ATC1, ATCX Analog Synthesizer
Studio Electronics
ATC1/ATCX
SPECS
mid of this rack in blue: atc-x click image to enlarge - Bild klicken zum vergroessern
other STUDIO ELECTRONICS gear..
ABOUT in times of the analogue boom, the former rack-ifier of the Mini-Midi (Minimoog), Prophet5 and OB8 made their own synth that had 4 filter modules or even all 4 in one package on the ATC and ATC-X modules called "tone cameleon" ..
ABOUT In der Zeit des Analogbooms überlegte sich der ehemalige "Rack-Macher" für Prophet5,Minimoog (Mini-Midi) und OB8 ein eigenes System zu bauen, es gibt beim ATC1 vier verschiedene Filtermodule, es können sogar alle gleich geordert werden. "tone cameleon" ist der Untertitel des ATC
ABOUT
DETAILS filter: tb303, arp2600, moog (mini), Oberheim SEM, internal filters can be all four or exchanged and bought separately. not soo fast envs compared to a minimoog.
DETAILS filter: tb303, arp2600, moog (mini), Oberheim SEM , man kann die Filtermodule tauschen oder intern umschaltbar einbauen. nicht so schnelle envs wie der minimoog.
DETAILS
SOUND basses, leads.. also FX
SOUND bässe, leads.. auch FX
SOUND
VERSION atc1 + atc-x
atc1xi: with VCA behaviour switch (Minimoog)
VERSION atc1 + atc-x
atc1xi: Wie die anderen, jedoch mit VCA-Minimoog-Verhaltens-Schalter
VERSION
ATC Xi Test
Studio Electronics sind fast selbst bereits eine Legende, dennoch sind sie im Gegensatz zu anderen Herstellern fast noch immer eine Art Geheimtipp. Ein Versuch der Erklärung liegt sicher auch darin begründet, dass Studio Electronics (ab hier „SE“) mit Rack-Umbauten von Klassikern begann und später mit Nachbauten aufwartete und somit eher bekannte Konzepte einsetzte. Zeit, die Wahrheit zu überprüfen.
Es war einmal …
In neuester Zeit bot SE verschiedene Varianten ihrer gut geplegten Modelle SE1 (SE1X), Omega 8 und dem vorliegenden Testprobanden ATC-Xi an. Strukturell liegen diese nicht sehr weit auseinander. Die wichtigste Unterscheidung ist: Der Omega 8 ist polyphon, der SE1 und ATC sind monophon. Der ATC ist das kleinste und günstigste Modell und unterscheidet sich vom SE1 durch eine etwas andere am Minimoog orientierte Bedienoberfläche mit Reglern. Das kompakte 2 Höheneinheiten hohe ATC-Gehäuse ist hingegen eng mit Folientastern bestückt. Die Idee ist nicht sehr viel anders als beispielsweise die des Moog Little Phatty, jedoch bei weitem nicht annähernd so indirekt wie bei 20 Jahre älteren Analog-Synthesizern wie dem Oberheim Matrix 6 oder dem Korg Poly 61 / 800. Man tippt den gewünschten Parameter direkt an und dreht am Regler in der Mitte. Einige Taster haben Doppelfunktionen. Man muss keine Adressen auf Gehäusen suchen oder Ziffern eintippen wie bei den Altvertretern der Zunft. Der ATC überträgt und empfängt auch Controller-Daten. Die Implementation ist daher nicht so rudimentär wie bei einigen neueren Voll-Analogen, sondern komplett via MIDI steuerbar. Lediglich die Modulationszuweisungen sind nicht ihrerseits mit Controllern belegt, jedoch lässt sich selbst der Filtertyp als Controller steuern. Abgesehen von der etwas schwer lesbaren Beschriftung sind Symbole und Anordnung jedoch für Synthese-Kundige ohne das englische 18-seitige Handbuch schnell erfassbar. Lediglich die Bedeutung einiger Vereinbarungen hinter den blauen Tastern und der „Mod“-Taste mögen sich erst anhand der Anzeige entschlüsseln: Sie gehören zu den Funktionen Sync, Crossmodulation und Filter-FM oder der Zuweisung von Modulationszielen. Bleibt noch ein Schalter mit mysteriösem Bedeutungshintergrund. Doch zunächst einige Fakten zur Stuktur des ATC-Xi.
