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Anonymous
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Auf Spiegel Online ist der Artikel "Die Macht der Maestros" gerade veröffentlicht worden. Es geht dabei um Dirigenten, Orchester, Motivation und Interpretation. Was hat das mit Synthesizern zu tun? Eine ganze Menge, jedenfalls wenn man den Text zu lesen versteht. Hier eine Kostprobe, wo es um Leonard Bernstein geht, und diesen Meister schätze ich besonders.
"4. Teil: Leonard Bernstein. Empathie macht Führen überflüssig.
Wer seine Vision so unwiderstehlich kommuniziert wie Kleiber, gilt zu Recht als perfekter Dirigent. Leonard Bernstein führte sein Orchester ebenso perfekt - auf eine völlig andere Weise. "Er war ein perfekter Mensch", sagt Talgam.
Talgam war eine Zeit lang Bernsteins Assistent. Er hat mit angehört, wie Musiker den Maestro baten: "Sag mir, wie ich spielen soll." Bernstein habe dann geantwortet: "Das funktioniert so nicht. Ich kann dich nicht als Instrument benutzen. Ich brauche dich als ganze Person."
Bezeichnend für Bernsteins Führungsstil ist laut Talgam eine Probe von Igor Strawinskis "Le sacre du Printemps" ("Die Frühlingsweihe"), einem der anspruchsvollsten Klassik-Stücke überhaupt. Der damals schon über 70-Jährige gibt den zum großen Teil sehr jungen Orchestermusikern keine Regeln vor, er erläutert ihnen stattdessen die Bedeutung der Musik. Er findet Bilder, die den Musikern signalisieren, dass er sie trotz des Altersunterschiedes versteht - und die sie gleichzeitig die Stimmung der Partitur verstehen lassen.
Als Bernstein einem Tubisten erklärt, wie er eine Note blasen soll, die wie ein Brunftschrei klingt, sagt er: "Stellen Sie sich vor, Sie lägen auf einer saftigen Wiese, es ist Frühling, und Sie wollen das Gras umarmen, nein, Sie wollen hineinbeißen. Sie machen: 'OAAAAARRR!'"
"Bernstein füllt die abstrakten Noten mit Sinn", sagt Talgam. "Er zeigt den Musikern, warum das, was sie tun, gut und wichtig ist. Er ist ein Motivationsgenie."
Wer so führt, braucht keinen Taktstock mehr. Und tatsächlich schaffte es Bernstein bei manchen Aufführungen, fast ohne Gesten auszukommen. Er dirigierte mit einem Lächeln, einem Augenrollen, einem Lippenschürzen (siehe Video, ab Minute 3:45). Er konnte seinem Orchester voll und ganz vertrauen, weil er wusste, dass es ihm genauso vertraute.
Durch Empathie schaffte Bernstein etwas, das die Machtverhältnisse nicht nur aufzuheben, sondern umzukehren schien. Eine schmachtende Violinenmelodie ließ ihn zuckersüß lächeln, bei Mollakkorden schürzte er melancholisch die Lippen.
"Wo Ricardo Muti 100 Prozent Kontrolle hat, erreichte Bernstein 200 Prozent", sagt Talgam. "Weil er und sein Orchester dasselbe fühlen. Weil er den Musikern völlige Freiheit gibt - und gleichzeitig völlige Sicherheit."
"Damit aber erreichte er das größte, das ein Chef vielleicht erreichen kann", sagt Talgam. "Er machte seine Mitarbeiter, sein Kunden und sich selbst durch Arbeit glücklich."
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,628027,00.html
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Im Artikel sind auch einige youtube Clips eingebettet, die sind sehenswert. Und aufgeschrieben hat das der israelische Dirigent Itay Talgam, der selber ziemlich charismatisch ist.
"4. Teil: Leonard Bernstein. Empathie macht Führen überflüssig.
Wer seine Vision so unwiderstehlich kommuniziert wie Kleiber, gilt zu Recht als perfekter Dirigent. Leonard Bernstein führte sein Orchester ebenso perfekt - auf eine völlig andere Weise. "Er war ein perfekter Mensch", sagt Talgam.
Talgam war eine Zeit lang Bernsteins Assistent. Er hat mit angehört, wie Musiker den Maestro baten: "Sag mir, wie ich spielen soll." Bernstein habe dann geantwortet: "Das funktioniert so nicht. Ich kann dich nicht als Instrument benutzen. Ich brauche dich als ganze Person."
Bezeichnend für Bernsteins Führungsstil ist laut Talgam eine Probe von Igor Strawinskis "Le sacre du Printemps" ("Die Frühlingsweihe"), einem der anspruchsvollsten Klassik-Stücke überhaupt. Der damals schon über 70-Jährige gibt den zum großen Teil sehr jungen Orchestermusikern keine Regeln vor, er erläutert ihnen stattdessen die Bedeutung der Musik. Er findet Bilder, die den Musikern signalisieren, dass er sie trotz des Altersunterschiedes versteht - und die sie gleichzeitig die Stimmung der Partitur verstehen lassen.
Als Bernstein einem Tubisten erklärt, wie er eine Note blasen soll, die wie ein Brunftschrei klingt, sagt er: "Stellen Sie sich vor, Sie lägen auf einer saftigen Wiese, es ist Frühling, und Sie wollen das Gras umarmen, nein, Sie wollen hineinbeißen. Sie machen: 'OAAAAARRR!'"
"Bernstein füllt die abstrakten Noten mit Sinn", sagt Talgam. "Er zeigt den Musikern, warum das, was sie tun, gut und wichtig ist. Er ist ein Motivationsgenie."
Wer so führt, braucht keinen Taktstock mehr. Und tatsächlich schaffte es Bernstein bei manchen Aufführungen, fast ohne Gesten auszukommen. Er dirigierte mit einem Lächeln, einem Augenrollen, einem Lippenschürzen (siehe Video, ab Minute 3:45). Er konnte seinem Orchester voll und ganz vertrauen, weil er wusste, dass es ihm genauso vertraute.
Durch Empathie schaffte Bernstein etwas, das die Machtverhältnisse nicht nur aufzuheben, sondern umzukehren schien. Eine schmachtende Violinenmelodie ließ ihn zuckersüß lächeln, bei Mollakkorden schürzte er melancholisch die Lippen.
"Wo Ricardo Muti 100 Prozent Kontrolle hat, erreichte Bernstein 200 Prozent", sagt Talgam. "Weil er und sein Orchester dasselbe fühlen. Weil er den Musikern völlige Freiheit gibt - und gleichzeitig völlige Sicherheit."
"Damit aber erreichte er das größte, das ein Chef vielleicht erreichen kann", sagt Talgam. "Er machte seine Mitarbeiter, sein Kunden und sich selbst durch Arbeit glücklich."
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,628027,00.html
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Im Artikel sind auch einige youtube Clips eingebettet, die sind sehenswert. Und aufgeschrieben hat das der israelische Dirigent Itay Talgam, der selber ziemlich charismatisch ist.