Die Unternehmenskultur
Im Unternehmen prägen Werte und Normen, Denk- und Verhaltensmuster die Entscheidungen, Handlungen und Aktivitäten der Mitarbeiter: Ist es innovativ oder kostenorientiert? Ist es bürokratisch oder kundenorientiert? Ist es vergangenheits- oder zukunftsorientiert? Schließt ein Außendienstmitarbeiter einen Vertrag ab, auch wenn er Nachteile für den Kunden hat? Oder berät er ihn umfassend und verzichtet womöglich auf einen Vertrag?
Häufig hat der Firmengründer solche Werte und Normen vor dem Hintergrund der jeweiligen Zeit und der Situation seines Unternehmen geprägt. Im Lauf der Jahre bewähren sie sich, gelten als selbstverständlich und werden an neue Mitarbeiter weitergegeben. Jeder weiß, was wichtig ist und zählt und was verpönt ist und Sanktionen auslöst. Werte und Normen werden zum Allgemeingut und stabilisieren das Unternehmen. Eine Unternehmenskultur ist immer vorhanden. Es ist nicht möglich, daß es keine Unternehmenskultur gibt. (62)
Stimmen die Mitarbeiter den Werten des unternehmerischen Handelns zu, zum Beispiel im Umweltschutz, kann dies die Motivation der Mitarbeiter erhöhen und damit Leistung steigern, weil sie einen Beitrag zum Erreichen des Gewünschten leisten wollen. Unternehmerische Werte wirken auch nach außen: Kunden, Lieferanten und die Bevölkerung können auf das künftige Verhalten eines Unternehmens schließen.
Jedes Unternehmen hat seine eigene Antworten auf diese Fragen - selbst unter gleichen äußeren Bedingungen. Jedes Unternehmen ist damit einzigartig, weil es seine eigene unverwechselbare Geschichte und Entwicklung hat, in jedem Unternehmen andere Menschen mit anderen Erfahrungen und anderen Charakteren arbeiten und sich andere Werte und Normen entwickelt haben. Die Corporate Identity muß dieses Einzigartige berücksichtigen: Die Unternehmenskultur ist die Basis der Firmenidentität
Die Corporate Identity tritt in ihrer Wirkung als Bestandteil der Unternehmenskultur hervor. Unternehmensidentität wird zum konstituierenden Element von Unternehmenskultur. Eine Identität kann also nicht beliebig konstruiert werden, sondern muß auf den vorhandenen Werten und Normen aufbauen.
Bereiche und Ressorts bilden häufig eigene Kulturen, sogenannte Subkulturen: der Verkauf ist geprägt durch Wettbewerb, die Forschung ist teamorientiert. So gibt es eine Personalkultur, eine Produktionskultur und eine Marketingkultur. Diese Kulturen sichern das Überleben des Bereiches, sie sind also nützlich. Aber die Subkulturen müssen einer gemeinsamen Kulturbasis entspringen, die sich an den Unternehmenszielen orientiert und diesen nicht entgegensteht.
Veränderungen müssen kulturverträglich sein
Eine starke Unternehmenskultur ist stabil und daher von Vorteil. Dafür ist sie schwer zu ändern, was nachteilig sein kann: Fordert die Geschäftsleitung verändertes Denken und Handeln, widerspricht dies häufig der gewachsenen Unternehmenskultur - ein Konflikt ist die Folge:
Waren bisher „Durchsetzungsvermögen" und kräftige Ellenbogen gefragt, soll plötzlich Gemeinschaftssinn herrschen und der Einzelne zugunsten der Gruppe zurücktreten - das bringt grundlegende Werte durcheinander.
Im Projektmanagement sollen Teilnehmer nicht länger nach Position in der Hierarchie ausgesucht werden, sondern nach Fachkompetenz. Welche Veränderung!
Lähmende Bürokratie soll weg - flexible, kreative und innovative Lösungen sollen her.
War der Vorgesetzte bis gestern Autoritätsperson in einer ausgeprägten Hierarchie, soll er heute Partner, Coach und Begleiter im flachen und schlanken Unternehmen sein.
Solche Änderungen in der Firmenkultur, die sogar in die Gesellschaftskultur reichen, sind nicht von heute auf morgen durchzusetzen: Gab es Frauen in den Vorstandsetagen bisher nur in den Vorzimmern, sitzen sie ab sofort in den Chefsesseln und erteilen Aufträge: Die Deutsche Shell AG zum Beispiel hat ein Förderprogramm aus der Taufe gehoben, um den Mineralölkonzern für Bewerberinnen attraktiver zu machen. In Frauen stecke, so die Begründung des Konzerns, die Hälfte des Potentials an Intelligenz, Qualifikation und Innovationskraft dieser Welt.
