Meine aufrichtige Anteilnahme, Stephen.
Danke.
Mark war mit
Redshift um 1996/97 herum mit einer der ausschlaggebenden Faktoren (neben
Node und
Radio Massacre International), ['ramp] an den Start zu bringen und die Richtung einzuschlagen, die ['ramp] eingeschlagen hat:
1999 durfte ['ramp] das
Alfa Centauri Festival für Redshift und Tim Blake eröffnen, und 2001 stand eigentlich ein Abstecher nach London geplant im Anschluß an das ['ramp]-Konzert in Jodrell Bank -- daraus wurde aus terminlichen Gründen nichts.
Ich bin im Prinzip auf den heutigen Tag genau vor zwanzig Jahren kurzentschlossen in den Flieger nach London gestiegen (Sonntag ['ramp]-Konzert, Montag Reise nach London), um einfach so, ganz spontan, mit Mark eine Session (oder zwei) zu spielen -- die Zusammenarbeit gestaltete sich als mit die unkomplizierteste und unprätentiöseste meiner gesamten musikalischen Schaffenszeit: "How about dusting off the Big Moog?" - "Let's make some funny noises!"
Unvergessen der Moment, als Mark mich an der
Southgate Tube Station mit dem Auto seiner Lebensgefährtin abholte -- er war davor jahrzehntelang begeisterter Biker gewesen und hatte erst vor kurzem den Autoführerschein gemacht --; eigentlich hatte ich gehofft, daß er mich mit dem Motorrad in Heathrow abholen würde, aber
Stephen, riding all along London Orbital takes at least two hours one way, just take the Tube and I'll pick you up there.
Unvergessen der kurze Spaziergang zu einem
Sainsbury's bei ihm in der Nähe, um
Walker's Crisps,
McVities Hob Nobs, Cadbury's und Bier zu kaufen --
Stephen, what is German Weizen? Do you think I might like it?
Er mochte es.
Unvergessen der Moment bei Mark im Wohnzimmer, als er mir einen Rohmix des Titelstücks seines damals kurz vor der Veröffentlichung stehenden Redshift-Albums
Halo vorspielte und er sich wie ein kleiner Junge freute, wie schön dieses Stück geworden war.
"Oh, Stephen, what do you think, how did Klaus Schulze create these sequences on
Mirage?"
Im Anschluß hörten wir einen Rohmix von Nodes
Levy, den er von Ed Buller bekommen hatte, bevor die fertige Albumfassung draus entstanden war. Ich brachte Mark auf den Gedanken, sich die Moon Modular Sequencer von Gert Jalass näher anzuschauen, als die Frustration über die ständig kaputten Moog 960 und die immer schwerer zu beschaffenden Ersatzteile dafür immer größer wurden -- Mark kaufte gleich mehrere Moon Modular Geräte.
Do you think the Encore Frequency Shifter is any good?
There is a PPG 1020 in the current VEMIA -- should I buy it for the tinkly Mirage-y stuff?
Als ich dann einige Jahre später die Früchte unserer Zusammenarbeit auf einem ['ramp]-Album veröffentlichen wollte und vorsichtig bei Mark nachfragte, ob er ein Problem damit habe, lautete seine Antwort nur
Es ist Deine Musik, und ich freue mich, daran mitgearbeitet und dafür gesorgt zu haben, daß sie so gut geworden ist -- diese unprätentiöse und unkomplizierte Art hätte ich mir in meinem Leben von so manchem ehemaligen Mitmusiker gewünscht. Wenn einer um seine Größe weiß, braucht er nicht kleinlich zu sein.
Für den Juli 2005 hatten wir eine Fortsetzung unserer Zusammenarbeit geplant -- die Anschläge von London erforderten eine kurzfristige Änderung unserer Pläne, zumal Marks Lebensgefährtin Sue fast in dem zerfetzten
doubledecker bus gesessen hätte -- der Schock saß bei allen tief. Sue und Mark waren es auch, die mich dazu brachten, wieder Englisch zu sprechen (nach vier Jahren Studium war ich so frustriert, daß ich komplett an mir selbst und meinen Fähigkeiten zweifelte). Sue war es auch, die auf meine Frage hin, wie ich mich für ihre Gastfreundschaft bedanken könne, sagte
By coming back next year. Daraus wird nun nie mehr etwas werden.
Mark und ich waren seither immer wieder sporadisch in Kontakt und tauschten unseren Unwillen über die Richtung aus, den die heutige Unterhaltungs-EM eingeschlagen hat. Wir teilten die Frustration über die Mühsal (und den Mangel an Wertschätzung) hinter Livekonzerten und die Frage, in welchem Maße das eigentlich überhaupt noch Sinn macht, mehr als anderthalb Stunden zu einem Veranstaltungsort zu fahren, nur, um für Spritgeld vor einer Handvoll
anoraks 100.000 Pfund an Equipment aufzubauen.
Vor acht oder neun Jahren kam Marks Bruder Julian auf die Idee, mich als dritten Mann zu Redshift zu holen, da James Goddard unabkömmlich war und sich die Zusammenarbeit mit Ian Boddy auch nicht immer als unproblematisch erwies ("Ian lives beyond Cockfosters, you know, but I like Ian -- he has such a funny accent." -- Ian ist ein echter Geordie aus Newcastle). Leider erwies sich das ganze Vorhaben als nicht durchführbar, aber alleine die Ehre, gefragt worden zu sein, ist unbezahlbar.
Mark bekam von mir immer die aktuellen Alben zugeschickt, worüber er sich immer sehr freute. Auf die
wilmersdorf reagierte er damals nicht mehr und blieb still auf alle Kontaktanfragen hin -- das machte mir schon ein bißchen Sorgen, aber wer die Briten kennt, weiß, daß man weder mit seinem persönlichen Leid hausieren geht, noch so taktlos ist und einfach platt fragt, was denn nicht in Ordnung ist. Meine schlimmsten Befürchtungen haben sich nun bewahrheitet. Ich weiß es nicht, aber es würde mich nicht überraschen, wenn der Brexit und die daraus für Künstler entstehenden Konsequenzen mit einen Einfluß auf Marks Kreativität und Wohlbefinden gehabt haben. Ian Boddy meinte nur mal zu mir
We live in hell.
Das letzte Redshift-Album
Life To Come wäre 2015 fast nicht erschienen, weil ein Großteil des Materials bei einer Computerpanne vernichtet worden war...
Mark war einer der wichtigsten Lehrmeister in meiner musikalischen Biographie -- er hat mir gezeigt, wie man Sequenzen arrangiert, so, wie Cosmic Hoffmann mir gezeigt hat, wie man ein Mellotron nicht nur spielt, sondern auch zersägt und zusammenfegt.
Danke dafür. Danke.
Stephen