Ich darf nur eine kleine Geschichte aus meiner Jugend beitragen. Ich war 17 oder 18 spielte in der klassischen Schülerband, und der Gitarrist (16) der Band war sich mit mir einig: wir werden Profimusiker. Wir standen auf Genesis, Gentle Giant und King Crimson (letztere er mehr, ich nicht so), und wir gedachten mit so großartiger Musik erfolgreich zu werden. Wir beschlossen zunächst ganz folgerichtig, dass wir die richtigen Leute kennenlernen müssen, und das tut man in einem Studio. Also hab ich aus dem Branchentelefonbuch ein Tonstudio rausgesucht, das an einer Buslinie lag (was für uns beide zwingende Notwendigkeit war), und dann sind wir da nach der Schule hingefahren. Wir haben uns reingetraut, und der Empfangsdame (ja damals hatte ein Studio eine Empfangsdame) unser Ansinnen vorgetragen, dass wir "gerne mal zukucken würden". Die Empfangsdame ging dann in die eigentlichen Studios um nachzufragen (bei dieser Gelegenheit habe ich das erstemal in meinem Leben eine Frau mit feuerroten, kurzen(!) Haaren in engen schwarzen Lederhosen mit Highheels und weißer halboffener Seidenbluse mit schwarzer Spitzenwäsche drunter gesehen. Das hat mich für viele der folgenden Nächte "emotional" sehr beschäftigt, aber gleichzeitig mich darin bestärkt, dass die Tonstudiobranche ein guter Ort für mich sei .... ich schweife ab). Jedenfalls ging die Empfangsdame in die Regie, fragte nach, kam mit einem in meiner Erinnerung wuschelköpfiger Typ zurück, und der meinte dann, dass wir für eine Stunde reinkommen könnten, und dass wir keine Mucks machen sollten.
Wir gingen in das Studio rein (Kinnlade runterklapp...), setzten uns auf ein Sofa im hinteren Bereich des Raums, der Wuschelkopf und einer der offensichtlich der Toningenieur war, setzten sich wieder ans Mischpult. Man konnte in den Aufnahmeraum sehen, und da saß ein Schlagzeuger vor einem Minimalschlagzeug: Bassdrum, Snare, Hihat. Das Band wurde gestartet, eine schrecklich öde Bassfigur lief, und der Schlagzeuger begann noch dumpfer dazuzuspielen Bumm Zack Bumm Zack Bumm Zack .... endlos, ständig das gleiche, manchmal wurde die Aufnahme angehalten, weil angeblich was nicht "teit" war (der Wuschelkopf unterhielt sich mit dem Schlagzeuger auf englisch. Ich hab das Wort dann später im Langenscheidtlexicon nachgesehen, aber die Übersetzung hatte dann wieder mehr mit der Lederhose der Empfangsdame zu tun). Das ging jedenfalls für mein Gefühl stundenlang so. Wir waren fassungslos. Wir wussten, dass das Studio 1000 Mark pro Tag zu mieten kostete, und dann nahmen die da Bummzack auf. Völlig verwirrt bedankten wir uns bei den Leuten, und verschwanden wieder bedröppelt (die Empfangsdame war leider grade nicht da, als wir gingen), im Bus gestanden wir uns unser Entsetzen, und sprachen dann darüber dass wir unser Ziel irgendwie anders erreichen mussten.
Es dauerte dann ungefähr weiter 20 oder 25 Jahre, bis ich ein Bild des Schlagzeugers mit dem Wuschelkopf irgendwo im damals noch recht jungen Web fand. Drunter stand: "left: Keith Forsey, right: Giorgio Moroder".
Nachtrag für die historische Korrektheit: Das Studio war das Unionstudio in Solln, Moroder hatte damals (1977) eigentlich das Musicland. Ich vermute heute, dass das Musicland an diesem Tag von einem anderen Act gebucht war, und dass Moroder selbst ins Union ausgewichen ist, da Forsey sicher auch nicht beliebig freie Termine hatte.