Anschluss gesucht
Neben zwei (!) MIDI-Buchsen finden sich zwei Ringmodulator Anschlüsse (!) und ein weiterer Eingang für externe Signale auf der Rückseite des Instruments. Der Ringmodulator ist von außen beschickbar, und das Modulatorsignal lässt sich außen abgreifen. Das ist mal ungewöhnlich – ein Synthesizer mit kostenlosem Ringmodulator-Zugang! Sowas gibt’s sonst nur bei Modularsystemen. Das Netzkabel ist ein Kaltgerätestecker, kein fieses Netzteilgelumpe. Das Gewicht ist mit gut 4 kg erstaunlich niedrig für des Testers Erwartungshaltung. Die zwei Höheneinheiten im Rack sind schnell gefunden, und die Bedienfront wirkt sehr aufgeräumt. Sie besteht aus einem großen Endlosdrehknopf. Der Rest ist in einer Art Oberheim-Beige-Ton gehalten. Dieser variiert von Modell zu Modell. Wer diese Optik mit genau diesen Funktionen möchte, übermittelt dem Verkäufer den Zusatz i zur Bezeichnung ATC-X. Die „normale“ Serie gab es in „sehr bunt“ (schwarz mit bunten Tastern) und in blauer Grundfarbe mit weißen und roten Tastern oder auch in orange. Die drei Modellreihen unterscheiden sich im Alter und Ausstattung durch die Buchstabensuffixe X (neu und erweitert oder verbessert) und einer weiteren Bezeichnung (hier das „i“). Sie bieten 512 überschreibbare Speicherplätze und sind somit vom Typ RAM. Evolutionär wurden Funktionen über die Jahre hinzugefügt und Updates eingebracht. Es gibt den ATC schon über 10 Jahre. Beständigkeit und Aufrüstbarkeit war bisher stets möglich, und somit ist SE eine gute Modellpflege zu bescheinigen.
Syntheseheizkraftwerk
Zwei Oszillatoren erzeugen jeweils die Wellenformen Sägezahn und Pulswelle. Dazu kommen noch Sinus in VCO1 und Dreieck in VCO2 . Wellenformen können gleichzeitig aktiviert sein, und die Pulsbreite (Symmetrie) der Pulswelle kann pro Oszillator individuell justiert und moduliert werden. Die Oszillatoren können hart synchronisiert werden und erzeugen damit schneidende Obertöne.
Auch Ringmodulation und Frequenzmodulation der Oszillatoren sowie die schnelle Modulation des Filters durch einen VCO sind gleichzeitig möglich. Alle dieser Methoden dienen der Erzeugung metallischer, „dreckiger“, inharmonischer“ oder geräuschhafter Anteile durch die Frequenzverhältnisse der beiden VCOs zueinander. Sehr zu begrüßen ist, dass auch die Filter-FM mit einbezogen wurde. Sie erzeugt unter anderem auch subtile und stimmähnliche Modulationen.
Allein mit diesen drei Funktionen können sehr ergiebig die wirklich interessanten Klänge erzeugt werden. Prima, dass man sie alle implementiert hat.
Einmal Pizza „Vier Filter“ bitte!
