Ich weiss, der Thread ist etwas älter, aber vielleicht hilfts doch noch Jemandem, der auch mal bei der Suche drauf stösst
1) Ein Poly61 ist, was das Voiceboard angeht, scheinbar unkaputtbar.
2) Ein Poly61 ist nicht dafür gebaut, dass jemand die Steckverbinder da drin mal abzieht und wieder einsteckt
Neben dem üblichen Zusammengammeln der ganzen Kiste durch ausgelaufene Pufferakkus gibts noch einige Faktoren mehr. Ich habe neulich 3 Stück bekommen. Und neben der Tatsache, dass bei allen 3 die Voiceboards in Ordnung waren, die Potis nichtmal heftig kratzen, und sogar der Joystick überall bestens tut, gabs insgesamt folgende Probleme:
1) Ausgelaufener Pufferakku, ein Board war sehr verätzt, da musste ich einige Leiterbahnen reparieren, einer war leicht angeätzt, da hatte jemand den Akku wohl vor ner Weile schon rausgeworfen, einer hat gar keinen ausgelaufenen Akku, den hat wohl jemand rechtzeitig noch rausgeknipst.
2) Bei dem total verätzten war eine der beiden CPUs hin. Liegt sicher nicht an der ausgelaufenen Batterie, wobei man es nicht ausschliessen kann - die Suppe da drin hatte sogar schon Widerstandsarrays zerlegt, da kann beim Einschalten alles mögliche abrauchen.
3) Das gemeinsame Problem, meines Erachtens das Hauptproblem eines Poly-61: Die ganzen Steckverbinder waren kaputt. Einerseits ist einfach die Suppe vom Akku sogar durch die Leitungen zum anderen Ende gewandert, Stecker am Voiceboard waren auch schon angegriffen, abdererseits war es einfach mechanisch bedingt, in den Steckern waren die Kontaktfedern grossteils abgebrochen. Als Clou war der ohne jegliche Akkusuppe der, der absolut nicht funktionieren wollte, weil da nahezu alle Stecker am CPU-Board im Eimer waren.
4) Die Keyboards sind sehr staubempfindlich, lassen sich aber relativ einfach reinigen, ist nur etwas zeitaufwändig.
5) Die Bedientaster prellen allesamt. Einerseits, weils in der Firmware keine Entprellung gibt, andererseits, weil die Taster einfach nach so langer Zeit nix mehr taugen. Ein Problem, was nicht nur der Poly-61 hat, sondern auch der DW-8000 und der SCI MultiTrak und vermutlich noch all die anderen Synths mit den Tastern aus der Zeit.
Dieses massive Kabelproblem führt zu den interessantesten Effekten:
- der Kleine Stecker zwischen Voiceboard und CPU-Board führt die Gate-Signale. Wenn da war nicht mehr richtig kontaktiert, gibts die lustigsten Effekte, es kann sogar vorkommen, dass mit Parameter 51 = 0, also Orgelhüllkürve, die eine oder andere Voice einen auf Piano macht, weil die Gate-Spannung noch rüber kommt, dann aber zusammenbricht. Die beiden Leitungen je Voice sind einmal das Gate (inkl. Trigger) für den SSM, andererseits das VCA-Gate, als Override, wenn 51=0, bei 51=1 ist das Ding "offen", es greift der SSM. Mit den beiden Pins zusammen kann man übrigens hervorragend die Hüllkurventimings einstellen. Einer triggert, am anderen misst man
- Der grosse Stecker zwischen Voiceboard und CPU-Board führt in erster Linie die Sync-Signale der VCOs und die Clocks für DCO2. Wenn da Kontakt fehlt, fällt DCO2 aus und/oder das Ding wirkt "detuned", weil DCO1 nicht mehr digital synchronisiert wird und frei läuft. Und da die Kiste nicht für Präzision freilaufender Oszillatoren gebaut ist, kommt dann nix Vernünftiges mehr raus. Und bei wackeliger Verbindung habe ich auch beobachtet, dass dann was Zufallsartiges rauskommen kann und das Ding irgendwie "randomsynct".
- Bei der alten Version gibts ne kleine Platine an der Rückseite, da geht ein Kabel vom CPU-Board rein und ein kleiner Kabelbaum zum Voice-Board raus. Das ist der Antilog-Amp (aka Exponentialkonverter), geschickte Technik, ein Konverter, dahinter erst der Multiplexer. Wenn da eine Verbindung zu ner Voice fehlt, gibts keinen Ladestrom, der DCO1 schwingt gar nicht.
