Ich hab ein leider sehr erschütternd trauriges Erlebnis mit der kindlich musikalischen Förderung erleben müssen.
An einer Ganztagsschule richtete ich für den Theater/Musikraum eine neue Audio&Lichtanlage ein und spielte in meinen Pausen auf dem Klavier.
Wie das so ist, guckten dann auch die Kids aus dem Hortbereich mal in den Raum und hörten zu und dann setzte sich ein kleines Mädel (9 Jahre,3.Klasse) mit Sonnenschein strahlenden Augen neben mich auf den Klavierhocker und ich zeigte ihr ein simpel zu spielendes CFG Thema und wie eine Dur-Melodie funktioniert.
Ich war völlig perplex wie schnell sie das begriffen hat und sie mir versicherte, noch nie Klavier gespielt zu haben.
Nach 30 Minuten gab ich die Begleitung vor und sie spielte bereits ihre eigene kleine Melodie dazu.
Verhältnismäßig hat sie ein super Taktgefühl und das richtige Gespür und Gefühl für Noten und dem Instrument.
So sagte ich ihr das sie ein riesengroßes Talent für das Klavier hätte und da sollte sie doch mal mit ihren Eltern reden, ob sie ihr nicht vielleicht ein Keyboard für Zuhause kaufen oder Unterricht organisieren könnten.
Am nächsten Tag schaute sie wieder rein und ich dachte, wir würden das Thema vom Vortag weiterspielen.
Aber da waren die Sonnenschein-Strahleaugen ganz traurig und sie sagte wortwörtlich:
"Mein Papa hat mir verboten nochmal Klavier zu spielen. Das ist Teufelswerk und geht nicht mit meinem Glauben".
Ich lasse jetzt die Glaubenszugehörigkeit einmal außen vor, aber als ich am nächsten Tag den Papa nett und höflich auf das Talent seiner Tochter ansprach, wurde dieser sehr laut und aggressiv.
Es ginge nicht um Musik an sich und die traditionelle Musik und traditionelles Instrumentarium ihrer volkstümlichen Kultur könne das Töchterlein auch erlernen, aber so etwas wie Klavier und die Musik die man im Radio hört ist böse und verdirbt den Charakter.
Zudem hat er verboten das seine Tochter noch einmal zu mir in den Raum käme, wo sich mittlerweile auch schon die anderen Kids und Schulkameraden versammelt haben, um meiner Musik zu lauschen, geschweige am Klavier zu spielen.
(p.s.: Ich spielte Dinge wie Grieg`s "Peer Gynt", Udo Jürgens "Vielen Dank für die Blumen" bekannt aus Tom&Jerry und weil es auf Weihnachten zuging "3 Haselnüsse für Aschenbrödel...also alles "Teufelswerk").
Okay, diese Einstellung musste ich akzeptieren und respektieren, aber in diesem Moment bin ICH vom Glauben abgefallen, da auch im nicht näher genannten Kulturkreis ebenfalls gerne Entertainer-Keyboards usw. verwendet werden.
Um das kleine Mädel tat es mir unendlich leid, weil sie wahrlich ein Naturtalent war/ist und ich glaube auch nicht wirklich, dass der Papa seiner Tochter musikalische Einflüsse in seiner Erziehung hat zukommen lassen, dafür waren ihm stark religiös geprägte Motive zu wichtig.
Mich hat das alles eine ganze Weile lang echt heftig mitgenommen und ich verstehe so manches ehrlich gesagt auch bis heute nicht und bei allem Respekt vor jeglicher Religiosität und Kulturen.