Die Spezialität von Studio Electronics und damit auch die des ATC-Xi sind wechselbare Filtertypen aus diversen Analog-Klassikern. Zur Verwendung kommen Filter aus dem ARP 2600, dem Oberheim SEM (Oberheims Synthesizerserie der 70er, dem 2-, 4- und 8-Voice), der Roland TB303 sowie dem Moog Kaskadenfilter. Die Umschaltung kann auch per MIDI-Controller erfolgen, auch wenn das in der Praxis eher selten verlangt wird. Alle Filter sind Tiefpass-Varianten, welche in erster Linie durch ihr Klangverhalten mit Resonanz unterschiedlichste Charakteristika anbieten. Wer eine komplette Kopie eines Analog-Klassikers erwartet, sollte jedoch wissen, dass die Oszillatoren und die Verschaltungs-Struktur der jeweiligen Synthesizer nicht nur von der Beschaffenheit der Filter abhängen, jedoch deutlich davon geprägt sind. Die Idee ist dennoch bisher von anderen Herstellern so direkt nicht aufgenommen worden, bringt per se Vielfalt und erinnert durchaus an die beschriebenen Instrumente. Die Klänge werden bei Umschaltung durch die verschiedenen Verhaltensweisen der Filtertypen sofort hörbar. Man wird in vielen Fällen jedoch einige feine Anpassungen machen, um quasi identische Klänge zu erhalten. Hüllkurvenmodulation, Filtereckfrequenz oder Resonanz ist jedoch vergleichsweise schnell entsprechend angepasst, damit nach Umschaltung der Sound ist wie vorher – nur eben mit dem Charakter des gewünschten Filters. Das Oberheim Filter liegt beispielweise näher am SEM als das des Alesis Andromeda, der ebenfalls ein SEM-Filter an Bord hat. Wer das Original will, sollte sich jedoch immer noch an das Original halten. Wer jedoch gerne in die Richtung will und das schnell und elegant tun will, kommt mit den SE Synthesizern schon besser weg als mit dem absoluten Löwenanteil anderer Anbieter – Inklusive Software-Emulationen. Um diesen Vergleich herzustellen, so ist das Gros diverser photorealistischen Computersimulationen weiter vom Original entfernt als der ATC. Möchte man aber auch einfach einen guten, kräftigen und überzeugenden Klang, so erfüllt der ATC diesen Wunsch ebenfalls bestens. Anders formuliert: Wen der Emulationshype etwas nervt, denkt einfach an einen guten Analogen und bekommt ihn!
Drei Hüllkurven des Typs ADSR sind vorhanden. Zwei dieser Hüllkurven sind je Filter und VCA zugewiesen. Sie sind durchschnittlich schnell und haben einen recht angenehmen Verlauf. Insbesondere bei den längeren Zeiten. Die kürzeren Decay-Phasen (schnappende Perkussion und Klicks) wirken nicht so „vintage-echt-analog“, während die üblichen und höheren Decay-Werte (Blips und Staccato Arpeggiator/Sequenzer-Sounds) bereits schon praxisnah und angenehm skaliert sind. Sehr klickende Sounds (typisch für IDM, Glitch, Minimal Electro/House) sind daher eher schwer herzustellen, klassische Klänge (alle anderen) sind die Heimat des ATC-Xi. Die dritte Hüllkurve wirkt durch die drei Taster, als sei es lediglich eine AD/RS-Variante, tatsächlich wird der letzte Taster für die Zuweisung zu einem beliebigem Ziel verwendet, und Decay und Release wurden über eine Taste realisiert. Den Release-Wert erreicht man durch zweifache Betätigung. Als Ziele stehen auch die Intensitäten der Cross- und Ringmodulation zur Verfügung. Ebenso ist das Rauschen steuerbar und die folgenden Parameter - Filter Cutoff, Resonanz, VCO Lautstärken, Pulsbreiten und Frequenz (individuell), sowie die Modulationsstärken der Cross- und Ringmodulation (inklusive der Filter-FM) als auch der Rauschpegel - sind mögliche Ziele.
Das Rauschen lässt sich alternativ als Verzerrung nutzen. In dem Falle dient der Rauschpegel als Intensität der Verzerrung, die analog „erzeugt“ wird. Generell legt SE wert auf die Feststellung, dass die Schaltungen diskret sind. Diskrete Schaltungen kommen ohne ICs aus und werden klanglich nicht selten bevorzugt.
Die beiden LFOs sind frei zuweisbar und bieten jeweils die gleichen Ziele wie die dritte Hüllkurve an. Auch sie sind bezüglich ihrer Skalierung „normal“ ausgelegt, reichen also nicht in den Audiobereich hinein. Sie können jedoch zur MIDI-Clock synchronisiert werden, und ihre Wellenformwahl mag einer der wenigen nicht sofort ersichtlichen Parameter sein, da sie nicht durch eine geschickte Namensumsetzung im drei-stelligen 7-Segment-Display dargestellt werden, sondern als Zahl auftauchen. Neben den üblichen Wellenformen gibt es getakteten und ungetakteten Zufall (üblicherweise als Random und Sample & Hold bezeichnet). Modulationen sind stets positiv und unipolar. Die LFOs und zwei der Hüllkurven lassen sich jedoch invertieren. Dies und andere Strukturen in den SE-Synthesizern folgen also oftmals dem Weg der großen Klassikern der Achtziger Jahre in ihrer Ausführung. Das soll verdeutlichen, dass digitale Synthesizer ähnlicher Gattung (virtuell analog) leicht anders „denken“. Das stellt keinerlei Wertung dar, es ist einfach nur eine klare Hardware-Design Linie.
