Ich denke du übersiehst dabei, das die leute nicht nur gute musik gemacht haben - sie haben mit dem was sie gemacht haben auch ästhetische standards gesetzt (ohne es zu wollen).
Sie haben einfach das genommen was verfühgbar war - genauso haben sie ja nicht House oder Techno machen wollen. Die wollten Disco machen.
So wie du fragst wackelt der schwanz mit dem hund / Wag the dog
ps: Ich will damit sagen das die geräte bestimmt nicht wegen ihres (besonderen) klangs benutzt wurden...
Das machen allein wir draus in der rückschau...
Sehr guter Kommentar und bin ganz deiner Meinung.
Roland hat beispielsweise im Jahr 1981 versucht, eine Begleitautomaten für Solo-Gitarristen zu erschaffen, die einen E-Bassisten ersetzen sollten und so einen Ladenhüter namens TB-303 erschaffen, der so gar nicht nach einem echten E-Bass klingt. Die weitere Geschichte ist bekannt.
Eine TR-808 sollte auch ein realitisches Schlagzeug sein, im Rahmen der damaligen Möglichkeiten, als Speicherplatz noch sehr teuer war mit analoger Technik ist man auch hier eher am Ziel vorbei geschossen, denn nach einem realitischem Schlagzeug klingt eine 808 nicht.
Man macht das beste aus dem was man hat, andere finden es gut, lassen sich inspirieren, wollen genau das gleiche Equipement haben und plötzlich kostet der vierzig Jahre alte, eigentlich mal billige Begleitautomat 3000 € bei ebay.
Denn wenn man inspiriert ist von 80er Jahre Chicago House und erst einmal genau so klingen will, dann wollen viele eben genau die Geräte, die die Jungs damals benutzt haben. Innovativ ist das erst einmal nicht, aber man muss das Rad erst einmal nicht neu erfinden, muss es erst einmal verstehen und dann kann man es unter Umständen verbessern. Gewissermassen sind die alten Geräte ein Startpunkt, andere haben die Musik bis dahin entwickelt.
Picasso konnte auch fotorealisitsch malen, aber berühmt wurde er mit der Abstraktion. Ein Kunststudent wird aber seinen Kubismus studieren und nicht seinen gesamten Weg nachzeichnen.
Willst du einen Bass genau wie er damals verwendet wurde, dann brauchst du wohl einen TX81z. Aber innovativ ist das nicht.
Warum sie aber nun gerade die "billigen" verwendet haben hängt mit Erwartungshaltungen und Stereotypen zusammen.
Von einem Underground-Musiker erwartet man eben, dass er aus wenig viel macht. In einer Orchesterumgebung erwartet man den besten Raum, die besten Instrumente, das Maximale, die besten Musiker (technisch), da muss alles stimmen und vom besten sein, dann ist der Hörer zufrieden. Wenn die Geiger die Geigen falsch herum halten und ungewöhnliche Klänge erzeugen, dann fragt sich der Gast, warum er so viel für seine Karten gezahlt hat wenn die nicht mal richtig spielen können.
Von einem House Produzenten 1984 in Chicago erwartete man degegen, dass er mit billigem Equipement auf einer schlechten Anlage expermintelles und neues erschafft, nur wegen der Begrenzung lässt man sich überhaupt darauf ein. Der darf das, denn er hat ja auch nicht die Möglichkeiten, er muss quasi improvisieren. Hätte er das beste Equipement gehabt, dann hätte man das, was er raus holt schlecht gefunden, nur in der Abstraktion ist man offen für Experimente und Innovationen.
Jetzt wo die Musik bekannt und etabliert ist und entsprechende Standards gesetzt wurden, ist das ehemals billige Equipement plötzlich das Maß aller Dinge, was man auch im Preis erkennt. Analoges Equipement ist so eine Sache, damit wurde eben alles gemacht, was Standards gesetzt hat.
Dass ein lately Bass auf einem TX81z als Bass gut funktoniert ist allgemein anerkannt, da gibt es nichts zu diskutieren, es ist ein Standard der elektronischen Musik. Wenn jemand sagt, dein TX81z Bass klingt scheisse, dann versteht er nichts von der Musik. Theoretisch klingt er gut, noch dazu in einer etablierten Tonart, harmonisch abgestimmt. Theoretisch weiß man, dass er praktisch funktioniert. Nimmst du dagegen etwas anderes, könnte es scheiße klingen, da gehst du ein Risiko ein. So wie der Geiger, der die Geige falsch herum hält. Das kann gut sein, muss es aber nicht. Technisch ist ein lately Bass Preset auf einem T81z absolut richtig.
Am besten, man macht sich frei von diesem ganzen Quatsch und vertraut nur seinem eigenem Geschmack und seinen Ohren. Vangelis hat mal gesagt, er hört bewusst keine Musik, weil er so frei wie nur Möglich von jeglichem Einfluss sein will.