Nach ein paar Tagen mit dem Keystage 61 muss ich sagen: Ganz schwierige Geschichte...
Der Formfaktor ist grandios für den Schreibtisch und ich wollte damit mein schon älteres Alesis Q61 austauschen, da man Aftertouch dort nicht mal über den "Data Entry"-Fader ansteuern kann. Beim uralten Roland PC-200 MkII war das noch ganz einfach möglich.
Das interne Audio-Interface wird bei mir nicht zum Einsatz kommen und die Software brauche ich ebenfalls nicht. Somit hätte ich einen günstigeren Preis ohne diese Dinge bevorzugt.
Die Tastatur finde ich bei sanftem bis mittleren Spiel klasse - irgendwie vermittelt es ein leichtgängiges, aber gleichzeitig auch wertiges Gefühl. Die Tasten des Alesis Q61 haben dazu im Vergleich einen weitaus höheren und gleichmäßigeren Widerstand. Fand ich immer klasse - vor allem, weil es auch bei härteren Anschlägen absolut still bleibt und sehr angenehme Wheels besitzt. Sobald man beim Korg etwas härter in die Tasten greift wird es ziemlich laut und klackerig. Zudem haben die Tasten zu den Seiten hin ein gewisses Spiel. Erst dachte ich, dass ich es für MPE-Pitch gedacht ist (nennt man das so?), aber das wird leider gar nicht unterstützt. Und für ein Keyboard in dieser Preisklasse sind Pitch- und Mod-Wheel eine absolute Frechheit: Sehr klein und dadurch kurze Regelwege - und beide Wheels schleifen bei mir seitlich am Gehäuse.
Beim Aftertouch musste ich feststellen, dass es oft an der verwendeten Software/Hardware liegt. Die Kurve habe ich bisher nicht verändert und im Default-Zustand gelassen, denn bei manchen Synths kann man den Aftertouch sehr einfach auslösen und wirklich angenehm spielen; bei anderen muss man wirklich viel Druck aufwenden, was entspanntes Spielen praktisch unmöglich und zum Kraftakt macht. Da scheint es keinen wirklichen Standard auf Seiten der Synths/Plugins zu geben und man muss es wohl oder übel immer manuell nachjustieren. Und da selbst bei den Korg eigenen Plugins noch nicht alles rund mit der Implementierung läuft und sich Midi 2.0 bei anderen Herstellern wohl erst nach und nach einfinden wird, ist der Nutzen aktuell noch überschaubar.
Kommen wir aber nun zu dem, was oft übersehen wird. Es ist ein Key"STAGE" und wer einfach nur auf der Bühne mit Laptop im Stehen spielen will, für den sollte das Keystage samt internem Audio-Interface eventuell sogar funktionieren. Im Stehen kann man auch sehr viel einfacher die Kraft fürs Aftertouch aufbringen, denke ich. Gegen einen Live-Einsatz sprechen allerdings wirklich die Wheels und die kleine sowie einfach nur flache Laptop- und Tabletablage. Da hätte ich live mit etwas Gewackel doch zu viel Angst, dass mir die Geräte runterknallen oder die Halterung ausbricht, da sich die Halterungslöcher doch sehr nah am Rand des Gehäuses befinden.
Das Plastikgehäuse und die acht Drehregler wirken relativ wertig. Bei meinem 61er ist die mittlere, vordere Gummiauflage (unten drunter) nur halb so dünn wie an den Seiten. Somit drückt sich das Gehäuse beim festeren Spiel und gerade bei der Nutzung von Aftertouch mittig durch, wenn man nicht selbst noch etwas Filz oder sonstiges drunterklebt. Die kleinen Buttons sind ok, aber gerade für den Live-Einsatz etwas zu winzig und grazil geraten, wie ich finde.
FAZIT: Wie schon in der ersten Zeile gesagt - "schwierig". Ich schwanke täglich zwischen zurückschicken oder behalten, weil das Keystage weder Fisch, noch Fleisch und weder zu 100% überzeugend im Studio oder auf der Bühne ist. Zumal vielleicht schon in Kürze andere Anbieter mit diesen Features bei neuen Tastaturen aufwarten und "hoffentlich" etwas durchdachter daherkommen. Am Ende wirkt das Korg wie ein nett gemeinter Schnellschuss, nur um der erste Anbieter mit Midi 2.0 am Markt zu sein