Eine sehr spezielle Funktion des VCA führt ins nächste Kapitel über die Unterschiede zwischen den ATC-Modellen. Der VCA ist fast wichtiger als die Hüllkurven, wenn es um den echten und den gefühlten Punch oder die Perkussivität geht. Auch beim VCA gilt: Die Knackser der kürzestmöglichen Sounds sind durchaus „Glitch & Clicks“-kompatibel, jedoch weder besonders schnell noch besonders langsam in der Art, wie der Klangverlauf (Kennlinie) „klingt“. Konkreter bedeutet das: Ein Minimoog oder einer der Clavia Nord Synthesizer sind schneller und schnappen einfach mehr zu, ein Oberheim Xpander hingegen ist langsamer als ein ATC-X. Generell sei abschließend noch vermerkt, dass die Anschlagdynamik für die drei Hüllkurven unabhängig wählbar ist. Dies ist somit die einzige Dreifach-Funktion. Ebenso lässt sich der Aftertouch einem Ziel zuweisen und in der Intensität regeln. Alle Parameter lösen in 7-Bit auf (128 Stufen). Tonhöhen lösen in 63 Halbtöne auf (ein üblicher Regelbereich von etwas mehr als 5 Oktaven).
ATC-X und ATC-Xi – Es gibt noch Unterschiede…
Es sind die Details, die die ATC-Modelle untereinander unterscheiden. Es gab früher auch Versionen ohne Quad-Filter, so die Bezeichnung der vier internen Filtertypen. Ebenso gibt es optisch unterschiedlich gestaltete Varianten, welche nahezu unzählige Farbschemata verwenden. Die getestete Xi-Version ist aus der neuesten Generation (durch das X gekennzeichnet) und somit mit schnelleren Hüllkurven versehen. Dieses „schnell“ ist gegenüber dem „ultraschnell“ eines Cwejman sicher als langsam zu bezeichnen, jedoch gegenüber den in den Achtzigern typischen Klangidealen perfekt skaliert – Man tut jedoch sicher gut, sich nur für die X-Versionen zu interessieren und gegebenfalls ältere Versionen aufzurüsten. Der geheimnisvolle Schalter neben der Lautstärkenhüllkurve nutzt die gleiche VCA-Schaltung wie der Minimoog. Sie klingt bei einigen Einstellungen und Filtermodellen zuweilen voluminöser oder „irgendwie runder“ und schnappt anders zu – das ist genau so zu verstehen wie es da steht: Es ist anders! Nicht viel besser oder viel schlechter, es ist eine Variation. Nicht selten auch durch die Veränderungen der unterschiedlichen Reaktion der verschiedenen „Filter und Resonanzen“ verändert sich durch diesen kleinen Schalter enorm viel. Sein Status wird nicht gespeichert und ist als Zusatz-Feature zu verstehen. Subtile Veränderungen und Verschiedenheiten, die auf interessante Weise anders sind, obwohl man eigentlich „nichts verändert hat“. So oder ähnlich schwammig könnte man die Wirkung beschreiben – in der Praxis sehr interessant, jedoch sicher kein Feature, was jederzeit herausgehört wird, wenn man es nicht weiss, jedoch nach dem Umschalten deutlich anders klingt! Die schon erwähnte Implementation einer Sinus-Wellenform im ersten VCO anstatt der Dreieckswellenform ist neben der speziellen Optik besonders für pure Ring- und Crossmodulation ein Gewinn, da keine Obertöne im Basissignal für den Aufbau einiger Spezial-Sounds stören. Die Optik hat auch eher gewonnen, da man auf die vielfarbigen Taster verzichtet hat. Die Beschriftung hätte jedoch etwas lesbarer ausfallen können – sieht dafür „nach mehr Kultur“ aus – China? Goa-ould? Erde? Apple? Jedenfalls steckt eine intelligente Wesenheit dahinter. Allerdings wird man schon nach kurzer Zeit nicht mehr intensiv lesen müssen und kann sich an den Symbolen orientieren, da die Struktur vertraut und heute schon fast Schulwissen ist. Einige Symbole sind sehr eindeutig gewählt, andere etwas „um die Ecke“ gedacht – es bleibt aber dabei, dass die Bedienung schon nach 10 Minuten mehr oder weniger ohne viel Sucherei intuitiv klappt. Die Befürchtungen, bei der Bedienung Stress zu tanken, ist damit eher im Bereich der irrealen Ängste zu suchen.
