Hier mal der Senf vom armen Onkelwürstchen ppg360
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Der CS60 ist ein sehr spezieller Synthesiser, der nicht viel kann, aber einige absolut eigene Klangfarben produziert, die kein anderer Synthesiser *so* mal eben hinbekäme. Ich denke da z. B. an den Ringmodulator, den Ribbon Controller, und natürlich die polyphonen Portamento- und Glissandosounds. Der CS80 kann das auch, aber den sollten wir mal aus Gründen der Pietät außen vor lassen.
2.000 Euro sind *kein* Schnäppchen, aber in Anbetracht der Tatsache, daß ich schon erlebt habe, wie Leute ohne sichtbares Zucken im Gesicht 20.000 Euro für einen CS80 auf den Tisch geblättert haben, wohl der saure Apfel, in den man beißen muß ("Machen Sie jetzt den Färbetest mit Antibelag..."). Das ist ähnlich, als ob man 2.750 oder mehr Euro für einen PS-3100 auf den Tisch legt. Man *muß* genau *diesen* Sound in all seinen Limitierungen *lieben*, sonst ist das ein Haufen Geld für erschreckend wenig an Features. Wie Eno mal über den 80 sagte: "Das Ding hat nur sechs brauchbare Klänge, aber mir sind sechs wunderschöne Klänge lieber als massenweise mediokre." Als Allround-Analogpoly würde ich den CS60 -- genauso wie den 3100 -- nicht empfehlen. Der ist schon eindeutig spezieller, zumal man den CS60 nicht *unhörbar* spielen kann, der sticht immer heraus, was seinen Charakter angeht. Und, wie gesagt, *flexibel* ist etwas Anderes.
Ich denke, 1.500 bis 1.750 Euro sind für einen 60 die Obergrenze; den höheren Preis würde ich nur dann bezahlen, wenn das Ding wie geleckt ist, nie das Wohnzimmer verlassen hat und Ständer, Pedale, Deckel, Unterlagen und Notenpult dabei sind. Sollte er irgendwelche Mankos haben ("Kostet 50 Euro, sagt mein Techniker"... wenn´s 50 Euro kostet, warum ist´s dann nicht schon längst behoben worden?), *muß* der Preis nach unten korrigiert werden. Mehr dazu weiter unten.
Der CS60 hat -- genau wie der CS80 -- den Nachteil, daß er an sich ziemlich unspektakulär, fast schon blöde klingt, wenn man am Gerät selbst und in der Abmischung nicht den "sweet spot" getroffen hat. Daher gibt es auch einige Leute, die den CS80 als *doofe Kiste* abtun, eben weil sie a) nach den Presets gegangen sind und b) das Teil entweder trocken oder über Kopfhörer angehört haben. Das muß ins Auge gehen. Der CS60 kann knallen wie Sau, ein Moog oder ein 2600 gucken da neidisch. Alle, die das Gegenteil behaupten, haben entweder noch nie einen *echten* CS unter den Fingern gehabt oder waren zu blöde, richtig damit umzugehen. Nicht darauf hören. Auch Matthias B. aus K. gehört nur zu den oberblöden Labertaschen ohne Hintergrundwissen. Wenn der von "unterbelichtet" spricht, weiß er -- glaube ich -- genau, wovon er da redet. Beide -- CS60 und 80 -- können Wände zum Einsturz bringen.
Worauf Du Dich gefaßt machen solltest -- und das ist Schlimmeres, als Dir mit einem OB-8, einem Prophet 5 oder einem Jupiter-8 je widerfahren kann -- ist, daß der CS60 Probleme mit einigen Bauteilen hat oder irgendwann bekommen wird. Das heißt, plötzlich und unerwartet kann es sein, daß Hüllkurven nicht mehr funktionieren, daß ein VCA bei einer Stimme unmotiviert offenbleibt, daß plötzlich das globale Filter nicht mehr für alle Stimmen wirkt, oder die Anschlags- und Druckdynamik der Tastatur nicht mehr gleichmäßig auf alle Stimmen wirkt. Habe ich Stimmstabilität erwähnt? Beim 60 ist es noch erträglicher als beim 80, aber wenn Du es geschafft hast, einen 60 das erste Mal sauber -- Stimme für Stimme -- abzugleichen: Respekt! Wenn Du nicht weißt, was Du tust, laß um Himmels willen die Finger von dem Teil!!!
Wenn dann auch noch die Spezial-ICs für die Oszillatoren sterben (oder die anderen Spezial-ICs für Tastaturlogik, Hüllkurven, Filter und VCA), dann gute Nacht! Ersatzteile sind nur aus anderen Schlacht-CS50/60/80 zu bekommen, und *finde* mal einen. Viel Spaß!
Der Rest sind Standardbauteile und 4000er CMOS-Bausteine, aber selbst die sollte man nach gut 30 Jahren austauschen, dito die Elkos auf den einzelnen Boards sowie im Netzteil. Das habe ich bei meinem CS80 machen lassen, und das waren weit über 200. Kannst ja mal grob nachrechnen, wieviel Dich das beim Servicetechniker Deines Vertrauens kosten wird. Um diese Überholung wirst Du *nicht* herumkommen, wenn Du Dein Geld nicht langfristig in den Sand setzen willst.
Damit wären wir schon beim nächsten Punkt: An die CS-Serie traut sich hier in diesem unseren Lande so gut wie kein Techniker ran. Nicht, weil die zu feige wären, sondern weil sie wissen, wie hochkomplex schon ein CS50 ist, vom CS60 und CS80 dann mal ganz zu schweigen. Sich in das Gerät einzuarbeiten erfordert sehr viel Zeit und Muße, und die haben Techniker in der Regel nicht; ein Gerät, was im Weg rumsteht und den Durchsatz bremst, ist nicht effizient, und am Wochenende möchte man auch mal seine Ruhe haben und nicht über bodenlosen Löchern brüten. Ich kenne einen Techniker in den Niederlanden, der sich kühn in den CS80 stürzt (und eben auch die kleineren Modelle), aber das sind auch einige hundert Kilometer, die Du das Gerät anliefern und abholen mußt. Du kannst natürlich auch nach England zu Kent Spong fahren, wenn´s Dir ernst ist...
Wenn Du all das bereit bist, in Kauf zu nehmen, dann schlag zu! Aber: Einen CS60 zu besitzen und einen CS60 zu unterhalten sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich glaube, es gibt genügend Leute, die neidisch gucken, weil ich einen CS80 habe ("Boah, so´n Arsch, und der hat ´nen CS80, die blöde Sau..."). Die haben ihn auch noch nie warten lassen müssen, geschweige denn: Zwei Stockwerke Altbau runter- und wieder raufgeschleppt (Danke nochmals, Jörg und Feinstrom
. Ewige Benedeiung!!!).
Stephen