Ein paar lose Ideen dazu...
* Nicht wundern, falls dein Beitrag in ein anderes Unterforum
verschoben wird: er ist dort besser aufgehoben.
* »Auf jeden Fall« braucht man eigentlich nichts: die Auswahl an völlig unterschiedlichen Geräten ist so divers wie die vielen Herangehensweisen, die Leute ans elektronische Musizieren haben.
* wenn 88 Tasten für euch ein Muss sind, lässt sich die Kaufberatung ziemlich flott abschließen, denn Synthesizer mit so vielen Tasten gibt es so wenige, dass euer Problem der ›Qual der Wahl‹ auf ziemlich übersichtliche Größe zusammenschrumpft.
* ich würde die 88 aber auf keinen Fall zum Muss erklären. Ich würde sogar noch weitergehen und sagen: auch wenn es hier um ein scheinbar verwandtes Instrument geht, kann es sinnvoll sein, nicht immer ›vom Klavier her‹ zu denken. Es sollte nicht darum gehen, auf dem Synth dasselbe zu machen wie auf dem Klavier, nur mit etwas anderen Klängen. Sondern (natürlich unter Verwendung der bisherigen Spielfähigkeiten) etwas komplett neues zu erlernen. Denn was ist die Besonderheit des Synthesizers gegenüber dem Klavier? Natürlich vor allem, dass hier die Hauptbeschäftigung nicht einfach im Musik-Spielen (-Komponieren etc.) liegt, sondern in der Arbeit mit und an Klängen, Klangfarben, an dem
Wie der Klangerzeugung überhaupt -- also an Dingen, die man als z.B. Klavierspieler immer schon als gegegeben vorraussetzen kann (solange nicht etwas kaputt ist, und dann ruft man dafür i.d.R. den Klavierstimmer oder -Bauer).
* Die meisten Synths mit Klaviatur haben 61 Tasten (sofern sie nicht monophon sind, dann oft deutlich weniger, aber die nehmen wir mal pauschal raus). Von Mini-Tasten (im Sinne von: die einzelne Taste ist deutlich kleiner als die eines richtigen Klaviers) ist natürlich abzuraten. Aber der geringere Umfang der Klaviatur, über zwei Oktaven weniger, von dem solltet ihr euch nicht so sehr abschrecken lassen. Man spielt einen Synth halt anders: man erzeugt nur selten
einen Sound, der über volle sieben Oktaven gespielt werden soll, sondern arbeitet gerne mit verschiedenen Sounds in verschiedenen Bereichen des Frequenzspektrums -- stell dir das vor wie Bass, Bariton, Alt & Co. -- aber in aller Regel nicht simultan mit zehn Fingern gespielt, sondern (das ist auch noch so ein spezielles Merkmal elektronischer Musik) oftmals ›sequenziert‹, also programmiert und dann automatisiert abgespielt, ggf. nacheinander aufgenommen, geschichtet usw.
* Zusatzgeräte: in der Regel haben die allermeisten Synthesizer (jedenfalls nicht die, die hier von uns als ›ernstzunehmend‹ eingestuft werden) keine eingebauten Lautsprecher. Nötig ist also auf jeden Fall ein Kabel, mit dem sich der Synth an (z.B.) eine Stereoanlage anschließen lässt. Das war's dann aber erstmal auch schon, um loszulegen. Jenachdem, was dann noch geplant ist, wird es natürlich sinnvoll sein, sich auch Gedanken zu machen über Lösungen zum Aufnehmen und Arrangieren der Kompositionen oder Performances. Das kann dann z.B. computerbasiert erfolgen in Form einer kleinen Kiste, die zwischen Synth und Computer hängt (›Audio-Interface‹).
* Tja, welcher Synth konkret? Da wäre neben vielem anderen auch interessant: Gebraucht oder neu? Welches Budget usw.? Was die Art des Synthesizers (im Sinne von ›Syntheseform‹, d.h. die genaue Technologie der Klangerzeugung) angeht, liegt es nahe, eher traditionell einzusteigen, also mit dem Prinzip, das seit den ~70ern für viele Leute (außerhalb unseres Nerd-Mikrokosmos) synonym mit ›Synthesizer-Sound‹ ist: der sogenannten subtraktiven, filter-basierten, analogen, oder heute oft auch ›virtuell-analogen‹ Synthese. Die Klangerzeung, das hier nur ganz grob, läuft dabei so, dass die Grundlage der fertigen Klangfarbe ein sehr obertonreicher (›heller‹) Klang ist, von dem man dann über ein sog. Filter quasi ›von oben‹ die Obertöne abmindert, wobei diese Abminderung im der zeitlichen Verlauf variiert werden kann (›Hüllkurve‹). Ein (synthetisch nachgemachtes) Blasinstrument würde z.B. mit einem ›geschlossenen‹ Filter beginnen, dessen sukzessives Öffnen (hin zu mehr Obertönen) dann quasi die Anblasphase imitiert. Ein eher perkussives Timbre würde umgekehrt verlaufen: mit einem eher offenen Filter, das sich schnell schließt. Das nur ganz grob an dieser Stelle. Als Vorteil dieser Syntheseform wird für gewöhnlich wahrgenommen, dass sie sich recht schnell intuitiv erschließt, weil es eine recht enge Bindung gibt zwischen ›was mache ich konkret mit diesen Drehknöpfen hier?‹ und ›wie ändert sich dadurch der Klang?‹.
* Du wirst in der Folge sicher zig Tips kriegen, welches Gerät denn das Beste sei. Ich habe so einen Tip nicht, habe aber auch die Einstellung, dass man weniger nach dem konkreten Sound suchen sollte, auch nicht nach dem perfekten Gerät, sondern zusehen sollte, eines zu nehmen, das einen instinktiv sofort anspricht, und dass es dann darauf ankommt, sich möglichst lange und intensiv damit zu befassen (ohne bald wieder das Pferd zu wechseln), um es wirklich gut zu beherrschen, bzw. um auch sich umgekehrt auf das Gerät einzulassen und sich davon leiten zu lassen -- also zu vermeiden, zu denken: ›das Gerät klingt nicht so wie ich mir das dachte, also brauche ich wohl ein neues‹.
* Unter den aktuell am Markt befindlichen wäre eine solide Lösung (von vielen!), die die obigen Punkte berücksichtigt, der DSI Prophet 6. Zwei wichtige Merkmale: (1) es gibt für fast alles einen Knopf (›one knob, one function‹, pädagogisch sehr sinnvoll). Das ist nicht selbstverständlich. Bei mancher Art von Synth ist vieles in Menüs versteckt und wird nur als Zahl auf Displays angezeigt, wenn überhaupt. Das würde ich mir in eurem Fall für später aufheben. (2) er hat einen Sequenzer, und ist damit ziemlich barrierefrei für erste Gehversuche im elektronischen Komponieren/Arrangieren/Aufführen/Aufnehmen. Preislich reden wir hier natürlich vom unteren Drittel des vierstelligen Bereiches. Das muss man nicht ausgeben. Ich kaufe z.B. ausschließlich gebrauchtes Zeug, 80er, früh-90er -- aber das setzt möglicherweise etwas mehr an Sachkenntnis voraus. Wenn man dazu aber bereit ist, kommt man auch deutlich günstiger ans Ziel. Vielleicht kann jemand der anderen hier z.B. einen (historischen) virtuell-analogen im mittleren dreistelligen Bereich empfehlen.
Soweit erstmal... gutes Gelingen!