Klangchameleon
Der Sound ist überzeugend und angenehm frisch und „hell“. Diese Helligkeit ist als ausreichende Anzahl von Obertönen bereits auf Oszillator-Ebene zu verstehen – rr klingt nicht dumpf. Nicht wenige neuere Synthesizer bieten gute Möglichkeiten, haben aber einen leicht dumpfen Grundsound, da ihnen einfach ein Quäntchen Reichtum auf eben jener Oszillator-Ebene fehlt und von Filtern als Obertonquelle per Definition ausscheiden. Die SE Synthesizer haben hier offenbar kein Defizit und müssen auch für eine überzeugende Old-School-EBM Bassline nicht bearbeitet werden und wirken in ihrer Überzeugungskraft beispielsweise so gut wie Bässe, wie man sie von Depeche Mode und Nitzer Ebb in ihren besten Zeiten („Lightning Man“) kannte. Die Filtermodelle liefern schnell die notwendige Andersheit für den aktuell bearbeiteten Track. Verzerrung, VCA-Umschalter (Moog/SE) und Filtermodelle bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten, die sich besonders in Kombination eben doch perfekt unterschiedlich anhören.
Wie unterschiedlich klingt das?
Auch für die, denen ARP und Co. nichts sagt: ARP und Moog Filter liegen klanglich relativ dicht beieinander, während Oberheim und TB303 sich deutlich abheben. Technisch ist das ARP Filter eine Kopie des Moog Filters, jedoch etwas „analytischer“ und bei höheren Resonanzwerten deutlich definierter als der schön färbende Moog-Charakter. Der warme Klang des Oberheim-Filters ist samtig-warm und fast immer der Bass-stärkste, insbesondere bei Drone-Klängen und hohen Resonanzen. Natürlich ist auch sein Charakter durch die 12 dB pro Oktave Flankensteilheit anders als die anderen und wirkt daher sehr lebendig. Das TB303 Filter schreit und squeekt angenehm und war technisch ein verunglücktes Moog Filter. Es hatte nur noch 18 dB pro Oktave Flankensteilheit, weil es eben „verunglückt“ war – die Transistoren waren anders und vermutlich nicht handselektiert, wie bei Moog üblich. Schon kleine Details bringen eben schnell einen anderen Klang, der nicht schlechter sein muss. Ganz generell ist der Klang aller vier Typen jedoch kaum in „besser“ oder „schlechter“ einzuordnen, auch nicht wenn man kein Fan von Acid, Moog-Bässen oder Oberheim-Pads ist oder war. Zumindest hat SE diese Filter recht authentisch aufgebaut. Wie üblich, gibt es auch hier leichte Abweichungen von den Originalen – vielleicht ist das aber gar nicht wirklich wichtig. Das liegt sicherlich auch daran, dass es nicht genau DEN Moog gibt oder DEN Arp, die Originale hatten auch einen Drift zwischen den Modellen, was bei Vergleichen der Marke Gras-wachsen-hören gern übersehen wird.
Dazu noch eine weitere Erklärung zu den Unterschieden: Die Hüllkurven einer TB303 bestanden nur aus einer Decay-Phase, die auch eine etwas andere Verlaufscharakteristik als die des ATC hat. Ein prima Nebeneffekt ist aber weit wichtiger: Eine TB303 kann und konnte nicht sonderlich viel aus Sicht der Synthesemöglichkeiten. Ein vollständiger Aufbau mit zwei Oszillatoren mit FM durch dieses Filter gejagt erinnert somit sehr an die alten Roland-Synthesizer und nicht nur an die 303. Es lässt sich eines klar sagen: Es macht einfach Spaß, die Sounds zu hören und immer wieder umzuschalten. Sie klingen stets gut und hochwertig und geben tatsächlich viel von der Essenz der Filtermodule wieder. Die Essenz und der Nutzen der Filter sind somit weit über dem, wie genau eine solche Schaltung exakt dem Original entspricht. Es gibt dazu immer Variationen eines Klanges, der durch einfaches Umschalten und leichtes Anpassen entsteht und die Intuition mit dem Klang selbst enorm beflügeln. Ob dies eine objektive Aussage ist, muss ich vermutlich in den Raum stellen, würde hierin aber klar einen hohen Inspirationsfaktor sehen. Dabei ist selbstverständlich der Musik-Stil und Alter des Spielers egal. Das Dreigestirn Filtertyp-VCA-Schalter und Verzerrung ist ein Quell, der vom Clubtrack Hauptsound bis zum super überzeugenden Bass bei Produktionen die absolute Waffe.
