Re: Postmoderne - aus: Zum Verständnis von Elektronischer Mu
Psychotronic schrieb:
Genau. Allerdings würde ich tatsächlich mal die längere Strecke pro Person zu probieren, erst dann fängt der Einzelne an über seine Stücke in sinfonischen Kategorien zu denken.
Was genau wären diese "sinfonischen Kategorien" für Dich? Finde das interessant.
Was machen wir denn momentan wenn wir Live spielen? Wir bauen Tracks und spielen die quasi hintereinander. Ich zumindest. Kann man dieses Trackkonstrukt nicht auflösen und einfach mit Elementen arbeiten und diese über eine längere Strecke zu einer Aussage verarbeiten.
Das Folgende wird sich auf den ersten Blick so lesen, als ob's mit dem Zitat nichts zu tun hätte, hat es ganz am Schluss nach dem zweiten Zitat aber hoffentlich doch.
Meine Erfahrungen aus dem Spiel in live improvisierenden Ensembles waren ganz kurz gefasst:
• Der Bandkontext bricht immer wieder durch, so a la "ich Fläche, du Rhythmus, er Bass". Wurde das vorher so verabredet, hilft es aber zumindest, das folgende Problem zu verhindern:
• Das "aufeinander Hören" ist sehr schwierig. Meiner Erfahrung nach ein Ego-Problem (nicht, dass ich davon frei wäre, beileibe nicht!): Ich finde das, was ich da gerade mache/entdeckt habe, klasse, also sollen's auch die anderen hören – die finden ihren Stoff vielleicht aber auch so geil, dass sie sich durch meine Sachen gestört fühlen, man dreht sich lauter, versucht sich durchzusetzen…und schwupps, ist alles zugekleistert.
Moogulator schrieb:
Oder sowas machen, was man nicht vorbereitet sondern wirklich live ausprobiert und 1-2 Helfer mischen das. […] Witzig wäre, wenn 2 Leute an "2 Seiten" arbeiten würden oder das Lineare insgesamt damit etwas aufgelöst würde, wenn sozusagen die Zuständigkeit nicht für eine Zeitachse sondern für zB die 4 Seiten mit Wechseln und Eckdaten / Eckpunkten gegeben wäre.
Ich wünsche mir nach den oben beschriebenen Erfahrungen oft, dass ein Ensemble-Mitglied sich um das Mischen kümmern würde (was meiner Ansicht nach eine gänzlich andere & wichtigere Position als die eines "Helfers" wäre), mehr noch (und hier komme ich endlich auf Psychotronics "was machen wir denn momentan, wenn wir Live spielen?" zurück): nicht nur ums Mischen, sondern auch ums Arrangieren, mithin die Dramaturgie.
Vielleicht ganz praktisch so:
• 5 Mitspieler
• 4 dieser Personen erzeugen das Material in Echtzeit. Das Publikum kann sie nicht direkt hören. Sie selbst können jeder nur sich selbst hören und das ans Publikum weiter geleitete Signal (siehe nächster Punkt).
• 1 dieser Personen sichtet, bearbeitet und strukturiert das Material. Dieser Person steht ausschließlich das in Echtzeit erzeugte Material der anderen vier zur Verfügung. Diese Person steuert, was das Publikum hört. Diese Person darf auch die anderen vier Personen um Material einer bestimmten Art bitten.
• Mit 'nem Octatrack stünde ein entsprechendes Instrument zur Verfügung, mit dem sich – für vier monophone Eingangssignale alles vom schlichten Mischen über traditionelle Effektbearbeitung bis hin zu sample-basierter Verwurstung samt Arrangement über die Zeit soviel anstellen liesse, dass der Person am OT die Rolle des Dramaturgen zukäme.
Liesse sich damit nicht das Ziel erreichen, über die Zeit Aussagen zu erstellen & zu verarbeiten, anstatt nur aneinander zu reihen?