gefühlvoll darauf spielen, dass es mich inspierte und mir Freude machte: Die Anschlagsdynamik und die 16 Stimmen machten den DX7 für einen 17-jährigen ambitionierten Klavierspieler wie mich zum idealen Synthesizer: E-Pianos, Orgeln, Bässe, Bläser, tonale Percussions, Effektesounds: Toll ... Viel selber programmieren? Why? Hier und da mal eine Spezialfläche, ein hübsches Metall oder exotisches Gehölz, klar. Aber mir ging es ja ums Spielen und ums Songwriting. Und im Radio war das Ding immer öfter zu hören …
Der DX7 war DER Grund, warum ich in DER Jugendband bei uns in der Region Mitglied werden durfte. Und es war NUR der Synth, der das möglich machte – Bock auf einen Pianistenkeyboarder hatten die anderen Bandmitglieder null: Zu recht! Ich spielte die ersten Monate viel zu viel. Als ich dann im neuen Bandkontext besser wurde und die anderen merkten, dass das, was wir da in Cubase programmierten, auch live gespielt werden musste, änderte sich deren Meinung über Pianistenkeyboarder. Der DX7 und die Band spielten dann 4 Jahre in allen Musik-Clubs, Amidiscos, Kneipen, Jugendheimen und Sommerfesten im Rhein-Neckar-Kreis, in denen funky Soul-Pop erwünscht war.
1991 waren wir live und songtechnisch gut genug, dass ein Hit-Erprobter-Toningeneur bereit war uns zu produzieren und die EMI uns für 1 Mio. Mark international signte. Der DX7 war dann ein dreiviertel Jahr auf jeder Promoveranstaltung mit dabei – vom blöden Regional-Festival-Playback-Auftritt bei Radio Regenbogen, bis zum Opener von Cool and the Gang und Alexander O'Neal. Er wurde von mir sogar am American Suberbowl in Berlin gespielt, wo er mir während des Gigs (Nebenbühne) auf meinen ESQ fiel, der ab da 4 Tasten weniger hatte und durch einen Endorsement Wavestate ersetzt wurde. Auf unserem Album war er nur einmal zu hören. Als unsere Singles und das Album floppten, hat sich die Band aufgelöst … obwohl das 2. Album nahezu fertig war. Freude oder Inspiration gab mir der Synth nicht mehr. War es überhaupt der Synth, der mich inspirierte? Heute bezweifle ich das.
Danach nutzte ich den DX7 (und meine anderen Synths), um in der Werbemusik Fuss zu fassen. Das war zwar nicht erfolglos, aber Produktmusik herstellen war so unbefriedigend, dass ich es aufgab. Außerdem hatte ich einen Musiker kennengelernt, mit dem ich versuchte ein neues Musikprojekt aufzuziehen. Als wir konzeptionell, nicht musikalisch, erbärmlich scheiterten, landete der DX7, mein ESQ1, mein ESQm, mein S-550, mein Emu Proformance, mein Cheetah S6, mein MX-8, mein Roland M16, mein E7 und mein Pianet T endgültig im Keller – alles mit Knochenjobs erarbeitet, nicht mit Musik. Ich wendete mich ganz vom DX7 und der Musik ab und suchte einen anderen Sinn im Leben, als Musik, Klavier und Synthesizer – auch, weil ich inzwischen heftig anfing mit dem Club 27 zu liebäugeln, der mich still glitzernd im Dunkel an der Straßenecke freundlich einlud, Mitglied zu werden.
Gleichzeitig zog meine neue Musikerbekanntschaft nach Berlin, um dort Musik zu machen und er fragte mich, ob er meinen DX7 und das Pianet leihweise haben könne, weil ich die als Nichtmusiker ja nicht mehr brauche. Ich war ihm freundschaftlich verbunden und der DX7 verließ mich. Drei Jahre später hatte ich mental und wirtschaftlich endlich halbwegs Boden unter den Füßen, wollte Hobbymusik machen und den DX7 und das Pianet wiederhaben. Aber mein Freundchen rückte beides nicht raus. Er war zu faul mir die großen Geräte für teuer Geld nach Köln zu schicken, die (für ihn) eh nicht mehr Wert waren, als Rauschgenerator (DX7) und seltene, aber willkommene Basssoundquelle (Pianet) – zumal er, als bekennender liberal-wirtschaftlicher Sozialist meinte, ich würde in meinem neuen Job eh mehr verdienen als er. Irgendwann war dann ein kleines 8-Kanal-Mackie-Mischpult bei mir in der Post, das bei ihm nur unnötig rumstand. Ich brauchte den Mixer zwar auch nicht, beließ es aber dabei. Das war der Moment, an dem ich mit der Vergangenheit endgültig meinen Frieden schließen konnte.
Heute weine ich dem DX7 keine Träne nach. Und auch der Klang triggert leider so gar nichts Positives bei mir.