- Ein Kabel gibts vom CPU-Board (1 Stecker) zum Board mit dem Tune-Regler (2 Stecker). Da kommen die ganzen Masterclocks raus. Bei Batteriefressen gilbt da gern mal die 15V-Leitung weg, erkennt man daran, dass die LED für den Joystick-Kram nimmer blinkt. Dann fehlen auch die beiden Masterclocks, die über die abgeschirmten Leitungen dieses Kabels kommen. Eine ist für DCO1, die andere für DCO2. Wenn da kein Takt kommt, funktioniert auch DCO2 bzw. Digisync des DCO1 nicht.
Als kleinen Pfusch kann man die Kontakte in den Steckern etwas zusammen drücken, das tuts immerhin mal zum Testen, aber eine richtige Reparatur ist da sehr zu empfehlen. Die Kontakte kosten 100 Stück 1,50 EUR, die Crimpzange dazu 19,90 EUR (alles bei
http://www.csd-electronics.de/), die Anschaffung rentiert sich - ich habe das Wochenende über 100 Kontakte vercrimpt, und das waren nur 2 Poly-61.
CSD hat übrigens auch die perfekten Ersatztaster fürs Bedienpanel. 0,22 EUR das Stück, wenn man >= 25 Stück bestellt. Rentiert sich allemal, diese 17 Dinger auch gleich auszutauschen.
Die komplette Restaurationsanleitung gibts demnächst mal auf meiner Webseite, im Moment gibts da nur wilde Bildersammlungen als Inspiration:
http://www.mik-music.org/Repairs/20071215_Korg_Poly-61/
Ein Poly-61 ist aufgrund dieser Probleme generell mal ein Totalschaden. Beim aktuellen Wert rentiert sich eine Reparatur wirtschaftlich sowas von garnicht - nicht wegen dem Material, sondern wegen der ca. 10 Stunden, die man da gut dran sitzen kann, wenn mans mal richtig machen will. Wems die Zeit wert ist, der wird aber mit einem ganz toll klingenden 80er-Synth belohnt. Ich mag die Kisten irgendwie.
Ach übrigens - das Ding steuert die 6 Stimmen in Round-Robin an, also einfach simpel nacheinander. Selbst beim gleichen Ton kommt die nächste Voice dran. Ausserdem sind auf dem Voice-Board LEDs, die nur schwach leuchten, und dazu noch aussehen wie normale Kleinsignal-Si-Dioden ala 1N4148. Licht aus, suchen, finden. Das Netzteil hat übrigens auch so eine
Diese Tatsachen helfen sehr gut beim Debuggen der Kisten. Wenn also beim gleichen Ton ein "pattern" der Länge 6 entsteht, verhalten sich die 6 Stimmen wohl ein wenig unterschiedlich. Was manchmal übrigens sehr inspirierend klingt. Zum "Paralleltesten", z.B. Kalibrieren, kann man das Ding folgendermassen in Unison bringen: CHORD MEMORY drücken, 6 mal den gleichen Ton anhauen, fertig. Mit HOLD kann man dann den Ton auch angenehm stehen lassen. Übrigens hat mein Reverse Engineeren der Assigner-Firmware ergeben, dass das Ding theoretisch auch die Unison-Taste des PolySix unterstützen müsste, es ist an für sich sogar der Treiber für die LED da. Taster, Diode und LED sind wohl einfach aus Kostengründen weggelassen worden.
Und sonstige Tech Facts: Der Assigner ist der gleiche in MonoPoly, PolySix und Poly-61. Die Umschaltung zwischen MonoPoly und den anderen beiden geschieht durch einen I/O-Pin. Poly-61 und PolySix fahren an für sich genau das gleiche Programm in der Firmware ab, also ist an für sich auch dieses CV-In/Out-Zeug vom PolySix nachrüstbar.
Und noch ein nettes Stück: Die digitale Sync muss ja über die Pitch bescheid wissen. Es gibt aber keine echte Interprozessorkommunikation in der Kiste, die User-Interface-CPU "belauscht" einfach nur den Assigner beim Ausspucken der gemultiplexten CVs und holt sich da die Daten über die Pitch der Oszillatoren her.