Vangelis war in seinem künstlerischen Vorgehen einmalig. Und ich könnte auch bis dato niemanden nennen, der vergleichbar wäre.
Ich mag auch die Berliner Schule und Jean Michel Jarre, aber ihr Vorgehen ist bereits viel analytischer.
Vangelis liebte Improvisieren und er hat sein ganzes Studio dementsprechend gebaut und angepasst.
Das Album "Direct" ist dafür ein klasse Beispiel, denn alles wurde mit dieser Methode eingespielt. Ein paar Pattern vorbereiten und los gehts...
Als ein Reporter Vangelis auf seine Unkenntnis der Musiktheorie ansprach, meinte er nur "ich spiele nicht mit Noten, ich spiele mit Emotionen"!
Ich habe alles von ihm hier, auch wenn mir nicht alles gefällt. Beaubourg (1978) und Invisible Connection (1985) gehören in diese Ecke.
(Eben habe ich auf Amazona.de folgende wunderbare Aussage von Vangelis auf die Frage von Peter Grandl bezüglich Beaubourg gefunden: "I can’t understand how is possible to discuss and take it seriously an architecture monstrosity like Beaubourg which led me to create another monstrosity the album Beaubourg which I never took it seriously and I never felt proud of it. So, let’s not continue talking about such a crap." !!)
Seine orchestralen Sachen sind auch nicht so auf meiner Wellenlänge.
Aber die Klassiker "Heaven and Hell", "Albedo 0.39", "Spiral" und "China" inspirieren auch noch heute.
Seine Filmmusiken, die er vor laufendem Film improvisiert hat, sind einmalig.
Zu nennen wären da "L'apocalypse des animaux", "Opera sauvage", "Chariots of fire", "Blade Runner", "Bounty", "Antarctica", aber auch "Alexander" und natürlich "1492".
"Antarctica" beeindruckt mich dadurch, dass das gesamte Album das gleiche Thema mit verschiedenen Facetten aufnimmt.
"Blade Runner", "Bounty", wie auch "Bitter Moon" bauen eine beeindruckende (beein-drückende...) Stimmung auf.
(A propos, habe ich gestern "Top Gun Maverick" gesehen. Erstaunlich schöne Fortsetzung. Da ist mir aufgefallen, wie stark Harold Faltermeier beim Hauptthema von Vangelis inspiriert war. Hört mal rein und achtet auf die Struktur...)
Die Zusammenarbeit mit Jon Anderson (Yes) (und auch mit Irene Papas) hatte einen eindeutigen Einfluss. Weniger bekannt ist da das Album "Private Collection", welches ich sehr mag. Es ist aus einem Guss und spiegelt irgendwie wider, dass die beiden nichts beweisen müssen. Jon meinte in einem Interview zum Versterben von Vangelis, dass die Zusammenarbeit immer einfach war. Kein Song hätte mehr als einen halben Tag benötigt und sie hätten einfach mit Freude ihre Ideen zusammengeworfen und angefangen. Er sang und Vangelis improvisierte dazu - fertig.
Diese mehr song-orientierte Herangehensweise findet man dann auf manchen Alben wieder: das bereits angesprochene "Direct", "The City" Voices" und "Oceanic".
Das letzte Album mit Jon, "Page of Life", hat zwar ein paar Perlen, aber klingt irgendwie zusammengestückelt. Wollten sie da zuviel?...
"Soil Festivities" aus der gleichen Periode (1984) ist hingegen eindeutig Ambient und auch heute noch eine Referenz.
Die orchestralen und monumentalen "Mask" und "Mythodea" berühren mich weniger.
Und auch seine Spätwerke wie "Rosetta" und "Juno to Jupiter" sind zwar schön, aber eben merkbare Spätwerke, die bei mir nicht so recht hängen bleiben. Und ja, die Sounds klingen teils verstaubt oder schlimmer aus der Presetbüchse. Von "Nocturne", vermutlich einer Fingerübung von Vangelis am Klavier, ganz zu schweigen.
Ein ausgezeichneter Anfang, um Vangelis zu entdecken, ist die erweiterte 25 Jahr-Ausgabe von Blade Runner.
Nicht alles top, aber insgesamt zeigt es hervorragend seine musikalische Herangehensweise. Und die Originalstücke sind über jeden Zweifel erhaben.
Vangelis mochte die Publikation von Alben nicht, auch wenn die konzeptionelle Arbeit ihm gefiel.
Er wollte vorwiegend den Moment teilen und wenn möglich im kleinen Kreis.
Viel Spass jeder und jedem von Euch, der ihn neu oder mehr entdeckt!
Mit dem CS-80 zeigte Vangelis, wie vielschichtig und emotional ein Synthesizer gespielt werden kann.
Für mich war er der musikalischste Synth-Guru und ich hoffe, seine Spiel- und Experimentierfreude bleibt uns noch lange eine Inspiration!