Bis solche Einstellungen tatsächlich in den Köpfen von Entscheidern festsitzen und nicht der Not durch einen personellen Engpaß entspringen, wird es noch lange dauern. Dies wissen nicht nur die Frauenbeauftragten deutscher Konzerne: Cornelius van der Klugt, ehemals Vorstandsvorsitzender im Philipps-Konzern, vergleicht dies damit, "als ob man aus einer Gruppe Moslems gute Christen machen will".
Trotzdem: Die Unternehmen müssen eine Veränderung ihrer Unternehmenskultur in Angriff nehmen, denn der harte Wettbewerb zwingt die Firmen zu Innovation, Flexibilität und ausgeprägter Kundenorientierung. Firmen müssen sich wandeln vom klassischen Produktlieferanten hin zum Systemanbieter und Dienstleistungsunternehmen. Dies erfordert allerdings auch einen Wandel zur Dienstleistungskultur.
Solche Entwicklungen sind den Firmen früher schon gelungen: Waren einst Beschaffung und Produktion die wichtigsten Bereiche im Unternehmen, ist unter anderem mit dem Aufkommen von Konkurrenz der Absatz der Produkte zum Engpaß in den Unternehmen geworden - das Marketing entwickelte sich zum wichtigsten Bereich des Unternehmens, zur Führungskonzeption. (63)
Auch künftig wird sich der Erfolg eines Unternehmens danach entscheiden, ob und wie es gelingt, die Unternehmenskultur auf veränderte Anforderungen aus Markt und Gesellschaft auszurichten. Manche Unternehmen haben dies erkannt: Siemens entwickelte eine interne Norm, die den Konstrukteuren vorschreibt, Produkte umweltverträglich und langlebig zu gestalten. Elektrogeräte müssen so konstruiert sein, daß am Ende der Gebrauchsdauer möglichst viele Teile wieder verwertbar sind.
In einem CI-Programm wird die derzeit gelebte Unternehmenskultur erfaßt, mit den Anforderungen der Belegschaft und des Umfeldes abgeglichen und eine auf die Zukunft gerichtete Unternehmensidentität entwickelt, die in einem Leitbild formuliert und verbindlich niedergeschrieben ist.
Das Leitbild
Ein Leitbild - auch Unternehmensphilosophie, Vision oder Mission genannt - formuliert die angestrebte Identität des Unternehmens. Basis ist die gelebte Unternehmenskultur sowie Wünsche und Erwartungen der Belegschaft und externen Bezugsgruppen.
Das Leitbild bestimmt den Kurs des Unternehmens. Es steckt den Rahmen für künftiges Handeln durch einen Katalog von Kriterien ab, der Werte und Bekenntnisse der Unternehmensführung zum unternehmerischen Handeln enthält und Normen für das Verhalten setzt.
Ist die gewachsene und gelebte Unternehmenskultur auf Vergangenheit und Gegenwart bezogen, ist das Leitbild auf die Zukunft gerichtet. Die Sollvorgaben wirken jedoch auf die Unternehmenskultur zurück und beeinflussen Werte und Normen im Unternehmen. Das Leitbild entspringt der Unternehmenskultur und wirkt auf sie zurück.
Ein Leitbild hat folgende Vorteile:
Es informiert die Führungskräfte und Mitarbeiter über die gewünschten Werte, Normen und Grundprinzipien des Unternehmens. Dies schafft eine Grundlage für einheitliches Verhalten auf allen betrieblichen Ebenen.
Das Leitbild unterstützt die Geschäftsleitung und Führungskräfte bei zeitgemäßer und der Situation angepaßter Führung. Fehler werden erkennbar und können korrigiert werden. Unsicherheiten werden ausgeräumt, die das optimale Erfüllen von Aufgaben verhindern.
Ein Leitbild zeigt jedem Mitarbeiter eines Unternehmens, wie er durch persönliches Verhalten zum Erreichen der Unternehmensziele und damit zum Erfolg des Unternehmens beitragen kann.
Es ermöglicht den Bereichen detaillierte Vorgaben für die Mitarbeiter abzuleiten, die nicht beliebig sind, sondern die aus einem übergeordneten gemeinsamen Selbstverständnis stammen.