Warum ist nun die Abteilung Klang so lang und ausufernd? Vielleicht, weil SE bis heute eher ein wenig abseits standen und selten im gleichen Atemzug wie diverse Kultmaschinen bei spontanen Assoziationstests unter Analogklangfreunden genannt werden. Vielleicht, weil der ATC-Xi keine Regler in die Kamera hält und vergleichsweise „digital“ aussieht? Weil Studio Electronics stets sehr gängige Konzepte verwendete, welche mehr nach Nachbauten riechen? Weil sie lange keinen wirklich offiziellen Vertrieb in Deutschland hatten und sich somit nie ein Promomensch für sie besonders eingesetzt hat? Weil sie relativ hohe Preise aufrufen? Alles das und mehr kann es sein, jedoch sicher nicht der wirklich gute Klang. Der ist zwar schnörkellos, jedoch ein sehr gutes Produktions-Arbeitspferd. Es blinkt nicht viel und ist auch kein Blickfang im Rack.
Für die 1,5k Euro Anschaffungswiderstand würde man zugegebenerweise heute einige andere analoge Synthesizer bekommen. Ein Schnäppchen ist er definitiv nicht. Er ist aber solide und klingt so, wie man das erwartet. Unverständlich ist bei dem Preis das Fehlen der MIDI-Thru-Buchse. Als Konkurrenz gibt es derzeit nicht wenige andere Synthesizer. Erstaunlicherweise sind dabei aber wenige mit Wechselfiltern und zudem in dieser Anzahl.
Wie bereits erwähnt, scheint auch ein Mythos über die Bedienung den Käufer vom Kauf abhalten, obwohl man meist nach einem, in einigen Fällen in zwei und in genau einem Fall nach drei Tastenbetätigungen am Ziel ist. Dies ist keineswegs ein Sprung in die Mitte der Achtziger Jahre, wo im Stile eines Roland Alpha Juno oder JX8P ohne Programmer eine Parameter-Adresse erkurbelt werden musste. Es gibt keine Adressliste auf einem Gehäuse wie beim Oberheim Matrix 6 oder dem Korg Poly 800, wo der Bedienfluss gestört ist, und die Anordnung der Parameter hilft ebenfalls bei der Tasterfindung. Überlassen wir dies dem Leser, dies zu bewerten.
Wer den mit vier, statt mit einem Drehencoder, ausgestatteten Moog Little Phatty als Alternative wählt, muss mit etwas weniger Funktionen rechnen, hat ein vergleichbares Bedienkonzept, kann aber etwas preiswerter Analogsound nutzen. Wer jedoch die Flexibilität des Filter-Formwandlers und der nuancierten Unterscheidungsmerkmale wie dem Ringmodulator-Zugriff auf der Rückseite und Dingen wie dem VCA-Schalter mal angenommen hat und in Produktionen eingesetzt hat, der wird mit dem ATC-Xi einen guten Freund ins Rack schrauben. Alternativ gibt es den „beknopften“ SE1x, der sich eher am Minimoog orientiert und auch etwas anders aufgebaut ist. Wer so etwas in polyphon sucht, sollte sich den Omega 8 aus gleichem Hause ansehen. Er bietet noch das Filtermodul des Yamaha CS80 an. Dazu gibt es auch Nicht-Tiefpass-Filtertypen. Er kostet jedoch auch deutlich mehr. Der Klang ist zumindest bei allen Modellen klar und wirklich überzeugend.
Plus
edler, sehr guter und fetter Sound
Filtervariationen
interessante Nuancierung durch VCA-Schalter und Verzerrung
Ringmodulator Zugriff
Minus
hoher Preis
fehlender MIDI-Thru Anschluss
Preis: 1.499 Euro
Rack, 2 Höheneinheiten
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