Das hier fiel mir beim Überfliegen des Threads auf:
(...), dass ein Filter mit einem Resonator oder GranularSampler als Klangquelle wesentlich weniger Sinn macht als wenn man nur 3,5 elektrisch einfach zu generierende eckige Wellenformen zur Hand hat. Da ist "Mann" dann froh über jede zusätzliche Möglichkeit due Grundwellenform irgendwie zu formen, und sei es durch die eigenheiten des Filterdesigns. Hat man aber eine Unmenge an möglichen Wellenformen zur Hand, dann ist diese noch weiter mit dem Filter zu formen irgendwie redundant. Bau doch einfach gleich den passenden Klang.
Das ist zu vereinfacht, aus mehreren Gründen.
1) Geht es beim Filtern, im Gegensatz zum EQing, nicht um Verläufe mittels Knopf, Hüllkurve, Zufall, LFO oder Sequenzer statt um unveränderliche Wellenformen? Um Verläufe flüssig abzubilden, sind jedenfalls die meisten klassischen Wavetables viel zu grob gerastert, außer bei kurzen perkussiven Sounds oder einem sehr engen abzubildenen Spektrum. Also wenn schon etwas ein Ersatz für Filter sein kann, dann Waveshaping oder Vektorsynthese bzw. generell kontinuierliches Mischen von (beliebigen/ komplexen) Wellenformen. ABER gerade einige klassische Sounds des Prophet VS leben von dem Zusammenspiel zwischen komplexen Wellenformen und den Filtern. Beispiel: die Intro-Sequenz von "That's what I get" auf dem ersten Nine Inch Nails-Album. Das ist die Art Soundqualität, für die digitale Synths wie der DX-7 in den 80ern gemacht wurden und die sie eben doch nie bieten konnten, weil ihnen die Filter fehlten. Ich weiß, dass das ein Totschlagwort ist, darum ja auch ein konkretes Beispiel statt Theorie.
2) Artefakte. Aliasing, (Block-)Rauschen und Übergangsklicks. Brauchste Tiefpass.
3) Tiefpass ist nicht alles. Selbst wenn ein Wavetable oder ein einzelne Wellenform VCA nebst VCA und Hüllkurve für eine bestimmte Situation genügt, man also die bei Analogsynths übliche dynamische Obertondämpfung nicht braucht und auch kein Problem mit den Artefakten hat, kann man mit den anderen Filtertypen immer noch viel anfangen. Ein berühmter VS-Sound ist z.B. eine Wellenform mit ausgelöschter Grundfrequenz. Willst du das in einem Wavetable-Synth nachbauen, der diese eine Wellenform nicht hat, musst du dir mit Hochpassfiltern behelfen. Wenn ich noch mehr Beispiele bringe, sollte ich dafür Kohle verlangen
- denke das Prinzip ist klar.
Mag sein, dass 1 und 2 Kinderkrankheiten der alten Wavetable-Synths waren und es bei heutigen Modellen keine Rolle mehr spielt, das weiß ich nicht. Aber die Ergebnisse, auf die ich gerade durch diese Beschränkungen gestoßen bin, finde ich bis heute gut und brauchbar und sie würde mit einem Synth, der all diese Einflüsse auf einen einzigen Parameter reduziert, zu glatt klingen. Daher würde ich in meinem System weder die Wavetables noch das Waveshaping noch die Filter aufgeben wollen.
Es stimmt natürlich, dass man auch aus den "3,5 Wellenformen" mit harter Arbeit sehr viel rausholen kann, siehe Tomita oder so, und es stimmt auch, dass manche Wellenformen mit sehr komplexen, nichtlinearem Obertongehalt unbefriedigend zu filtern sind.