Das Leitbild wirkt nach außen, indem es wichtige Bezugsgruppen über die Werte und Normen des Unternehmens informiert sowie Aussagen über Wünsche und Erwartungen an eine Zusammenarbeit trifft.
Wenn das Unternehmen stärker als Ganzes wirken soll, müssen gemeinsame „Spielregeln" bekannt sein und eingehalten werden. Das Leitbild gibt hierfür den Orientierungsrahmen vor, der je nach Situation und Problem ausgefüllt werden kann. Das sind die Teile des Leitbildes:
Die Leitidee nennt den Sinn des Unternehmens und vermittelt eine Vision, wie es aktuelle und künftige Probleme lösen oder dazu beitragen will.
Die Leitsätze sind Kernaussagen, die grundlegende Werte, Ziele und Erfolgskriterien festlegen. Sie bestimmen das Verhältnis des Unternehmens zu zentralen Bezugsgruppen wie Mitarbeiter, Kunden, Aktionäre, Medien. Die Leitsätze formulieren die spezifische Kompetenz des Unternehmens, seine Leistungsfähigkeit und die Wettbewerbsvorteile.
Das Motto faßt alles in einem kurzen, prägnanten Slogan zusammen.
Die Leitidee
Am Beginn vieler Firmen steht eine Leitidee. Fast jeder Verein, jeder Verband beginnt mit einer Idee - sei es, Tiere zu schützen, sportliche Höchstleistungen aufzustellen oder die Musik zu fördern. Die Leitidee drückt den Sinn des Unternehmens aus, also den Nutzen für Kunden, Markt und Gesellschaft. Sie begründet, warum ein Unternehmen überhaupt besteht. Wen interessieren nackte Zahlen und Fakten nach dem Motto: „Wir sind ein Unternehmen mit 300 Beschäftigten, das einen Umsatz von 30 Millionen Mark erzielt"? Statt dessen will die Öffentlichkeit wissen, mit wem sie es zu tun hat und welchen Beitrag das Unternehmen für die Gesellschaft oder die Gesamtwirtschaft leistet. Dies kommt in vielen Leitbildern zu kurz. Statt dessen wird der Zweck des Unternehmens ausgedrückt - also das, was die Aktivitäten dem Unternehmen selbst bringen: Der Zweck eines Unternehmens wäre „Wir sind ein Hersteller von Sportartikeln". Ein Sinn wäre: „Wir wollen den Menschen helfen, die größte Erfüllung im Sport zu finden, indem wir ihnen die besten Produkte in Hinsicht auf Funktion, Aussehen, Qualität und Komfort zur Verfügung stellen." (adidas)
Die Leitsätze
Visionen liegen weit weg und machen es leicht, beim alten zu bleiben. Die Leitidee wird daher in Leitsätzen konkretisiert.
Leitsätze sind Kernaussagen für das Unternehmen, die grundlegende Werte, Ziele und Erfolgskriterien festlegen. Sie zeigen die Kompetenz des Unternehmens, seine Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsvorteile und erläutern, wie die Leitidee umgesetzt werden soll. Häufig beziehen sich diese Aussagen auf das Verhältnis zu Mitarbeitern und Managern, zu Kunden, Aktionären und Eigentümern.
Leitsätze sind so allgemein formuliert, daß sie für alle Bereiche des Unternehmens gelten, aber nicht so allgemein, daß sie zu hohlen Phrasen verkommen. Leitsätze sind allgemein zugänglich und verständlich.
Wichtig zu wissen: Leitsätze sind allgemein gehalten, damit sie auf alle Bereiche des Unternehmens zutreffen. Nach Bekanntgeben der Leitsätze konkretisieren die einzelnen Bereiche und Ressorts diese in Handlungsrichtlinien, so zum Beispiel für Forschung, Umweltschutz oder Führung. Sie sind so formuliert, daß erwartetes Handeln erkennbar ist, dessen Einhaltung kontrolliert und sanktioniert werden kann.
Das Motto
Leitidee und Leitsätze sind meist zu lang, um sie sich merken zu können. Ein Motto bringt daher das Leitbild auf den Punkt: Es ist kurz, prägnant und leicht zu merken.
Ein plakatives Motto gibt wieder, was die Bezugsgruppen vom Unternehmen wissen und was sich bei den Empfängern aus Sicht des Unternehmens einprägen soll. Das Motto ist aussagekräftig und unterscheidet sich von anderen Beispiele: Avis: We try harder, BASF: Wir tun mehr für Sie, BMW: Freude am Fahren
Quelle:
http://www.vordenker.de/dherbst/cidentity.htm